Streit in Kassel: Ölmulti will Bau von internationaler Schule fördern

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KASSEL. In Kassel soll eine internationale Schule entstehen. Dafür macht sich der größte deutsche Erdölproduzent Wintershall stark. Er will die nordhessische Stadt so attraktiver für Fachkräfte machen.

Schild an der ehemaltigen Wintershall Erdölförderstelle in Stelle (Harburg) bei Hamburg. Foto: Wusel 007 / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Schild an der ehemaltigen Wintershall Erdölförderstelle in Stelle (Harburg) bei Hamburg. Foto: Wusel 007 / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

«Good morning» und «Guten Morgen» – zweisprachiger Unterricht auf Englisch und Deutsch soll von 2014 an auch in Kassel möglich sein. In der Stadt wird derzeit nach einem Standort für eine private, bilinguale Grundschule gesucht. Treibende Kraft hinter den Plänen ist der größte deutsche Erdölproduzent Wintershall.

Doch warum steckt Winterhall Geld in das Projekt? Das Unternehmen will mit der bilingualen Schule Kassel für Fachkräfte aus dem Ausland attraktiver machen. «Wir sind als Unternehmen international aufgestellt und rekrutieren Mitarbeiter aus aller Welt, da ist es wichtig, für deren Kinder ein englischsprachiges Umfeld anbieten zu können», sagt Axel Bode, Personalleiter der Wintershall. Die Schule sei wichtig für die gesamte Region Nordhessen. «Vielen international aufgestellten Unternehmen würde es dann leichter fallen, hoch qualifizierte Spezialisten aus dem Ausland zu gewinnen.»

Das sieht auch der Solartechnik-Hersteller SMA aus Niestetal so. «Wir haben bereits einige Mitarbeiter, die mit ihren Familien aus dem Ausland nach Kassel gekommen sind, und die dieses Angebot nutzen werden. Zukünftig werden sicher noch weitere hinzukommen», sagt SMA-Personalvorstand Jürgen Dolle. Die Stadt Kassel sieht das Vorhaben vor allem in Hinblick auf den Wirtschaftsstandort positiv. «Für ausländische Fachkräfte ist eine solche Schule ein wichtiger Faktor, um sich für den Standort Kassel zu entscheiden», sagt Manfred Merz, Büroleiter des Kasseler Oberbürgermeisters.

Wintershall hat bei dem Berliner Bildungsunternehmen Phorms den Anstoß für eine Prüfung des Standorts Kassel gegeben und unterstützt das Projekt finanziell. Phorms betreibt bereits in sechs deutschen Städten international geprägte Privatschulen, darunter auch Frankfurt und Steinbach im Hochtaunuskreis. Als Träger der in Kassel geplanten deutsch-englischen Grundschule, die als «staatlich genehmigte Ersatzschule» geplant ist, muss sich Phorms nach dem Rahmenlehrplan des Landes Hessen richten.

100 unverbindliche Voranmeldungen

Wo in Kassel die geplante Schule allerdings stehen wird, ist noch nicht klar. Im Gespräch sei ein Grundstück auf der Marbachshöhe. «Das ist bisher nicht mehr als eine Idee», betont Thomas Frenzel von Phorms. Dennoch gibt es schon 100 unverbindliche Voranmeldungen. «Das ist eine ziemlich gute Zahl», sagt er. Vor allem, da der Unterricht erst in zwei Jahren aufgenommen werden soll. Er schätzt, dass mit einer zwei- oder dreizügigen Grundschule gestartet werden könnte.

Zum neuen Schuljahr gibt es in Hessen 62 deutsch-englische und 12 deutsch-französische Gymnasien sowie ein deutsch-italienisches Gymnasium. «Die Schulen sind quer über das Land verteilt und sehr beliebt, nicht nur bei bilingualen Eltern», sagt Christian Henkes, Sprecher des Kultusministeriums in Wiesbaden. Für den mittleren Bildungsgang sind es insgesamt 28, hinzukommen noch fünf bilinguale Grundschulen. Die in Kassel wäre die erste deutsch-englischsprachige – und die erste Grundschule außerhalb Frankfurts.

Die neue Kasseler Schule ist aber nicht nur für Kinder von ausländischen Arbeitnehmern gedacht. «Eine bilinguale Schule ist sowohl für die internationalen Familien als auch für die deutschen Kinder attraktiv», betont Wintershall-Personalleiter Bode.

Das sehen die Kasseler Jusos allerdings anders. «Die bilinguale Grundschule hat keinen Mehrwert für die Kasseler Bildungslandschaft», sagt ihr Unterbezirksvorsitzender Johannes Gerken. Es handele sich lediglich um eine zweisprachige Eliteschule für Familien, die es sich leisten könnten. Dem widerspricht das Bildungsunternehmen Phorms. Das Schulgeld werde nach dem Einkommen der Eltern gestaffelt. «Es soll so gestaltet werden, dass es sich tatsächlich jeder leisten kann», sagt Frenzel. Außerdem plant Wintershall, zehn Stipendien an Kinder aus einkommensschwachen Familien zu vergeben.

Die Auswahlkriterien für ein Stipendium müssen noch mit der Stadt Kassel besprochen werden. Um eine Summe für das Schulgeld zu benennen, sei es noch zu früh, sagt Frenzel. Grund dafür ist unter anderem, dass das Schulgeld Teil des Genehmigungsverfahrens für staatlich anerkannte Ersatzschulen ist. Und die Genehmigung für die deutsch-englische Grundschule in Kassel ist nach Angaben von Frenzel noch nicht beantragt. Bis zum ersten Schultag bleibt also noch viel zu tun. VERENA KOCH, dpa

(16.8.2012)

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Alfons
11 Jahre zuvor

Also auf der Seite von phorms Frankfurt gibt es einen Beitragsrechner:
http://www.frankfurt.phorms.de/Grundschule/Kontakt-und-Anmeldung
Bei einem Jahresbrutto von 40.000 € bezahlt man 351 €/Monat Schulgeld + 80 €/Monat Essensgeld + eine einmalige Aufnahmegebühr vom 2,5-fachen monatlichen Schulgeldsatzes.
Man bezahlt also 13 % des Bruttolohns allein für die Schule!
Wenn man übrigens 100.000 € Bruttolohn im Jahr hat, bezahlt man lediglich 7,4 % des Bruttolohns…