Bildungsforscher fordern Kernabitur für Deutschland

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MÜNCHEN. Der Aktionsrat Bildung, in dem sich renommierte deutsche Bildungsforscher zusammengeschlossen haben, fordert eine gemeinsame schriftliche Abiturprüfung in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und Englisch für alle Bundesländer.

Zentrale Abituraufgaben für ganz Deutschland sollen Qualitatsstandards sichern. Foto: alangong / Flickr (CC BY-NC 2.0)
Zentrale Abituraufgaben für ganz Deutschland sollen Qualitatsstandards sichern. Foto: alangong / Flickr (CC BY-NC 2.0)

Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister (CDU) hatte unlängst ein „Deutschland-Abitur“ ins Gespräch gebracht – und dafür prompt Kritik aus der Wissenschaft geerntet. Dafür sei das Leistungsgefälle innerhalb Deutschlands einfach zu groß, befand beispielsweise der Kieler Bildungsforscher Prof. Olaf Köller. Allenfalls ein Mix aus Aufgaben, die Abiturienten aus allen Bundesländern lösen müssten, und spezifischen, also auf das jeweilige Bundesland angepassten Aufgaben, sei denkbar. Und genau dies schlagen Köllers Kollegen nun vor: Die einheitliche schriftliche Prüfung in Deutsch, Mathematik und Englisch solle zehn Prozent der Abiturnote ausmachen.

Damit ist nach Ansicht der Experten einerseits ein vergleichbarer Qualitätsstandard gesichert. Andererseits bleibt den Bundesländern und Schulen ein angemessener Raum für eigene Schwerpunkte. Prof. Dr. Dieter Lenzen, Vorsitzender des Gremiums, sagte: „Das gemeinsame Kernabitur stellt sicher, dass die nationalen Bildungsstandards für die gymnasiale Oberstufe umgesetzt werden. Es gewährleistet eine einheitlich hohe Qualität des Abiturs.“

Der Aktionsrat Bildung empfiehlt den Kultusministern in ihrem Gutachten, im kommenden Jahr einen Staatsvertrag aller Bundesländer über die Einführung  zu schließen. Dieses soll spätestens mit dem Abiturjahrgang 2018 umgesetzt sein. So bleibt den Bundesländern ausreichend Zeit, ihre Prüfungsordnungen dem Staatsvertrag anzupassen. Prof. Randolf Rodenstock, Präsident der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (VBW) und Initiator des Aktionsrats Bildung: „Das Kernabitur kann erstens zeigen, dass die Bundesländer in der Lage sind, da zu kooperieren, wo es sinnvoll ist. Eine gesunde Mischung aus Konkurrenz und Kooperation wird den Bildungsföderalismus langfristig stärken und zukunftsfähig machen. Aus Sicht der VBW ist das Kernabitur zweitens wichtig, um die Mobilität der Schüler und Eltern wie auch der Studenten zu erhöhen. Dafür muss die gymnasiale Bildung aber vergleichbar sein. Das Kernabitur bietet zudem drittens die Chance, das Reifezeugnis zu modernisieren und bundesweit auf ein hohes Qualitätsniveau zu heben. Das Abitur im Freistaat ist zu Recht ein Qualitätssiegel. Deswegen müssen die bayerischen Erfahrungen mit dem landesweiten Zentralabitur in die Gestaltung des Kernabiturs einfließen.“

Kritik vom Philologenverband

Der Vorsitzende des Deutschen Philologenverbandes, Heinz-Peter Meidinger, verwarf den Vorschlag eines „Kernabiturs“.  Meidinger: „Bei einem geplanten Ergebnisteil von zehn Prozent stehen Aufwand und Ertrag in keinem Verhältnis. Die geforderte Institution, die in der Lage ist, dreimal 250 000 Abiturarbeiten in kürzester Zeit extern zu korrigieren, müsste mehrere Tausend Mitarbeiter umfassen.“

Der von der VBW initiierte Aktionsrat Bildung konstituierte sich im Jahr 2005. Mitglieder sind Prof. Dr. Dieter Lenzen (Vorsitz), Prof. Dr. Hans-Peter Blossfeld, Prof. Dr. Wilfried Bos, Prof. Dr. Hans-Dieter Daniel, Prof. Dr. Bettina Hannover, Prof. Dr. Manfred Prenzel, Prof. Dr. Hans-Günther Roßbach, Prof. Dr. Rudolf Tippelt und Prof. Dr. Ludger Wößmann.

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