Freizeitparks als Lernorte? Willkommen in der Traumwelt

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Ein Kommentar von NINA BRAUN.

Die Bildungsjournalistin Nina Braun. Foto: www.bildungsjournalisten.de
Die Bildungsjournalistin Nina Braun. Foto: www.bildungsjournalisten.de

Die „Bild“-Zeitung mag vielen nicht als zuverlässigste Quelle erscheinen. Ihre Berichterstattung in der Causa Wulff – jüngst ausgezeichnet mit dem renommierten Henri-Nannen-Journalistenpreis – belegt aber schon die Professionalität der Redaktion im Ressort Politik. Soll heißen: Einen Antragsentwurf von Union und FDP, wonach die Schulen zu mehr Besuchen von Freizeitparks aufgefordert werden, wird sich „Bild“ kaum ausgedacht haben. Zumal ein erster Bericht dazu bereits am Vortag erschien und unwidersprochen blieb.

Diese Einordnung ist nötig, weil der Sachverhalt selbst derart absurd klingt: Kann es sein, dass Politiker in Sachen Bildung so völlig neben der Spur liegen, Vergnügungsstätten zu „außerschulischen Lernorten“ erklären zu wollen, um sie wirtschaftlich zu fördern? Offenbar schon. Das Ganze ließe sich als geistiger Blackout von Parlamentariern deuten, die augenscheinlich einer Wirtschaftslobby auf den Leim gegangen sind. So etwas hatten wir ja schon (Stichwort: Mehrwertsteuersenkung für Hotels). Leider passt die Idee zum desaströsen Bild, das vor allem die Union mittlerweile in der Schulpolitik abgibt.  Sie stellt nur noch zwei Kultusminister in Deutschland und hat es sich, schlimmer noch, mit ihrem Beharren auf ein dreigliedriges Schulsystem und vermeintlichen PISA-Erfolgen unionsgeführter Bundesländer in einer Traumwelt gemütlich gemacht. Chancenungleichheit im Bildungswesen? Ein Fünftel der Schülerschaft hoffnungslos abgehängt? Überlastete Lehrerschaft? Die Freizeitparks werden’s sicher richten …

Bleibt eine Frage offen: Wird eigentlich die Bundesbildungsministerin, als Bundestagsabgeordnete selbstverständlich Mitglied der CDU-Fraktion, bei einem solchen Antrag  einbezogen? Wenn nein – dann wird Frau Schavan von ihren eigenen Leuten offenbar nicht mehr ernst genommen. Wenn ja – dann hat sie augenscheinlich vor lauter Plagiatsvorwürfen ihre Aufgabe nicht mehr im Griff. Beides spricht nicht für ihren Verbleib im Amt. (16.10.2012)

Zum Bericht: „Allen Ernstes: Schwarz-Gelb will Schüler in Freizeitparks schicken“

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