Abi 89: Ostdeutsche Akademiker sind erfolgreicher als Wessis

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BERLIN. Der Abitursjahrgang 1989 ist der erste Jahrgang, der in den Bildungssystemem Ostdeutschlands und Westdeutschlands zu Hause war. Das HIS-Institut für Hochschulforschung hat in einer Studie die Karrieren der 89er Absolventen der letzten 20 Jahre untersucht. Ergebnis: Ostdeutsche Frauen des Abiturjahrgangs 1989 studierten häufiger als westdeutsche, bekamen früher Kinder, nahmen kürzere Elternzeiten. Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen sind geringer als im Westen. Insgesamt sind Akademiker aus Ostdeutschland beruflich zufriedener.

Mauerfall 1989: Wer damals in Ostdeutschland Abitur machte, hat in der Regel seine Chancen genutzt. Foto: Superikonoskop / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Mauerfall 1989: Wer damals in Ostdeutschland Abitur machte, hat in der Regel seine Chancen genutzt. Foto: Superikonoskop / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Über 20 Jahre hinweg hat das HIS-Institut die Abiturienten des Jahrgangs 1989/90 mehrmals befragt und ihre Lebensverläufe nachgezeichnet. Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass die ostdeutschen Schulabsolventen des Wendejahrgangs die neuen Möglichkeiten, die sich ihnen boten, erfolgreich genutzt haben. Heute sind 92 Prozent von ihnen erwerbstätig; mehr als zwei Drittel arbeiten in einer hohen beruflichen Position. Die Gehälter sind im Vergleich zu allen Erwerbstätigen überdurchschnittlich.

Der Jahrgang, der 1989/90 seine Hochschulreife erwarb, ist ein besonderer. Ihre Schulzeit durchliefen die Abiturientinnen und Abiturienten noch in zwei unterschiedlichen Systemen – der Bundesrepublik Deutschland und der DDR -, ihre beruflichen Karrieren fanden anschließend im wiedervereinigten Deutschland statt. Die ostdeutschen Studienberechtigten mussten ihren Einstieg in Studium oder Ausbildung somit unter gänzlich neuen Bedingungen und vor dem Hintergrund tiefgreifender Transformationsprozesse im Bildungs- und Beschäftigungssystem meistern.

„Die ostdeutschen Studienberechtigten haben die neue Situation ganz pragmatisch angepackt und die sich ihnen bietenden Chancen genutzt“, erläutert Projektleiterin Heike Spangenberg. „Wir konnten keine größeren Anlaufschwierigkeiten feststellen. Sie haben ebenso schnell wie die westdeutschen Studienberechtigen eine Ausbildung oder ein Studium aufgenommen und sind anschließend überwiegend erfolgreich ins Berufsleben gestartet. Uns hat überrascht, dass die Lebensläufe insgesamt doch sehr ähnlich sind.“

Unterschiede sind aber vorhanden:

  • Die ostdeutschen Studienberechtigten gründeten früher eine Familie als die westdeutschen, und insbesondere die ostdeutschen Frauen kehrten im Anschluss an die Geburt des Kindes schneller wieder in ihren Beruf zurück. Sie arbeiten seltener Teilzeit als ihre westdeutschen Geschlechtsgenossinnen und schaffen es besser, Beruf und Familie zu vereinbaren.
  • Die ostdeutschen Studienberechtigten erwiesen sich als wesentlich mobiler als die westdeutschen. Von den ostdeutschen Abiturienten, die nach der Schule eine Berufsausbildung gemacht haben, ist ein Drittel nach Westdeutschland gegangen. Bei denen, die ein Studium aufgenommen haben, war es etwa jeder Zehnte. Insbesondere die Absolventen einer Berufsausbildung sind anschließend häufig wieder in ihre Heimatregion zurückgekehrt.
  • Weiterhin werden in Westdeutschland höhere Einkommen erzielt als in Ostdeutschland. Für die Studienberechtigten des Jahrgangs 1989/90 liegt das aktuelle mittlere Monatsbruttoeinkommen in Westdeutschland bei 4.075 Euro, in Ostdeutschland bei 3.650 Euro.
  • Insgesamt etwa gleich viele Studienberechtigte in Ost und West nahmen unmittelbar nach Schulende ein Studium auf. Ostdeutsche Frauen entschieden sich häufiger für ein Studium, während westdeutsche Frauen zu einem wesentlich höheren Anteil als ostdeutsche nach Schulabgang eine Berufsausbildung begannen und damit zügiger in eine Erwerbstätigkeit eingemündet sind.
  • Ostdeutsche Akademiker und Akademikerinnen sind in ihrem Job zufriedener als westdeutsche. Das betrifft den beruflichen Erfolg, die Arbeitsinhalte sowie die Arbeitsbedingungen und das Arbeitsklima.

Insgesamt ist die große Mehrheit der Studienberechtigten des Wendejahrgangs mit ihrem Leben zufrieden (54 Prozent) oder sogar sehr zufrieden (23 Prozent). Lediglich 5 Prozent sind (sehr) unzufrieden. Bildung ist ein wesentlicher Faktor für beruflichen Erfolg und Lebenszufriedenheit. Die Analysen zeigen, dass die Lebenszufriedenheit unter anderem mit dem Bildungsabschluss steigt. Am geringsten sind die Anteile der (sehr) Zufriedenen bei den Studienberechtigten ohne beruflichen Abschluss (58 Prozent) und am höchsten bei den Studienberechtigten mit akademischem Abschluss (79 Prozent). Ein zufriedenes Leben hängt zudem eng mit Familienstand und Kindern zusammen. Verheiratete Menschen sind zufriedener als diejenigen ohne festen Partner. nin

(2.10.2012)

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