Jetzt doch Kompromiss beim Betreuungsgeld in Sicht?

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BERLIN. Beim umstrittenen Betreuungsgeldvorschlag steuert die Bundesregierung scheinbar auf einen Kompromiss zu. Die Abstimmung im Bundestag ist jedoch verschoben.

In den Kindergarten oder nicht? Das ist die Frage, an der sich die Geister scheiden. Foto: »Zitona « / Flickr  (CC BY 2.0)
In den Kindergarten oder nicht? Das ist die Frage, an der sich die Geister scheiden. Foto: »Zitona « / Flickr (CC BY 2.0)

CSU-Chef Horst Seehofer zeigte sich am Donnerstag überraschend offen für Nachbesserungen, wie die Verknüpfung des Betreuungsgeldes mit der Pflicht zur Teilnahme an den medizinischen Vorsorgeuntersuchungen kleiner Kinder.

Die ursprünglich für Ende September im Bundestag geplante Verabschiedung des Gesetzes wird nach einer Absprache der Koalitionsspitzen auf den 18. Oktober verschoben. Entsprechende Medienberichte von «Ruhr Nachrichten» und «Die Welt» wurden der Nachrichtenagentur dpa aus Koalitionskreisen bestätigt.

Am Freitag wird es im Bundestag eine Expertenanhörung zu dem Gesetzentwurf geben. Das Betreuungsgeld von monatlich zunächst 100 Euro, später 150 Euro sollen ab 2013 Eltern bekommen, die für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr keinen Kita-Platz oder keine öffentlich finanzierte Tagesmutter in Anspruch nehmen.

In der CDU, vor allem aber in der FDP gibt es scharfe Kritiker, die zum Teil mit Ablehnung des vor allem von der CSU verlangten Betreuungsgeldes drohen. Seit längerem sind unter anderem auch Verbesserungen bei der Rente von Müttern im Gespräch, um die Gegner einzubinden.

Seehofer sagte am Rande eines Besuchs in Jerusalem, bei den Gesetzesänderungen müsse klipp und klar sein, dass das keine Zustimmungspflicht der Länder im Bundesrat auslöse. «Die Vorsorgeuntersuchung ist geeignet, nicht nur Misshandlung, sondern auch Unterernährung und Verwahrlosung von Kindern zu erkennen.»

Allerdings werde die CSU neuerliche Versuche aus CDU und FDP, das Betreuungsgeld zu verhindern, nicht akzeptieren. Der CSU-Chef: «Was wir nicht zur Diskussion stellen, ist die Substanz des Betreuungsgelds.»

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Ursprünglich wollte Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) die Auszahlung des Betreuungsgeldes von der Teilnahme an den Vorsorgeuntersuchen abhängig machen. Doch mit einem Veto verhinderte Seehofer zunächst, dass dies in den Gesetzentwurf der Koalition aufgenommen wurde. Im bayerischen Landeserziehungsgeldgesetz ist dagegen eine solche Koppelung ausdrücklich vorgesehen.

«Wir dürfen nicht einseitig bestimmte Eltern diskriminieren», meinte dazu Bayerns Familienministerin Christine Haderthauer (CSU). Der Freistaat fordere schon lange eine Pflicht zur Vorsorgeuntersuchung für alle Eltern. «Deshalb müssen in Bayern sowohl bei der Anmeldung zur Kita als auch beim Antrag auf Landeserziehungsgeld die Vorsorgeuntersuchungen nachgewiesen werden», sagte Haderthauer.

Die familienpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Caren Marks, sagte der Nachrichtenagentur dpa: «Bei diesem unsinnigen Gesetz helfen keine Verbesserungen. Das ganze Gesetz muss weg.» Die Generalsekretärin der Bayern-SPD, Natascha Kohnen, sagte: «Statt Menschen vom Arbeitsmarkt wegzulocken, sollte eine moderne Familienpolitik lieber dafür sorgen, dass Familie und Beruf miteinander vereinbar sind. Das entspricht der Lebenswirklichkeit.»

27 renommierte Wissenschaftler wandten sich in einem Aufruf in der Wochenzeitung «Die Zeit» gegen das geplante Gesetz. «Wir appellieren an die Bundeskanzlerin und die gesamte Bundesregierung, ihre erst vor wenigen Jahren eingeleitete moderne Familienpolitik nicht durch das Betreuungsgeld zu desavouieren», heißt es darin. Vor allem für Mütter mit kleinem Einkommen mache es die Koalition mit dem Betreuungsgeld attraktiver, nach der Geburt von Kindern nicht in den Arbeitsmarkt zurückzukehren. Gerade für solche Frauen sei aber eine «kontinuierliche Erwerbsbiografie besonders wichtig».

Zu den Unterzeichnern gehören unter anderem die Bildungssoziologin Jutta Allmendinger, die Familien- und Bildungsökonomin Katharina Spieß vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung und der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther. dpa

(13.9.2012)

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