«Deutsches Humankapital» – Bayern machen in Salzburg Abitur

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SALZBURG. Immer mehr Bayern aus dem Grenzgebiet nutzen die Möglichkeit, am Abendgymnasium in Salzburg kostenlos ihr Abitur nachzuholen. Die Mozart-Stadt freut sich über das «deutsche Humankapital». Schließlich bleiben viele nach Schule und Studium in Österreich.

In Salzburg machen viele Bayern ihr Abitur. (Foto: Michael DawesFlickr CC BY-NC 2.0)
In Salzburg machen viele Bayern ihr Abitur. (Foto: Michael DawesFlickr CC BY-NC 2.0)

Seit 50 Jahren schon gibt es in Salzburg die Möglichkeit des Abiturs für Berufstätige, seit einiger Zeit drücken auch immer mehr Bayern aus den angrenzenden Landkreisen die Schulbank im Gymnasium an der Lehener Brücke. Von den derzeit 570 Schülern sind 80 aus Bayern. «Die kommen von Freilassing bis Traunwalchen, von Bad Aibling bis Rimsting», sagt Direktor Gerhard Pusch. Für die bayerischen Schüler ist Salzburg vor allem wegen der Nähe beliebt. Die nächste kostenlose Abiturschule für Berufstätige ist das weiter entfernte städtische Abendgymnasium in München.

Das Salzburger Abendgymnasium bietet neben dem täglichen Schulunterricht von 17.00 Uhr bis 22.00 Uhr auch ein Fernstudium an, das vor allem den Schülern aus dem weiß-blauen Freistaat entgegenkommt. «Ich bin zwei Abende in Salzburg, die restlichen Unterrichtsstunden mache ich zu Hause», beschreibt die Verwaltungsangestellte Sonja Rampsberger aus Traunwalchen das System. Nach sechs Semestern macht sie zwar derzeit aus privaten Gründen eine Pause, «aber das Fernstudium darf man sich nicht einfach vorstellen, denn das Lernen am Abend nach der Arbeit zehrt schon. Das ist kein Zuckerschlecken.»

Der Schuldirektor blickt stolz auf 1.700 Absolventen zurück, «darunter haben rund 200 Bayern ihre Matura hier bei uns gemacht». So heißt das Abitur in der Alpenrepublik. Das dortige Matura-Zeugnis wird von der staatlichen Zeugnisanerkennungsstelle in München voll akzeptiert.

Der Altersschnitt im Abendgymnasium liegt bei 27 Jahren, eine große Gruppe der Schüler bilden aber dennoch die fast noch Jugendlichen, die in der Tagesschule aus vielerlei Ursachen gescheitert sind und nach ein, zwei Jahren dann noch die Matura nachholen wollen. «Ich lege aber Wert darauf, dass sie berufstätig sind, und wenn es nur die Arbeit in einem Call-Center ist», sagt Pusch.

Dass das Abendgymnasium auch für deutsche Schüler kostenlos ist, stört den Schulleiter nicht. «Natürlich fragen mich österreichische Politiker hin und wieder nach den Kosten, aber ich sag‘ dann immer, das deutsche Humankapital belebt die Stadt.» Einige Schüler wohnen in Salzburg, andere bleiben nach Matura und Studium in Österreich, so die Beobachtungen des Rektors. Im Übrigen hätten die bayerischen Schüler auch dem Abendgymnasium «gut getan, sie bringen ein Stück Verlässlichkeit in den Unterricht», meint Pusch. «Der deutsche Wille ist nicht zu unterschätzen, das gilt nicht nur für den Fußball.» MICHAEL HUDELIST, dpa

(11.6.2012)

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