Chaos um Uni-Zulassungen: Thüringen droht Schavan mit Ausstieg

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BERLIN. Der Start wird erneut verschoben: Entgegen der Ankündigung, zum Wintersemester 2012/2013 mit einem bundesweiten Online-Bewerbungsverfahren fürs Studium beginnen zu können, wird es im kommenden Jahr lediglich einen Pilotversuch geben.

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Bereits im April 2011 sollte es ein bundesweites Online-Bewerbungsverfahren für Studienplätze geben - jetzt heißt es: "mittelfristig". Foto: this.is.seba / Flickr (CC BY-SA 2.0)

 

Der Grund für die Verzögerung sind technische Probleme. Dies teilte die verantwortliche Stiftung für Hochschulzulassung nach einer Krisensitzung mit. Schrittweise soll der Teilnehmerkreis ausgebaut werden, „um mittelfristig eine flächendeckende Teilnahme zu realisieren“, hieß es.

Der Thüringische Bildungsminister Christoph Matschie (SPD) kritisierte das Unternehmen Hochschul-Informations-System GmbH (HIS), das für die Entwicklung und Einführung der Software zuständig ist. „Es ist völlig inakzeptabel, dass das wiederholte Versagen der HIS die Einführung des Verfahrens erneut gefährdet“, sagte Matschie der „Welt“. Die HIS habe „Geld verschlungen, aber nicht geliefert“. Offensichtlich sei „die Leitung der HIS den Aufgaben nicht gewachsen“. Dies müsse personelle Konsequenzen haben. Matschie droht dem Bericht zufolge mit der Streichung der Zuschüsse – und damit einem Ausstieg aus dem Projekt. „Warum soll der Freistaat Thüringen das Unternehmen weiter finanzieren? Im Moment sehe ich mehr Gründe für einen Neuanfang ohne die HIS als ein Herumdoktern an zahllosen Missständen.“

Schavan: Das Projekt muss kommen

Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) äußerte der „Süddeutschen Zeitung“ zufolge ebenfalls Unmut über die erneute Verschiebung des Zulassungsverfahrens. Das bundesweite System müsse „im Interesse aller Studierenden“ kommen. Sie erwarte von den Ländern und der Firma HIS, dass diese „die verbliebenen Schwachstellen endlich beseitigen“. Schavan steht allerdings selbst in der Kritik: Die Bundestagsfraktionen von SPD und Grünen forderten sie auf, endlich einzugreifen.

“Dialogorientiertes Serviceverfahren”, kurz DoSV, heißt das geplante System, das Bewerbungen an Hochschulen verwalten soll. Es geht dabei um einen Nachfolger des bisherigen Systems der Zentralen Vergabestelle (ZVS). Das neue Bewerbungsverfahren ist für alle lokal zulassungsbeschränkten Studiengänge gedacht, das sind derzeit etwa die Hälfte. Bisher müssen sich Abiturienten dafür bei jeder einzelnen Hochschule bewerben; ein zentrales Verfahren gab es zuletzt nur noch für Pharmazie und die medizinischen Fächer.

Die dezentrale Bewerbung bringt jedoch Koordinationsprobleme mit sich. Weil sich viele Studierwillige bei mehreren Unis bewerben, wissen die Hochschulen zunächst nicht, wer am Ende wirklich kommt. Die Folge sind aufwendige Nachrückverfahren. In den vergangenen Semestern sind deshalb Zehntausende Studienplätze wochenlang oder ganz unbesetzt geblieben. Das soll die neue Software verhindern.

Ein erster Anlauf zur Umsetzung des neuen Verfahrens scheiterte bereits 2008. Die Unis fürchteten laut „Hamburger Abendblatt“ um ihre Autonomie bei der Bewerberauswahl. Anfang 2011 sollte das überarbeitete Konzept dann getestet werden. Doch im April hieß es dann, dass der Probelauf scheitern würde. Technisch habe sich die Anbindung der Hochschulen an das DoSV als Schwachpunkt erwiesen; Probleme mit Support und Datenschutz habe es zudem gegeben, berichtete das Blatt. Der Bund finanzierte den – bislang gescheiterten – Anschub von DoSV mit 15 Millionen Euro; die Länder, die für den künftigen Aufwand aufkommen müssen, zahlten Zuschüsse.

Zum Bericht: „Pannenserie um zentrale Uni-Zulassung setzt sich fort“

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