«Alle Mann an Bord» – SPD setzt auf Schlappe für Betreuungsgeld

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BERLIN. Familienministerin Kristina Schröder und Kanzlerin Angela Merkel könnten bei der Abstimmung über das Betreuungsgeld Schiffbruch erleiden – wenn sie Kritiker in ihrer CDU nicht noch dafür erwärmt.

An diesem Donnerstag trifft sie sich mit der Gruppe der 45 Frauen der Unionsfraktion im Bundestag zu einem nichtöffentlichen Gespräch. Die SPD setzt auf das Aus der geplanten Leistung: «Wir werden alle Mann an Bord haben, und alle werden mit Nein stimmen», sagte Fraktionsgeschäftsführer Thomas Oppermann am Mittwoch in Berlin. Auch Grüne und Linke sind dagegen.

Die Opposition lehnte geschlossen eine von der Unionsfraktion kurzfristig für Freitagnachmittag beantragte Sondersitzung des Familienausschusses ab. Sie beschwerte sich bei Bundestagspräsident Norbert Lammert über den «Schweinsgalopp», in dem der Gesetzentwurf von Familienministerin Kristina Schröder (CDU) an diesem Freitag in erster Lesung beraten und zwei Wochen später abgestimmt werden soll.

Um ihren Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld gibt es viel Streit: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Foto: VoThoGrafie / Flickr (CC BY 2.0)
Um ihren Gesetzentwurf zum Betreuungsgeld gibt es viel Streit: Bundesfamilienministerin Kristina Schröder. Foto: VoThoGrafie / Flickr (CC BY 2.0)

Bei der Einbringung in die Bundestagsberatungen am Dienstag hatten 15 Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion gegen den Entwurf votiert, 8 enthielten sich. Sollten bei der Parlamentsabstimmung am 29. Juni alle 620 Bundestagsabgeordneten anwesend sein, können sich Union und FDP höchstens 19 Abweichler leisten, um die Mehrheit von 311 Stimmen zu erreichen. Das ist die sogenannte Kanzlermehrheit, die eine Stimme mehr als die Hälfte der Sitze ausmacht. Aus FDP-Kreisen verlautete, die meisten FDP-Abgeordneten würden für das Gesetz stimmen.

In Unionskreisen hieß es, bei kritischen Themen sei es häufig so, dass die Zahl der Nein-Sager im Laufe des Beratungsverfahrens noch kleiner werde, weil es gute Gründe für ein Ja gebe. Ein Teil der Unionsfrauen hatte Verbesserungen für Frauen bei der Rente gefordert, was Haushaltsexperten der Fraktion aber als zu teuer ablehnen.

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Von Januar 2013 an will die schwarz-gelbe Bundesregierung Eltern 100 Euro monatlich geben, wenn sie ihre einjährigen Kinder nicht in eine staatlich geförderte Krippe schicken. Von 2014 an sollen auch Zweijährige einbezogen werden, der Betrag würde dann für alle auf 150 Euro monatlich steigen.

In der Unionsfraktion wird um Kompromisslösungen gerungen. Debattiert wird unter anderem, ob Eltern die Wahl haben sollen, die Erziehungsleistung in bar auszahlen oder bei der Rente anrechnen zu lassen. Auch über eine Verschiebung des Starttermins auf den 1. August 2013 wird gesprochen sowie darüber, ob die Vorsorgeuntersuchungen für Kinder parallel zur Einführung des Betreuungsgeldes zur Pflicht gemacht werden könnten.

Als «gesellschaftspolitischen Unsinn» kritisierte der Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Ulrich Thöne, das Betreuungsgeld. Der «Passauer Neuen Presse» (Mittwoch) sagte der Gewerkschafter: «Wir sollten das Geld nicht zum Fenster hinauswerfen. Diese finanziellen Mittel werden an anderer Stelle dringend benötigt.» Der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze sei dramatisch unterfinanziert, auch die Bezahlung der Fachkräfte. dpa

(13.6.2012)

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2 Kommentare
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sofawolf
11 Jahre zuvor

Hoffentlich gibt es da Leute mit Courage, die nicht nur wettern, sondern auch handeln und bei ihrem Nein bleiben und sich auch nicht ein Ja im (Kuh-)Handel für etwas anderes abkaufen lassen.

pfiffikus
11 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

@ sofawolf

Ich respektiere Ihre Meinung. Dennoch kann es ja nicht schaden, sich weiter zu informieren. Daher lege ich Ihnen sehr nahe, sich mit der folgenden Seite näher zu beschäftigen:

http://www.familie-ist-zukunft.de

Dort finden sie auch ein Interview mit dem Kinder- und Jugendarzt Dr. Böhm, der darauf aufmerksam macht, welche Gefahren mit der frühkindlichen Betreuung in Kitas verbunden sein können.