DÜSSELDORF. Die nordrhein-westfälische Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hat offenbar die Notbremse gezogen: In NRW verzögert sich die Umsetzung der Inklusion. Ein Streit über die Finanzierung ist entbrannt.
Auf einen Referententwurf vom November habe es viele, sich teils widersprechende Rückmeldungen von den Verbänden geben, sagte ein Schulministeriumssprecher. «Den einen geht es zu schnell, den anderen zu langsam.» Besonders schwierig seien die Gespräche mit den Kommunen über die Finanzierung. «Hier gibt es bisher keine Annäherung». Die Kommunen sehen das Land in der Pflicht, da das Land ihnen diese Aufgabe neu zuweise. Der Sprecher sagte aber, bei dieser Generationenaufgabe müssten sich alle beteiligen. Das Land werde binnen drei Jahren knapp 1700 neue Stellen für die sonderpädagogische Förderung bereitstellen.
Auch von Lehrern und Eltern kam Kritik. Der Verband Bildung und Erziehung sieht die Schulen noch nicht gerüstet für die Aufgabe. Lehrer seien grundsätzlich bereit, sich der großen Herausforderung zu stellen, sagte der VBE-Bundes- und Landesvorsitzende Udo Beckmann. Aber: «Wir brauchen nach unseren Berechnungen mindestens 7000 zusätzliche Sonderpädagogen, wenn wir es vernünftig machen wollen.» Bei Personal, Fortbildung und bauliche Voraussetzungen sei noch vieles zu tun. «Es ist niemandem mit einem Schnellschuss gedient, weder den Kindern mit Behinderung noch den Kindern ohne Behinderung.»
Die 2009 in Kraft getretene UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet auch alle Bundesländer, auf Elternwunsch inklusiven Unterricht anzubieten. Nach mehreren Studien sind viele Eltern nichtbehinderter Kinder skeptisch gegenüber der Inklusion und befürchten ein Absinken des Leistungsniveaus. Ein Sprecher des Sozialverbands Deutschland sagte, durch die intensive öffentliche Debatte der letzten Monate sei das Bewusstsein der Eltern für das Thema insgesamt gewachsen. Es gebe zwar weiter viele Bedenken, aber auch die positiven Aspekte würden stärker gesehen. Dazu gehörten ein effektives Lernen für Schüler mit besonderem Förderbedarf und eine erhöhte soziale Kompetenz für Kinder ohne Behinderung.
„Chaos, Verwirrung und Unsicherheit“
Die CDU-Fraktion hatte bereits kritisiert, dass in den Kommunen «Chaos, Verwirrung und Unsicherheit» herrschten, weil Finanzierung und Verantwortlichkeiten ungeklärt seien. Die FDP-Fraktion sprach angesichts der Verschiebung von einem «Armutszeugnis». Die Piratenfraktion erklärte: «Jetzt bleibt zu hoffen, dass die Kommunen keine kalte Inklusion betreiben, indem sie ohne die notwendige Qualitätssicherung Förderschulen auflösen.»
Nach den jüngsten – im Sommer vorgelegten – Zahlen werden in NRW rund 99.500 behinderte Schüler an 683 Förderschulen unterrichtet. Rund 20 Prozent der Schüler mit speziellem Förderbedarf lernen bereits in Regelschulen, die meisten in Grundschulen. Im Juli hatte der Landtag mit Stimmen von SPD, Grünen und einigen Piraten Eckpunkte zur Inklusion verabschiedet, mit dem Starttermin 2013/2014. Die Regierung war zu einem zeitnahen Gesetzentwurf entlang dieser Positionen aufgefordert worden.
Dem Schulministerium zufolge gibt es keinen abschließenden Zeitplan für das Gesetz, da zunächst alle Stellungnahmen ausgewertet werden müssten. Entscheidend sei, dass das Gesetz rechtzeitig vor Beginn der nächsten Anmeldephase für die Grundschulen im November 2013 in Kraft trete, um dann 2014/2015 greifen zu können. dpa
(4.1.2013)
Zum Bericht: „Elternverband: Inklusion überfordert Lehrer“
Schade, dass die hirnrissige Idee des inklusiven Lernens sich in der Realisierung nur verlangsamt und nicht endgültig vom Tisch verschwindet.
na, mit der Bezeichnung „hirnrissig“ hat sich der Verfasser bereits als unwissend geoutet – immerhin ist eine ratifizierte UN-Konvention geltendes Recht.
Einklagbar.
Damit ist vielmehr das Recht, Menschen und damit auch Kinder zu sortieren nämlich vom Tisch.
Schreiben Menschenrechte zwingend das inklusive Lernen vor oder ist dies eine Sache der Ableitung bzw. Auslegung?
Was Sie schreiben, Greet, ist simples Nachplappern gutmenschlicher Phraseologie.
Vielleicht plädieren Sie auch für Inklusion im Sportbereich, etwa die Zusammenlegung von olympischen und paralympischen Spielen. Auch hier werden die Menschen „sortiert“. Sie könnten auch dafür sein, dass Männer und Frauen in den Disziplinen nicht mehr getrennt antreten wegen ihrer unterschiedlichen Leistungsfähigkeit.
Wird die Welt durch eine solche Gleichmacherei gerechter oder ungerechter?
Der gesunde Blick und Menschenverstand machen doch Bocksprünge bei solchen Vorstellungen.