Baden-Württemberg: Opposition wirft Grün-Rot Unterrichtsausfall vor

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STUTTGART. Unmut von Eltern kann Wahlen entscheiden, und Eltern ist von jeher Unterrichtsausfall ein Dorn im Auge. Deshalb greift die Opposition das Thema im Landtag nur zu gerne auf. Grün-Rot ist bemüht, jegliche Defizite auf die Vorgänger zu schieben. Wie lange das noch gelingt?

Mit dem Start der Gemeinschaftsschule wird sich der Unterrichtsausfall im Südwesten nach Prognose von CDU und FDP erhöhen. Grün-Rot statte in „ideologischer Verblendung“ die zum Schuljahr 2012/13 startende Schulart auf Kosten aller anderen mit Lehrern aus, warnte Georg Wacker (CDU) im Landtag in Stuttgart. „Sie machen bezüglich der Unterrichtsversorgung schlicht und einfach so gut wie nichts.“ Dies sei umso schlimmer, weil gute Junglehrer in andere Bundesländer abzuwandern drohten.

Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) warf dem Christdemokraten „Propaganda“ vor. Von 3300 aus rückläufigen Schülerzahlen freiwerdenden Stellen gingen nur 60 an die Gemeinschaftsschulen, erläuterte die Ministerin. Mit dem Rest werde die Unterrichtsversorgung an den anderen Schulen verbessert.

Die Ministerin verwies auf Probleme mit der Steuerung der Ressourcen. „Wir geben für Personal acht Milliarden Euro aus, und wir wissen bis heute nicht, an welcher Stelle dieses Geld tatsächlich ankommt“, sagte sie und erntete damit Hohn auf den Oppositionsbänken. Warminski-Leitheußer konterte, die Vorgängerregierung habe versäumt, ein einheitliches EDV-System zu installieren; dieses werde gerade entwickelt, um auf Knopfdruck zu zeigen, wo wie viel Geld ausgegeben werde. Derzeit laufe auch eine Umfrage bei den Staatlichen Schulämtern, ob noch Bedarf an Krankheitsvertretern bestehe. Wenn dem so sei, werde mehr Geld bereitgestellt.

Die von Grün-Rot 200 zusätzlich eingestellten Vertretungslehrer reichen nach Ansicht des liberalen Bildungsexperten Timm Kern keinesfalls aus, dem Unterrichtsausfall entgegenzuwirken. „Bei über 4000 Schulen in Baden-Württemberg und bei 200 zusätzlichen Vertretungslehrern entfällt auf jede Schule gerade mal ein Zwanzigstel Lehrer pro Schule.“ Dies sei angesichts eines Unterrichtsausfall von 2,9 Prozent (2011) der „berühmte Tropfen auf den heißen Stein“.

Baden-Württemberg ist nach Worten der Ministerin Schlusslicht bei den Krankheitsvertretern: Während im Bundesschnitt 2,5 Prozent der Lehrerstunden auf Krankheitsvertreter entfallen, waren es im Südwesten bislang nur 1,5 Prozent. Bis 2016 will das Land nachziehen. Denn: „Die Unterrichtsversorgung ist das Rückgrat einer jeden guten Bildungspolitik“, sagte Warminski-Leitheußer.

Berufliche Schulen vernachlässigt?

Die Opposition kreidete der Koalition besonders an, die beruflichen Schulen zu vernachlässigen. Diese brauchten mehr als 1000 zusätzliche Stellen, Grün-Rot habe aber nur 160 für 2012/13 angekündigt, monierte Wacker. Damit werde die Regierung auch ihren eigenen Forderungen zu Oppositionszeiten nach insgesamt 900 Stellen zum Abbau des strukturellen Unterrichtsdefizits von vier Prozent an dieser Schulart nicht gerecht. „Sie machen sich gegenüber den beruflichen Schulen höchst unglaubwürdig.“ Dem hielt der Grünen-Abgeordnete Siegfried Lehmann entgegen: „30 Jahre lang haben Sie es nicht geschafft, auf null zu kommen, während Sie jetzt hier sagen: In einem Jahr hätte es beseitigt werden müssen.“

Lehmann und der SPD-Abgeordnete Stefan Fulst-Blei erinnerten auch an die aus ihrer Sicht unsolide Bildungsfinanzierung der Vorgängerregierung. Der Sozialdemokrat bezifferte die von Schwarz-Gelb hinterlassene Deckungslücke im Kultusetat auf 920 Millionen Euro, darunter die nicht durchfinanzierte Qualitätsoffensive Bildung mit 226 Millionen Euro: „Sie sind die Lehman Brothers der Bildungspolitik. Sie haben die Schulbank zur Bad Bank missbraucht.“ dpa

(23.05.2012)

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