Odenwaldschule will Missbrauch weiter aufarbeiten

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HEPPENHEIM. Bislang stehen sich Opfer und Internat noch reserviert gegenüber. Ein Schülertreffen soll die Aufarbeitung der Missbrauchfälle voranbringen.

Goethehaus der Odenwaldschule; Foto: Mussklprozz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Goethehaus der Odenwaldschule; Foto: Mussklprozz / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Die Verantwortlichen der Odenwaldschule wollen bei einem Altschülertreffen weiter an der Aufarbeitung des Missbrauchsskandals arbeiten. Bei dem anberaumten Treffen steht  eine Andacht für die Betroffenen sexueller Gewalt auf dem Programm, wie die Schule mitteilte. An der internen Veranstaltung nimmt auch die Stiftung «Brücken bauen» teil, die für die Entschädigung von Opfern verantwortlich ist.

Die ersten Missbrauchsfälle waren im südhessischen Heppenheim Ende der 1990er Jahre bekanntgeworden, damals aber wieder untergegangen. 2010 kam der viele Jahrzehnte zurückliegende Missbrauch wieder hoch – und blieb Thema. Ausgegangen wird inzwischen von mehr als 130 Opfern. Bis Ende September wurden an diese insgesamt 274 000 Euro Entschädigung ausgezahlt.

Die Zuständigkeit für die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle ist in der Schule mittlerweile auf mehrere Schultern verteilt worden. Bislang war Margarita Kaufmann vom Vorstand der Odenwaldschule alleine dafür zuständig. Nun seien zwei Mitglieder der Trägervereins sowie zwei Mitglieder des Kollegiums für die Aufarbeitung verantwortlich.

Anfang Oktober – zweieinhalb Jahre nach dem Bekanntwerden des Missbrauchskandals – hatte es den ersten großen runden Tisch mit Vertretern von Schule, Politik und Opfern gegeben. Der große Durchbruch war bei dem Treffen jedoch ausgeblieben, Opfer und Internat standen sich weiter reserviert gegenüber. dpa

(13.10.2012)

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Angelika Oetken
11 Jahre zuvor

Bei gewohnheitsmäßigem, organisierten, lang andauernden Missbrauch, wie er an der Odenwaldschule aufgetreten ist und vielleicht immer noch statt findet, stimmt etwas mit dem gesamten System nicht.
Insofern lässt sich die „Reserviertheit“ der Schule, was eine echte Aufarbeitung angeht nachvollziehen.
Hier gilt, genauso wie in anderen, ähnlichen Kontexten (Missbrauch in Familien, Vereinen, Heimen): immer zuerst an die eigene Nase fassen, bei sich selbst anfangen.
„Wo, wann, wie habe ich selbst Missbrauch erlebt?“
„Wann und wie agiere ich selbst übergriffig?“
„Was in unserem Gefüge begünstigt Missbrauch?“
„Welchen Zweck erfüllt Übergriffigkeit in unserer Gemeinschaft?“
„Wie sehe ich die Opfer, wie die Täter?“

Erst dann kann echte Bewältigung beginnen und erste, ernst gemeinte Schritte zur Wiedergutmachung getan werden.

Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, Betroffene sexualisierter Misshandlung in der Kindheit