Jugendliche quälen Sechstklässler und stellen Filme davon ins Netz

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SCHWERIN. Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Caffier zeigt sich entsetzt: An einer Schule in Schwerin quälten Elftklässler jüngere Schüler, filmten das Ganze und stellten die Clips dann ins Netz. Die Täter sind „polizeibekannt“.

Das Video von den Übergriffen war auf die Internetplattform «YouTube» hochgeladen worden. Foto: Spencer E. Holtaway / Flickr (CC BY-ND 2.0)
Das Video von den Übergriffen war auf die Internetplattform «YouTube» hochgeladen worden. Foto: Spencer E. Holtaway / Flickr (CC BY-ND 2.0)

Schläge, Tritte, Demütigungen. An einer Gesamtschule im Schweriner Problembezirk Großer Dreesch sollen nach Polizeiangaben drei Schüler der elften Klasse deutlich jüngere Schüler misshandelt, die Übergriffe gefilmt und die Videos ins Internet gestellt haben. Wie ein Sprecher der Schweriner Polizei sagte, wurden gegen die 16, 17 und 18 Jahre alten Tatverdächtigen Ermittlungen wegen Körperverletzung und Nötigung aufgenommen.

Sowohl die mutmaßlichen Täter als auch die Opfer seien zu den Vorfällen befragt worden. «Zu den Motiven der Tat und den Beziehungen der Schüler untereinander könne wir noch nichts sagen», erklärte der Polizeisprecher. Das Handy, mit dem die Attacken aufgenommen wurden, sei sichergestellt, das Video inzwischen aus dem Internet gelöscht.

Innenminister Lorenz Caffier (CDU) reagierte entsetzt auf die Berichte zu den Übergriffen, die sich bereits am Dienstag zugetragen haben sollen. «Dieser Vorfall zeigt uns, Gewalt in und im Umfeld von Schulen ist ein Thema, das nicht nur irgendwo in der Ferne stattfindet, sondern manchmal ganz nah bei uns», sagte Caffier bei der Auszeichnung von 25 Schulen des Landes für vorbildliche Präventionsarbeit gegen Gewalt und Kriminalität.

In einen Raum der Schule gezerrt

Den ersten Erkenntnissen der Ermittler zufolge hatten die Jugendlichen in der Mittagspause fünf Schüler der sechsten Klasse nacheinander in einen Raum des Schulgebäudes gezerrt, geschlagen und getreten. Die Kinder seien zudem gezwungen worden, sich auszuziehen und Liegestütze zu machen. Einigen der Jungs hätten die Täter den Kopf am Waschbecken unter fließendes Wasser gehalten. Im Polizeibericht werden die Übergriffe auf die Elfjährigen als «Tortur» bezeichnet.

Laut Polizei war einer aufmerksamen Lehrerin das veränderte Verhalten der Sechstklässler aufgefallen. «Sie hat die Kinder befragt, die dann von den Vorfällen berichteten. Daraufhin hat die Schule die Polizei informiert und Anzeige erstattet», sagte der Polizeisprecher. Die Staatsanwaltschaft sei eingeschaltet.

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Die tatverdächtigen Schüler seien bereits «polizeibekannt». Das Video von den Übergriffen war auf die Internetplattform «YouTube» hochgeladen worden und damit einem großen Nutzerkreis zugänglich.

Minister Caffier mahnte anlässlich dieses Falls Pädagogen und Eltern, Signale wahrzunehmen und möglichst frühzeitig einzugreifen, «wohlwissend, dass wir Einzelfälle nicht ausschließen können». Die Beispiele der in Schwerin mit dem Qualitätssiegel «Sicherheit macht Schule» geehrten Einrichtungen zeigten aber, dass es Möglichkeiten gebe, Gewalt von Schulen zu bannen. Den Wettbewerb für mehr Sicherheit hatte der Landesrat für Kriminalitätsvorbeugung organisiert. Zu den Preisträgern gehörten Grundschulen, Regionalschulen, Gymnasien, Förderschulen und Berufsschulen.

Krisenpräventionsteam im Einsatz

Wie ein Sprecher des Bildungsministeriums sagte, war ein Krisenpräventionsteam an der Schweriner Schule im Einsatz, eine Schulpsychologin habe in der betroffenen sechsten Klasse Gespräche geführt. Die tatverdächtigen Schüler seien vorerst von Unterricht suspendiert und auch von einer für kommende Woche geplanten Klassenfahrt ausgeschlossen worden. Für kommenden Montag sei an der Schule ein Gespräch anberaumt mit den Tatverdächtigen, deren Eltern, der Schulleitung und der Schulrätin.

Nach Ansicht der Rostocker Rechtsanwältin Gesa Stückmann, die seit gut fünf Jahren in Mecklenburg-Vorpommern in der Präventionsarbeit an Schulen tätig ist, sind sich Jugendliche bei solchen Übergriffen und deren Veröffentlichung meist nicht der Tragweite ihres Tuns bewusst. «Wenn Sie die hinterher fragen, dann sagen die: War nur ein Spaß», sagte Stückmann dem Radiosender Antenne MV. Mit zunehmendem Alter der Schüler gehe zudem die Bereitschaft zurück, sich als Opfer oder Zeuge an die Lehrer zu wenden. «Ab der siebten Klasse wird nicht mehr eingegriffen, weil man Angst hat, man wird reingezogen. Das finde ich sehr erschreckend», sagte Stückmann. dpa
(20.9.2012)

Hier gibt es gutes Unterrichtsmaterial zur Gewaltprävention vom Institut für Arbeit und Gesundheit der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung.

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sofawolf
11 Jahre zuvor

Schlimm! Einfach nur schlimm!