Baden-Württembergs Kultusministerin will sparen – aber nicht am Unterricht

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STUTTGART. Zahlenspiele in Baden-Württemberg:  Die Landesregierung will in den nächsten zwei Jahren 800 Millionen Euro sparen. Auch das 9 Milliarden schwere Ressort des Kultusministeriums muss dazu beitragen. Wie, steht noch nicht fest. Sicher ist nur, wo nicht gespart wird – bei der Unterrichtsversorgung.

Abstriche bei der Unterrichtsversorgung seien nicht hinnehmbar, sagte Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD). «Das ist das A und O unserer Bildungspolitik, die muss stimmen.» Deshalb würden bis zum Schuljahr 2015/16 rund 800 Vertretungslehrer zusätzlich eingestellt, um dann auf eine Krankheitsreserve von 2,5 Prozent zu kommen.

Das Ressort der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport umfasst in diesem Jahr insgesamt 9,234 Milliarden Euro. Den Löwenanteil stellen die Personalausgaben mit rund 8,03 Milliarden Euro. Hinzu kommen 40,3 Millionen Euro Sachkosten. Die Zuweisung an Privatschulen betragen 1,023 Milliarden Euro. In Investitionen wie den Schulausbau fließen 151 Millionen Euro.

Bei den Personalausgaben schlagen allein die Versorgungsbezüge und Beihilfeleistungen für alle Beamten des Ressorts mit 2,864 Milliarden Euro zu Buche. Der zweitgrößte Posten sind die Grund-, Haupt- und Werkrealschullehrer mit 1,6 Milliarden Euro, gefolgt von den Gymnasiallehrern mit 1,09 Milliarden Euro und den Berufsschullehrer mit 972,5 Millionen Euro. Die Realschullehrer erhalten gut 640 Millionen Euro. Die Verwaltungsausgaben gliedern sich auf in das Ministerium mit 17 Millionen Euro, das pädagogische Personal in den Regierungspräsidien mit 7,8 Millionen Euro und die staatlichen Schulämter mit 24 Millionen Euro.

Will eher in der Verwaltung als an der Unterrichtsversorgung sparen: Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer. Foto: Grüne Baden-Württemberg/Flickr
Will eher in der Verwaltung als an der Unterrichtsversorgung sparen: Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer. Foto: Grüne Baden-Württemberg/Flickr

Sparen an außerunterrichtlichen Tätigkeiten

Im Kultusministerium werde jetzt ein Haushaltsstrukturprogramm bis 2020 erarbeitet. Vor allem die Fremdevaluation, die außerunterrichtlichen Tätigkeiten der Pädagogen und das Wechselspiel der unterschiedlichen Ebenen der Kultusverwaltung würden unter die Lupe genommen.

Die Fremdevaluation, also die Bewertung der Schulen durch andere dafür abgestellte Lehrer, binde 100 Deputate und ziehe hohe Fahrtkosten nach sich. «Die Schulen brauchen eher Unterstützung bei der Schulentwicklung», betonte die Ministerin. Insgesamt sind von 120.000 Lehrern im Südwesten 9.100 an Stellen tätig, die mit dem eigentlichen Unterricht nichts zu tun haben. Die Schulleiteraufgaben schlagen dabei mit rund 3.300 Deputaten zu Buche. «Die Schulleiter sind zur sehr mit Managementaufgaben belastet, die auch von Externen geleistet werden könnten», erläuterte Warminski-Leitheußer. 1.200 Stellen sind durch sogenannte «Entlastungsstunden» unter anderem für das Erstellen von Prüfungsaufgaben, Lehrplan- und Medienarbeit, Schulmusik sowie Drogenprävention gebunden. «Man kann aus den Lehrern nicht immer mehr herauspressen, sondern muss auch mal die Fülle der Aufgaben durchforsten.»

Zur Aufgabenkritik gehöre auch die Suche nach Überschneidungen zwischen den 21 Staatlichen Schulämtern und den schulischen Abteilungen in den Regierungspräsidien. «Bei den Regierungspräsidien gibt es auch reine Durchreichfunktionen», stellte die 49-Jährige fest. In den Kultusabteilungen der vier Regierungspräsidien arbeiten 120 Lehrer, in den staatlichen Schulämtern 30.

Sparen durch bessere Lehrerverteilung?

Einsparpotenziale könnten sich auch durch eine präzisere Lehrerverteilung ergeben. «Bei der Steuerung der Lehrerversorgung sind wir streng genommen blind. Aber wenn man acht Milliarden Euro hat, muss man die auch richtig einsetzen», sagte die frühere Mannheimer Schulbürgermeisterin, die für eine ähnliche Aussage im Landtag kürzlich den Hohn der Opposition auf sich gezogen hatte. Es fehle ein System, das den tagesaktuellen Stand des Unterrichtsausfalls abbilde und damit einen verantwortlichen Umgang mit den Ressourcen erlaube. Jede Behörde habe eine unterschiedliche Erfassung des Unterrichtsausfalls, so dass auch unterschiedliche Zahlen kursierten. Eine einheitliche Software werde gerade in einer Arbeitsgruppe des Ministeriums erarbeitet. «Da gibt es leider kein System von der Stange.» Sie rechne mit mehr als 200 000 Euro Kosten für die EDV, die voraussichtlich im kommenden Jahr in Betrieb gehen werde. JULIA GIERTZ, dpa

(25.6.2012)

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