Syrische Studenten in Berlin – Revolution in den Semesterferien

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BERLIN. Hunderttausende Syrer flüchteten vor dem Regime Baschar al-Assads und der Gewalt aus der Heimat. In Berlin unterstützen syrische Studenten offen den Umsturz. «Revolution», «Demo», «Bombardierung», «Baschar» – manche Wörter meidet Faris Alahmed in E-Mails und Telefonaten mit seiner Familie nach wie vor.

Bis vor kurzem hörte der Geheimdienst mit, im aktuellen Chaos fühlt sich Alahmed sicherer. «Wenn sich jemand kritisch äußert, ist das inzwischen eine Kleinigkeit», vermutet er. Denn das Regime von Baschar al-Assad müsse all seine Kräfte in Syrien für den Machterhalt bündeln.

Präsident Bashar al-Assad ist die Zielscheibe der Proteste. (Foto: Fabio Rodrigues Pozzebom / ABr/Wikimedia CC BY 3.0)
Präsident Bashar al-Assad ist die Zielscheibe der Proteste. (Foto: Fabio Rodrigues Pozzebom / ABr/Wikimedia CC BY 3.0)

Faris Alahmed kam vor neun Jahren aus Daraa im Süden Syriens nach Berlin, um Wirtschaftsingenieurwesen zu studieren. Mit Freunden und Bekannten hat der 30-Jährige den Verein «Gemeinsam für ein freies Syrien» gegründet, der vor allem Demos und Benefizkonzerte organisiert.

Von Anfang an mit dabei war auch Hamorabi Shakro. Der 26-jährige Maschinenbau-Student ist seit 2004 in Berlin. Früher besuchte er seine Familie in der Heimat so oft wie möglich. Seit Beginn der Proteste und ihrer Unterdrückung durch das Regime vor knapp anderthalb Jahren war er nicht mehr dort. In diesen Semesterferien jobbt er stattdessen, abends diskutiert er im Bistro des Studenten-Wohnheims über die Zukunft seines Landes.

Uneinig sind sich die Studenten etwa, ob für den Regimewandel Gewalt eingesetzt werden sollte. «Die Welt muss etwas tun, um das Blutbad in Syrien zu stoppen», sagt Shakro. Die Opposition sollte aus dem Ausland mit Waffen beliefert werden. Für den friedlichen «Gandhi-Weg» sei es zu spät, seit auf Demonstranten geschossen werde.

Sein Bekannter Aktham Abazid von der Organisation «Adopt a Revolution» lehnt Waffengewalt hingegen ab. «Das Leiden in Syrien ist immens, die Menschen sind verzweifelt und das Regime ist brutal», sagt der 39-Jährige. Aber Waffenlieferungen würden das Land nur destabilisieren.

Die Studenten unterstützen die syrische Opposition offen aus dem Ausland, kaufen abhörsichere Handys oder Satellitenempfänger für die Regimegegner in Syrien. Denn dort überwache der Geheimdienst die Kommunikation und lege Facebook oder Skype lahm, erzählt Alahmed. Täglich versucht er, seine Familie in Syrien zu erreichen. Oft klappt es einige Tage lang nicht. «Die Angst um sie ist inzwischen Normalität», sagt der Student. Zwei Menschen aus dem Heimatort seien gestorben.

2176 Menschen syrischer Staatsbürgerschaft leben laut Statistischem Landesamt in Berlin. Knapp 300 sind Studenten, etwa jeder siebte. Hinzu kommen 3536 Deutsche mit syrischem Migrationshintergrund. Viele engagieren sich für die Zukunft ihres Heimatlandes.

Dafür habe das Regime manchen Studenten das Stipendium gestrichen, sagt der Berliner Uni-Dozent Ahmad Ayan. Der Deutsche Akademische Austausch Dienst (DAAD) berichtet von ausbleibenden Überweisungen an syrische Stipendiaten. Ob das an der Regime-Kritik oder dem Zusammenbruch der Uni-Verwaltungsstrukturen in umkämpften Gebieten liege, sei aber unklar.

Solange das Assad-Regime in Syrien an der Macht bleibt, können die syrischen Studenten nicht in die Heimat zurück – an der Grenze droht Verhaftung. Doch damit soll es bald vorbei sein. Alahmed spricht jetzt lauter: «Die Revolution wird klappen. Es ist nur noch eine Frage der Zeit.» Leonie Feuerbach/dpa

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