Bayern: Wem G8 zu schwer ist, darf künftig freiwillig ein Jahr wiederholen

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MÜNCHEN (Mit Leserkommentaren). Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) will das G8 nach eigenem Bekunden nicht zurückdrehen – im Einzelfall aber schon: Schüler sollen ein „freiwilliges zusätzliches Jahr“ in der Mittelstufe absolvieren können.

Will am G8 grundsätzlich festhalten: Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle. Foto: Sigismund von Dobschütz /  Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Will am G8 grundsätzlich festhalten: Bayerns Kultusminister Ludwig Spaenle. Foto: Sigismund von Dobschütz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

„Das achtjährige Gymnasium hat sich mit dem ersten Abiturientenjahrgang 2011 bewährt. Es wird gut angenommen, es sichert eine erfolgreiche individuelle Förderung der Schülerinnen und Schüler und bereitet sie gut auf die Hochschule vor“, beteuerte Spaele. Gleichzeitig kündigte er an: „Ich will den Schülern am Gymnasium mehr Zeit geben, um sich individuell zu entwickeln.“ Was das konkret heißen soll, war zunächst unklar. Die Grünen unkten: „reichlich nebulös“. Das wollte der Minister offenbar nicht auf sich sitzen lassen und konkretisierte seinen Vorstoß: „Mit dem freiwilligen zusätzlichen Jahr bietet das Ministerium den jungen Menschen in besonderen Fällen die Zeit, die sie in ihrem Lernverhalten, für ihre Lernfortschritte und außerschulischen Interessen auf dem Weg am Gymnasium benötigen. Dies schafft beispielsweise auch den nötigen Freiraum für einen längeren Auslandsaufenthalt“, heißt es in einer nachgeschobenen Erklärung des Kultusministeriums.

Die Grünen stellten fest, Spaenles Vorstoß sei zunächst nicht mehr als ein Eingeständnis dafür, dass es weiterhin massive Probleme mit der derzeitige Ausgestaltung des Gymnasiums gebe. „Das G8 läuft hinten und vorne nicht rund“, sagte der schulpolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Thomas Gehring. Die Fächerdichte gerade in der Mittelstufe sei nach wie vor zu groß, der Unterrichtsausfall doppelt so hoch wie in anderen Schularten, ein Drittel der Schülerinnen und Schüler schafften den Wege zum Abitur nicht. „Es bringt allerdings nichts, diesen Baustellen jetzt eine neue Flickschusterei hinzuzufügen und den Schülerinnen und Schülern, die das G 8 nicht schaffen, einfach lapidar eine Art Ehrenrunde anzubieten“, sagte Gehring.

„Eigentlich ist es paradox“

Massive Kritik kam auch vom bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverband (BLLV). Das Konzept eines zusätzlich eingeschobenen Intensivierungsjahres zwischen der 8. und 11. Jahrgangsstufe sei keine dauerhafte Lösung für die massiven Probleme an bayerischen Gymnasien. „Wie dieses Jahr, mit dem die bestehenden Einführungsklassen für Realschüler jetzt auch für Gymnasiasten geöffnet werden sollen, die Probleme in der Unter- und Mittelstufe lösen soll, ist rätselhaft“, wandte der Präsident des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbandes (BLLV), Klaus Wenzel, ein. Der für die Schüler und Lehrer so belastende Druck werde dadurch jedenfalls nicht gemildert. Ein Intensivierungsjahr sei wenig hilfreich. Wenzel: „Eigentlich ist es paradox. Denn wenn an den Gymnasien ein Wiederholungsjahr institutionalisiert wird, können wir auch gleich wieder zum G9 zurückkehren.“

Der Bayerische Philologenverband begrüßte hingegen Spaenles Ankündigung. Es entspreche dem Vorschlag des Philologenverbands, Zusatzangebote zu schaffen, die je nach individueller Bedarfslage gestaltbar seien. Dies könne für manche Schüler bedeuten, ein zusätzliches Jahr als Brückenjahr in Anspruch zu nehmen, um auf den aktuellen Stand zu kommen, ohne dass dieses als Wiederholung zähle. „Ein solches Brückenjahr wird manchen Schülern helfen, besser den Anforderungen des achtjährigen Gymnasiums gerecht werden zu können, und anderen die Chance eröffnen, ihre Stärken noch besser zu entwickeln, indem die Annahme von Zusatzangeboten oder förderlichen Auslandsaufenthalten erleichtert wird“, hieß es.  Zudem könne durch das so entstehende Zeitfenster die angestrebte Erhöhung des Migrantenanteils unter den Abiturienten eher realisiert werden.

 

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2 Kommentare
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Schuessel Manfred
11 Jahre zuvor

Besser mehrwöchige „Trainingslager“ in den Defizitfächern anbieten, warum nicht in den Schulferien?
Oder im Falle von Fremdsprachen eventuell ein Auslandsaufenthalt?

Gisela Stark
11 Jahre zuvor

Das glaub ich ja nicht … Pubertierende Mädels und Jungs sollen ein Jahr länger Schule zur ungeliebten Schule gehen. Das ist ja echt ein geniales Vorhaben.
Wie wäre es denn mal mit kleineren Klassen, mehr Doppelstunden anstatt von z.T. 10 Einzelstunden am Tag (auf die man sich selbstredend alle vorbereiten sollte) – ich denke, dann wären ganz viele Probleme des G8 bereits vor der Mittelstufe gelöst.