Politiker fordert Facebook-Pflicht für Lehrer – und löst hitzige Debatte aus

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BERLIN. Der CDU-Medienpolitiker und Bundestagsabgeordnete Thomas Jarzombek hat eine Facebook-Pflicht für Lehrer gefordert – und prompt eine breite Debatte ausgelöst. Zustimmung kommt aus der Wirtschaft. Der Vorsitzende des Verbandes Bildung und Erziehung (VBE), Udo Beckmann, lehnt das Ansinnen hingegen ab; auch aus Thüringen kommt Widerspruch.

Der VBE lehnt eine Facebook-Pflicht für Lehrer ab. Foto: F. Gopp / pixelio.de
Der VBE lehnt eine Facebook-Pflicht für Lehrer ab. Foto: F. Gopp / pixelio.de

„Wir brauchen eine Facebook-Pflicht für Lehrer. Lehrer müssen einfach wissen, wie soziale Netzwerke funktionieren und was dort abläuft. Nur dann können sie ihren Schülern einen vernünftigen Umgang damit beibringen“, sagte Jarzombek gegenüber „Bild.de“. Da Internet und soziale Netzwerke sich ständig änderten, müssten Lehrer verpflichtet werden, sich hier ständig auf dem Laufenden zu halten.

Jarzombek: „Es geht weniger um technisches Wissen. Da sind Schüler oft viel weiter als ihre Lehrer.“ Es gehe darum, Schülern beizubringen, was inhaltlich gut und was schlecht sei, was man besser lassen sollte und was okay sei. Er nannte ein Beispiel: „Wenn eine 12-Jährige Bikini-Fotos vom letzten Familienurlaub im Internet einstellt, macht sie das womöglich völlig arglos und denkt keine Sekunde darüber nach, dass manche Männer das auf sehr problematische Gedanken bringen könnte.“ Hier könnten und müssten Schulen ihre Schüler auch mit den Gefahren vertraut machen, die sich im Umgang mit dem Internet und bei der Nutzung sozialer Medien stellen können. Auch das Thema Mobbing von Schülern im Internet sollte nach Jarzombeks Ansicht unbedingt ein Thema sein.

Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen-Industrie und Handelskammertages (DIHK), Martin Wansleben, unterstützt die Forderung: „Die Auseinandersetzung mit sozialen Netzwerken gehört in den Schulunterricht“, so zitiert ihn „Bild.de“. Wansleben: „Personalverantwortliche in Unternehmen informieren sich heutzutage über Bewerber auch in sozialen Netzwerken. Schon deshalb ist es wichtig, dass Lehrer ihre Schüler für einen verantwortungsvollen Umgang mit Facebook & Co sensibilisieren.“

Es sei zwar wichtig für Lehrer, befand VBE-Chef Beckmann, den richtigen Umgang mit Facebook und Co. zu lernen und Schüler für ihren Umgang mit dem Internet zu sensibilisieren. „Lehrer müssen wissen, wie Facebook und andere soziale Netzwerke funktionieren, aber es darf daraus nicht die Pflicht abgeleitet werden, dass sie auch selbst zwingend bei Facebook angemeldet sein müssen“, meint er.

„Der Vorschlag ist untauglich“

Beckmann fordert Modellprojekte an Schulen. „Schüler sind Schutzbefohlene, Lehrer sollten nicht, wie im Privatleben, einfach Freundschaft mit ihnen schließen. Die professionelle Distanz muss dringend gewahrt bleiben“, sagt er. Für denkbar hingegen hält er geschlossene Gruppen, die Lehrer für ihre Schüler einrichten, in denen sie sich dann zum Beispiel über Unterrichtsinhalte, Klassenfahrt-Planungen oder Stundenausfall austauschen. „Es ist auch sinnvoll, dass Lehrer im Rahmen ihrer Fürsorgepflicht Schüler darauf aufmerksam machen, wenn diese Bilder hochladen, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sein sollten oder die Persönlichkeitsrechte der Betroffenen verletzen, zum Beispiel von starkem Alkoholkonsum oder im Bikini“, schlägt Beckmann vor. Lehrer sollten aber über diese Option der Internet-Interaktion selbst entscheiden können, „es von oben aufzuzwingen ist weder für Schüler noch für Lehrer hilfreich.“

Auch das Thüringer Kultusministerium lehnt dem Informationsdienst „OTZ.de“ zufolge die Forderung einer Facebook-Pflicht ab. „Der Vorschlag ist untauglich“, sagte ein Sprecher. „Jeder Lehrer soll selbst entscheiden, ob er sich in einem solchen Netzwerk anmeldet.“

Einen Zwang zur Facebook-Anmeldung lehnt laut Bericht auch die Landeselternvertretung Thüringen ab, zumal sie die Persönlichkeitsrechte in Gefahr sieht. „Als Anregung dürfen das die Lehrer aber durchaus verstanden wissen“, sagte eine Sprecherin gegenüber „OTZ.de“. „Schön wäre es, wenn die Lehrer mit der Zeit gehen, weil sie von sich aus die Intention haben, mit den Schülern die Gefahren von sozialen Netzwerken aufzuarbeiten.“ NINA BRAUN
(13.7.2012)

 

 

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Hannah
11 Jahre zuvor

Wer kommt eigentlich auf die Idee, dass dies überhaupt die Pflicht eines Lehrers sei? Nach der Schule LK’s korrigieren, den neuen Stoff vorbereiten usw. da bleibt sowieso kaum noch Zeit für mich… und dann soll ich jedem meiner Schüler bei Facebook auf die Finger schauen? Die Erziehungsaufgabe obliegt eigentlich den Eltern, das kann von einem Lehrer garnicht in dem Maße umgesetzt werden, in dem es manchmal nötig ist!