Freiwilliges Zusatzjahr schlichtet Streit um G8 in Bayern

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MÜNCHEN. Bayerns Gymnasiasten können können künftig das achtjährige Gymnasium neun Jahre lang besuchen – freiwillig und nach eingehender Beratung. Mit diesem Kompromiss will die Staatsregierung den jahrelangen Streit um das G8 befrieden.

 "Ein ganz zentraler Schritt in der Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums", sagt Kultusminister Ludwig Spaenle über das neue Flexibilisierungsjahr. Foto: Sigismund von Dobschütz /  Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
„Ein ganz zentraler Schritt in der Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums“, sagt Kultusminister Ludwig Spaenle über das neue Flexibilisierungsjahr. Foto: Sigismund von Dobschütz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Das freiwillige neunte Zusatzjahr soll allerdings nicht mehr „Intensivierungsjahr“, sondern „Flexibilisierungsjahr“ heißen. Eine Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums für alle Schüler soll es in Bayern nicht geben. Darauf einigten sich die Teilnehmer des zweiten G8-Gipfels in der Münchner Staatskanzlei. „Das ist ein ganz zentraler Schritt in der Weiterentwicklung des bayerischen Gymnasiums“, sagte Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) nach dem Treffen. Das Flexibilisierungsjahr solle für die Schüler „pädagogischen Mehrwert“ bringen und ist nicht nur für schwache, sondern auch für starke Schüler gedacht.

Die Schüler sollen das Flexibilisierungsjahr in der Mittelstufe einlegen können. Jeder Schüler soll einen individuellen Lehrplan bekommen, wie die FDP-Bildungsexpertin Renate Will sagte. Sie zeigte sich ebenso zufrieden mit den Ergebnissen des Gipfels wie der CSU-Bildungsexperte Georg Eisenreich.

Um den Unterrichtsausfall zu reduzieren, will Spaenle in den nächsten Jahren eine „integrierte Lehrerreserve“ an allen staatlichen Gymnasien einrichten – eine Gruppe von Lehrern, die Ersatzstunden geben können. Sowohl das Flexi-Jahr als auch die Lehrerreserve werden Geld kosten, dafür muss der Doppelhaushalt 2013/14 noch einmal aufgeschnürt werden. Unklar ist bislang, wie hoch die Zusatzkosten sein werden. Das soll nun zuerst mit den Landtagsfraktionen und insbesondere den Finanzpolitikern von CSU und FDP besprochen werden. „Es ist durchaus möglich, dass ein erhöhter Ansatz notwendig scheint“, sagte Spaenle dazu.

Das Kabinett will die Ergebnisse bei seiner letzten Sitzung vor den Sommerferien formell beschließen. Der Deutsche Philologenverband bewertete das Flexi-Jahr freundlich skeptisch. „Ob dieses Modell ein Erfolg wird, muss die Zukunft zeigen“, sagte Heinz-Peter Meidinger, Vorsitzender des Deutschen Philologenverbands, nach dem Gespräch. Max Schmidt, der Chef des Bayerischen Philologenverbands, zeigte sich zufrieden, dass Flexi-Jahr und Lehrerreserve flächendeckend an den über 400 staatlichen Gymnasien eingerichtet werden sollen.

An dem Gespräch nahmen neben den Bildungspolitikern von CSU und FDP Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und sein Stellvertreter Martin Zeil (FDP), der Deutsche und Bayerische Philologenverband sowie Vertreter von Eltern und Schülern teil. Seehofers oberstes Ziel ist es, den langjährigen Streit um das G8 zu beenden.

Die Opposition war schon vor dem Ende des Gipfels skeptisch. Die Landtags-SPD warnte vor einem Schnellschuss und forderte ein Moratorium. „Was bis jetzt an Verbesserungen für das achtjährige Gymnasium geplant ist, geht an den eigentlichen Problemen weit vorbei“, kritisierte der SPD-Bildungspolitiker Martin Güll, Vorsitzender des Bildungsausschusses im Landtag. Die SPD forderte deshalb Ministerpräsident Seehofer auf, die Runde dürfe auf keinen Fall abschließende Entscheidungen treffen.

Güll kritisierte mangelnde Einbindung von Fachleuten, Eltern, Lehrern und Opposition: „In Seehofers Expertenkreis fehlen Bildungsforscher, weitere Eltern- und Lehrerverbände und vor allem die ganz normalen Lehrkräfte, die die tägliche Arbeit machen.“

Der Grünen-Bildungspolitiker Thomas Gehring sagte: „Die Debatte um den offensichtlichen Reformbedarf bei G8 kann nicht durch eine Runde beim Ministerpräsidenten und sein Machtwort beendet werden. Pädagogische Fragen und die Probleme der Schülerinnen und Schüler lassen sich nicht einfach schnell wegreden.“ dpa

(30.07.2012)

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