Studiengebühren ade – aber wie kommen Hochschulen jetzt an Geld?

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BERLIN. Der Wissenschaftsrat wird im Frühjahr sein Konzept für die künftige Finanzierung von Hochschulen und Forschung vorlegen. Die Grünen eröffnen die politische Debatte jetzt mit eigenen Vorschlägen.

Viele Studenten - wenig Geld: Die Situation der Hochschulen spitzt sich zu. Foto: Images of money / Flickr (CC BY 2.0)
Viele Studenten – wenig Geld: Die Situation der Hochschulen spitzt sich zu. Foto: Images of money / Flickr (CC BY 2.0)

 2,5 Millionen Studenten – und ein Ende des Studienanfängerbooms ist noch nicht absehbar. Wenn in diesem Jahr im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen ein doppelter Abiturientenjahrgang die Schulen verlässt, wird bundesweit an den Hochschulen ein neuer Einschreibrekord erwartet. Mit Sorge blickt die Wissenschaft den nächsten Jahren entgegen. Die Schuldenbremse wirft in der Haushaltsplanung von Bund und Ländern ihre Schatten voraus. Wie soll das für die deutsche Industrienation so wichtige, aber immer teurere Wissenschaftssystem künftig angemessen finanziert werden?

Im Wissenschaftsrat wird derzeit über neuen Konzepten und Strukturen für Hochschulen und Forschung gebrütet. Die Empfehlungen des Gremiums, das Bund und Länder seit Jahrzehnten berät, werden ab April erwartet. Extrem hohe Hoffnungen sind damit verbunden. Doch Insider wissen auch, dass die Experten in Köln weder das Rad neu erfinden noch eigenes Geld drucken können. Auch der Bildungshaushalt des Bundes soll nach Planung von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ab 2014 nicht mehr steigen, sondern sinken. Und noch dramatischer sieht es in den meisten Bundesländern aus.

Probleme der Hochschulen haben sich verschärft

Als erste haben die Bildungspolitiker der Grünen, Krista Sager und Kai Gehring, den zu erwarteten Diskussionsreigen im Wahljahr 2013 eröffnet und eigene Bausteine zur Neuordnung der Finanzierung des Wissenschaftssystems vorgelegt. Ihre Kernthese: Die zusätzlichen Milliarden-Investitionen der vergangenen Jahre von Bund und Ländern in die Forschung mögen sinnvoll gewesen sein. Die aktuellen Probleme der Hochschulen – nämlich die mangelnde Grundfinanzierung und die unsicheren Berufsperspektiven für den wissenschaftlichen Nachwuchs – wurden jedoch nicht gelöst, sondern zum Teil sogar noch verschärft.

Sager und Gehring listen auf, dass zwischen 1995 und 2008 die Grundmittel der Hochschulen nur um 16 Prozent gestiegen sind. Das ist weniger, als zugleich die Inflation verschlungen hat. Dabei mussten die Hochschulen einen Anstieg der Studienanfängerzahl um 34 Prozent verkraften. Zwar konnten vor allem die Universitäten ihren Drittmittelanteil für die Forschung erheblich steigern – doch wegen des notwendigen Eigenanteils wurden zugleich zusätzliche Gelder aus der ohnehin zu knappen Grundfinanzierung gebunden – und dies häufig zulasten von Lehre und Studium.

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Die Ausweitung der Forschung hat zudem zu einer «exzessiven Befristungspraxis» bei den Nachwuchswissenschaftlern geführt. Jahrzehntelang kamen im Hochschulbereich auf einen unbefristeten Vertrag drei befristete. Heute sind dies fünf. 83 Prozent der Fristverträge haben eine Laufzeit von unter einem Jahr.

Sager und Gehring halten es für unrealistisch, eine notwendige Grundgesetzänderung an die Erwartung zu knüpfen, dass der Bund künftig flächendeckend große Teile der Grundfinanzierung übernimmt. Stattdessen plädieren sie für eine Entlastung der Länder, indem der Bund höhere Finanzierungsanteile bei den großen Forschungsorganisationen stemmt, wie etwa der DFG, der MPG und der Leibniz-Gemeinschaft. Statt für 50 Prozent der Kosten soll der Bund künftig für 70 Prozent aufkommen.

Den Vorschlag von Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) für eine Grundgesetzänderung lehnen die Grünen als unzureichend ab, weil er ledigliche zu einer Bundesförderung von «zehn bis fünfzehn Leuchtturm-Universitäten» führen würde. Die politische Debatte im Wahljahr 2013 ist eröffnet. Die Wissenschaft wartet auf Ergebnisse.

Zum Bericht: „Gute Chancen auf deutschlandweite Abschaffung der Studiengebühren“

 

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