Diskussion um G 8 oder G 9 in Bayern wieder aufgeheizt

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MÜNCHEN. Nach der relativ hohen Durchfallerquote beim diesjährigen Abitur in Bayern ist die Debatte um das achtjährige Gymnasium wieder voll entflammt. 

Christian Ude, Münchner Oberbürgermeister und SPD-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2013, forderte am Dienstag eine seriöse pädagogische Diskussion über „Reformüberlegungen, die nach der vermurksten G8-Einführung in Bayern wenigstens die schlimmsten Schmerzen lindern wollen“. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) lehnt eine teilweise Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium (G9) unterdessen strikt ab, wie sie neben der SPD auch der Bayerische Philologenverband vorgeschlagen hatte. Neue Unruhe müsse vermieden werden, stattdessen müssten endlich die G8-Lehrpläne entschlackt werden, fordert der BLLV.

Der Bayerische Philologenverband (bpv) hatte vorgeschlagen, an großen Gymnasien einen zusätzlichen G9-Zug einzuführen. In einem Gespräch mit Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) habe dieser den Vorstoß positiv aufgenommen, zitiert der „Münchner Merkur“ in der Dienstagsausgabe den bpv-Vorsitzenden Max Schmidt. Seehofer selbst habe sich in Gesprächen mit den CSU-Ministern und mit der FDP-Spitze in dieser Frage noch nicht festgelegt, schrieb das Blatt. Seehofer schloss am Dienstagabend allerdings eine Wiedereinführung des G9 aus: „Das G8 wird nicht diffamiert, sondern reformiert“, sagte er.

Ude und die Landtags-SPD wollen auch kein komplettes Zurück zum G9, sie fordern aber ein Wahlrecht für die angehenden Abiturienten, ob sie die Oberstufe in zwei oder drei Jahren absolvieren wollen. Das Motto dafür lautet „Gymnasium der zwei Geschwindigkeiten“. „Jetzt ist es höchste Zeit, die Schule nicht als Tummelplatz für parteipolitische Machtdemonstrationen oder ministerialbürokratische Rechthaberei zu begreifen, sondern als pädagogische Einrichtung, die nach pädagogischen Einsichten gestaltet werden muss“, erklärte Ude.

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Der Bayerische Elternverband spricht sich wie die SPD für zwei Wege zum Abitur aus. Bildungsexpertin Renate Will von der FDP-Landtagsfraktion bekräftigte dagegen: „Mit der FDP wird es in Bayern keine Rückkehr zum G9 geben.“ Stattdessen müsse das achtjährige Gymnasium weiterentwickelt werden. „Wir müssen das G8 optimieren, nicht diffamieren“, erklärte Will. Die Lehrpläne müssten auf zeitgemäße Lerninhalte überprüft werden.

Auch die SPD-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg hat das neunjährige Gymnasium noch nicht aufgegeben. Bei einem Treffen in Ulm vereinbarte SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel (Baden-Württemberg) mit seinem bayerischen Kollegen Markus Rinderspacher, mit einer Studie die konkreten Auswirkungen des Abiturs in acht Jahren auf Familie, Vereine und bürgerschaftliches Engagement untersuchen zu lassen. „Das Zwangs-G8 hat bei vielen Familien dazu geführt, dass der Samstag zum heimlichen Schultag wird“, sagte Schmiedel. Die SPD hat in Baden-Württemberg bereits durchgesetzt, dass an 44 Gymnasien das Abitur nach neun Jahren wieder möglich wird. dpa

(03.07.2012)

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