FDP setzt Islamunterricht in Hessen gegen die CDU durch

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WIESBADEN. Hessens Kultusministerin Nicola Beer (FDP) kann zufrieden sein. Sie setzte sich für die Einführung des islamischen Religionsunterrichts ein, obwohl der Streit darüber die schwarz-gelbe Koalition fast zerrissen hätte. Zum nächsten Schuljahr soll es nun endlich losgehen.

Sah sich in Sachen Islamunterricht sich geballtem Widerstand gegenüber: Nicola Beer; Foto: Frank Ossenbrink / Kultusministerium Hessen
Sah sich in Sachen Islamunterricht sich geballtem Widerstand gegenüber: Nicola Beer; Foto: Frank Ossenbrink / Kultusministerium Hessen

Nach einer jahrelangen Debatte führt Hessen im nächsten Jahr einen islamischen Religionsunterricht ein. Mit Hilfe der türkischen Moscheengemeinschaft Ditib (Landesverband Hessen) und der Ahmadiyya Muslim Jamaat soll der bekenntnisorientierte Islamunterricht vom kommenden Schuljahr an auf dem Stundenplan stehen. Integrationsminister Jörg-Uwe Hahn (FDP) sprach von einer «historischen Entscheidung». Sie belege den Willen zur Integration und zum gemeinsamen, konstruktiven Zusammenleben.

Zum Schuljahr 2013/2014 könnte der Unterricht an bis zu 25 Grundschulen für die ersten Klassen eingeführt werden. Ein Schwerpunkt soll das Rhein-Main-Gebiet sein. Über die Schulen sei aber noch nicht entschieden, sagte Kultusministerin Nicola Beer (FDP).

Der Einführung des islamischen Religionsunterrichtes waren mehrjährige Diskussionen und eine lange Suche nach Ansprechpartnern auf muslimischer Seite vorangegangen. Dabei war sich die schwarz-gelbe Landesregierung nicht immer einig: Der islamische Religionsunterricht war vor allem ein Ziel der Liberalen.

Aus der CDU kamen immer wieder Querschüsse – vor allem von Hans-Jürgen Irmer, bis zum Herbst schulpolitischer Sprecher seiner Fraktion. «Ich teile nicht die Auffassung, dass der Islam zu Hessen gehört», lautete einer seiner Sätze. Der Ditib unterstellte er, von der Türkei gesteuert zu sein.

Dabei hatte sich Ditib Hessen extra eine neue Satzung gegeben, um – für die Landesregierung letztlich überzeugend – die Ferne vom türkischen Staat zu belegen. Ministerin Beer sah nach mehreren verfassungsrechtlichen und islamwissenschaftlichen Gutachten die beiden muslimischen Verbände als geeignet an. Nach Überzeugung der beiden liberalen Minister ist Hessen das erste Bundesland, das einen islamischen Religionsunterricht «streng nach den Vorgaben des Grundgesetzes» anbietet. Nordrhein-Westfalen hatte zu Beginn des laufenden Schuljahrs einen islamischen Religionsunterricht an rund 40 Grundschulen eingeführt.

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Beer nannte den bekenntnisorientierten Religionsunterricht an öffentlichen Schulen «eine staatliche Veranstaltung wie jedes andere Unterrichtsfach auch». Das Fach werde von Lehrern unterrichtet, die bereits jetzt im hessischen Schuldienst seien. Unterrichtssprache sei deutsch. Die muslimischen Erstklässler werden nach Angaben Hahns in ihrer eigenen Religion nach den Werten des Grundgesetzes unterrichtet. Dazu gehörten die Toleranz gegenüber Andersdenkenden und die Gleichberechtigung von Männern und Frauen, sagte er.

Kein Unterricht gegen die Ziele des Staates

Beer sagte, dass das Curriculum (Lehrplan) von der Schulaufsicht begleitet werde. Damit werde überprüft, dass es «nicht nur auf dem Papier steht». An staatlichen Schulen dürfe kein Unterricht erteilt werden, der den Erziehungszielen des Staates widerspreche. Die Kooperationspartner Ditib und Ahmadiyya hätten die Aufgabe, «auf die Übereinstimmung des Unterrichts (…) mit ihren bekenntnismäßigen Grundsätzen zu achten».

Die SPD-Landtagsfraktion zeigte sich erfreut, dass dem islamischen Religionsunterricht in Hessen «nun endlich der Weg geebnet werde». Die Grünen begrüßten die Entscheidung als längst überfällig und als einen wichtigen Schritt für die Integration der Muslime. Die CDU-Fraktion wies darauf hin, dass die FDP auf die Einführung des islamischen Religionsunterrichts beim Koalitionsvertrag 2009 gedrängt habe.

Mit dem islamischen Religionsunterricht wird das Angebot an hessischen Schulen auf zwölf Glaubensrichtungen erweitert. Dazu zählen Evangelisch-lutherische Kirche, Katholische Kirche, Juden, Aleviten, Syrisch-Orthodoxe, Freireligiöse, Alt-Katholische, Adventisten, Mennoniten, Orthodoxe, Unitarier und Muslime. dpa

(19.12.2012)

 

 

 

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Darya
11 Jahre zuvor

Was ich nicht verstanden habe: ist es ein Pflicht-unterricht oder Wahlunterricht?