Bundesverwaltungsgericht macht den Weg für Opus Dei-nahe Jungenschule frei

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LEIPZIG. Im Streit um die Errichtung eines Jungengymnasiums in Potsdam entschieden die Richter zugunsten des Trägervereins.

Solange sichergestellt ist, dass in solchen Schulen die Gleichberechtigung von Mann und Frau als Wert vermittelt wird, sei die Gründung durch die Privatschulfreiheit gedeckt, entschied das Bundesverwaltungsgericht am Mittwoch in Leipzig. Die obersten deutschen Verwaltungsrichter machten damit den Weg frei für die umstrittene Gründung eines Jungengymnasiums in Potsdam, das der konservativen katholischen Laienorganisation Opus Dei nahesteht.

Josemaria Escriva
Josemaria Escrivá, Gründer des Opus Dei. Foto: DALIBRI (CC-BY-SA-3.0), via Wikimedia Commons

Die Stadt und das Land Brandenburg hatten das Vorhaben abgelehnt, scheiterten jetzt aber in dritter und letzter Instanz (Az.: BVerwG 6C 6.12). Opus Dei (Werk Gottes) ist unter anderem deshalb umstritten, weil die Organisation auf Bußpraktiken setzt, die bewusst Schmerzen bereiten.

Gleichberechtigung müsse gelebt werden und könne Jungen nicht an der Tafel beigebracht werden, hatte das brandenburgische Bildungsministerium mit Blick auf die beabsichtigte Schulgründung argumentiert. Es konnte sich damit aber nicht durchsetzen. Mit welcher Methode eine «monoedukative» Schule ihren Schützlingen die Gleichberechtigung nahebringt, sei ihre freie Wahl, entschieden die Richter.

Treibende Kraft hinter der geplanten Schulgründung ist die «Fördergemeinschaft für Schulen in freier Trägerschaft e.V.». Deren Geschäftsführer Horst Hennert zeigte sich nach der Urteilsverkündung erfreut. «Es gibt keinen Grund, warum es verboten sein sollte, Eltern ein solches Angebot zu machen, Jungen und Mädchen getrennt zu unterrichten», sagte er. In Deutschland gibt es eine ganze Reihe von Jungenschulen, vor allem in Bayern und Nordrhein-Westfalen.

Hennert betonte, der Fördergemeinschaft, die auch Träger eines Mädchengymnasiums in Jülich (Nordrhein-Westfalen) ist, gehe es um die Vielfalt in der Bildungslandschaft. Ein Gymnasium für Jungen mache Sinn, «weil Jungen sehr benachteiligt sind». «60 Prozent der Abiturienten sind weiblich, 80 Prozent der Sitzenbleiber sind männlich. Auf Jungen wird zu wenig eingegangen.» Nach der Leipziger Entscheidung muss das Bildungsministerium in Potsdam neu über denAntrag der Fördergemeinschaft entscheiden.

Brandenburgs Bildungsministerin Martina Münch (SPD) hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts bedauert. Das Ministerium werde jetzt die schriftliche Urteilsbegründung abwarten, gegen die Entscheidung jedoch keine weiteren Rechtsmittel einlegen, sagte Ministeriumssprecher Stephan Breiding. Es sei zu erwarten, dass der Schulträger einen überarbeiteten Antrag zur Genehmigung einreicht – schließlich seien weder das vormals ins Auge gefasste Schulgebäude noch das Lehrpersonal mehr vorhanden.

Der bildungspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Gordon Hoffmann, sprach von einem «Sieg für die Wahlfreiheit». Schulen in privater Trägerschaft hätten gesetzlich verbriefte Rechte und Pflichten. «Es ist beschämend, dass sich Freie Schulen diese Rechte erst gerichtlich erkämpfen müssen. Die Landesregierung muss endlich aufhören, das Engagement der Freien Schulen im Land auszubremsen.»

«Politischer Gängelei bei der Gründung von Privatschulen wurde heute ein Riegel vorgeschoben», bemerkte der Vorsitzende und bildungspolitische Sprecher der FDP-Landtagsfraktion, Andreas Büttner, am Mittwoch. «Die Wahlfreiheit der Eltern und das Recht auf Privatschulgründungen steht nicht umsonst im Grundgesetz.»

Für die Landeshauptstadt Potsdam sagte deren Sprecher Jan Brunzlow, die Genehmigung der Schule liege beim Land. «Wenn der Träger ein Grundstück findet und baut, kann man nichts machen.» Es gelte weiterhin der Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, für das geplante Jungengymnasium keine Immobilie zur Verfügung zu stellen. (dpa)

(30.01.2013)

zum Bericht: Opus Dei-nahes Jungengymnasium: Jetzt entscheidet das Gericht

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