Tarifstreit: Möllering nennt 6,5 % mehr Lohn für Lehrer „absurd“

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BERLIN. Eine lineare Gehaltserhöhung um 6,5 Prozent und die Tarifierung der Eingruppierungsregelungen für Lehrkräfte fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) in der Tarifrunde für den öffentlichen Dienst der Länder 2013. „Absurd“, sagt Niedersachsens Finanzminister Hartmut Möllring (CDU), langjähriger Verhandlungsführer der Länder, dazu.

 

Hartmut Möllring (CDU), Niedersachsens amtierender Finanzminister Foto: Thomas Gasparini/Finanzministerium Niedersachsen, Thomas Gasparini
Hartmut Möllring (CDU), Niedersachsens amtierender Finanzminister Foto: Thomas Gasparini/Finanzministerium Niedersachsen, Thomas Gasparini

Möllring kommentierte die Forderung der GEW in einem Interview mit der Düsseldorfer Zeitung „Rheinische Post“ als absurd. „Eine solche Erhöhung wird kein Finanzminister der 16 Bundesländer sich leisten können“, so der CDU-Politiker. „Was zu vertreten ist, muss die Verhandlungskommission entscheiden. Da will ich nicht vorgreifen“, sagte Möllring.

Der Finanzminister erklärte weiter, dass ein Prozentpunkt Lohnerhöhung allein das Land Niedersachsen etwa 100 Millionen Euro koste. Die Forderung beliefe sich also auf 650 Millionen Euro in Niedersachsen, bundesweit kämen etwa 6,5 Milliarden Euro zusammen.

Möllring bleibt auf Konsolidierungskurs

„So lange man kein Geld übrig hat, gilt es, in allen Ländern weiter zu konsolidieren. Spätestens 2020 ist ja wegen der Schuldenbremse Schluss mit dem Schuldenmachen. Da die Personalausgaben bei den Länder am höchsten sind – sie machen knapp die Hälfte aus – müssen auch die Beschäftigten ihren Beitrag leisten, Angestellte genauso wie Beamte“, kommentierte Möllring die Frage der Zeitung, warum die steigenden Steuereinnahmen nicht an die Arbeitnehmer weitergegeben werden sollen. „Die Lehrer sind der größte Personalkörper, dann kommen die Universitäten, dann die Rechtsprechung, die Polizei und die Finanzämter. Das sind Kosten die weder Bund noch Kommunen haben. Deshalb brauchen wir Augenmaß bei den Tarifsteigerungen“, so Möllring weiter.

Zu der Frage, ob der öffentliche Dienst noch ein attraktiver Arbeitgeber sei, sagte Möllring, dass die Lehrer Niedersachsens zu den bestbezahlten in ganz Europa zählten. „Wenn nicht sogar auf der ganzen Welt.“

GEW: Anschluss halten an Bund, Kommunen und Wirtschaft

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft  sieht die Gehaltssituation der Lehrer weitaus weniger rosig: Mit einem Gehaltszuwachs von 6,5 Prozent, inklusive einer sozialen Komponente, wollen die Gewerkschaften laut eigener Aussage Anschluss halten an die Gehaltsentwicklung beim Bund und in den Kommunen sowie die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung.

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„Auch die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben ein Recht darauf, nach einem Jahrzehnt der Reallohnverluste und angesichts steigender Steuereinnahmen mit der allgemeinen Lohnentwicklung Schritt zu halten. Dafür ist eine deutliche Gehaltssteigerung nötig“, erläuterte GEW-Tarifexpertin Schaad die Forderung, mit der die Gewerkschaften am 31. Januar in die erste Verhandlungsrunde mit der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) gehen. Die Gewerkschaften verlangen, dass der Abschluss wirkungsgleich auf die rund zwei Millionen Beamtinnen und Beamte sowie Pensionäre der Länder übertragen wird.

Möllring sagte im Interview, dass ein hoher Abschluss Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst gefährde. „Einige Kollegen haben schon erklärt, dass ab einem bestimmten Prozentsatz Einsparungen im Personalbudget unumgänglich sind. Wenn der einzelne mehr bekommt, gibt es eben weniger Köpfe. Das ist keine Böswilligkeit, sondern Adam Riese.“

„Eingruppierung nach Gutsherrenart“ für angestellte Lehrkräfte

Die GEW hat in ihrem Forderungsbeschluss angegeben, dass der Einstieg in eine tarifliche Regelung zur Eingruppierung angestellter Lehrkräfte in ihren Forderungen hohe Priorität habe. „Seit 2006 halten uns die Arbeitgeber der Länder hin und verweigern den angestellten Lehrkräften, der größten Beschäftigtengruppe im öffentlichen Dienst der Länder, einen Tarifvertrag. Jedes Bundesland zahlt den Lehrkräften auf Grundlage einseitig diktierter Arbeitgeber-Richtlinien und -Erlasse ein anderes Gehalt. Diese Eingruppierung nach Gutsherrenart ist nicht zeitgemäß und undemokratisch“, sagte GEW-Tarifexpertin Ilse Schaad.

Der niedersächsische Finanzministerin betonte, dass diese Forderung der GEW kein Schritt in Richtung einer Lohngerechtigkeit sei. „Zunächst mal geht es ja nur um die sogenannten Nichterfüller, also Lehrer die nicht die gleichen Voraussetzungen erfüllen wie ein verbeamteter Lehrer“, so Möllring gegenüber der „Rheinischen Post“. „Das sind in der Regel Quereinsteiger, die keine pädagogische Ausbildung haben. Allein aus Lohngerechtigkeit kann man denen doch nicht das gleiche zahlen, wie einem Pädagogen, der dafür ein langes Studium mit Staatsexamen und Referendariat absolviert hat. Das sehen auch viele in der Lehrerschaft so.“

Am 20. Januar wird in Niedersachsen gewählt. Dann droht der CDU ein Machtverlust durch rot-grün.

(05.01.2013)

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Birgit
11 Jahre zuvor

Mir wäre lieber, die GEW würde sich nicht ständig für verrückte, links-ideologisch orientierte Reformen stark machen. Diese haben den Schulen über Jahrzehnte hinweg sehr geschadet und die Schülerleistungen ständig bergab gesteuert.
Dafür würde ich bei der GEW gern auf starke Muskeln in Lohnverhandlungen verzichten. Das Berufsleben der Lehrer wurde nicht durch zu wenig Gehalt erschwert, sondern durch Forderungen der GEW, welche nach außen schön klangen, nach innen aber verheerende Auswirkungen zeigten.
Im Moment ist die Inklusion das Steckenpferd der GEW – sehr zum Schrecken der meisten Lehrer. Ob höhere Lohnforderungen helfen, auch diesen Brocken wieder zu schlucken, wage ich doch sehr zu bezweifeln.

mehrnachdenken
11 Jahre zuvor

@ Birgit
Ich wünsche Ihnen zunächst einmal ein gutes neues Jahr.
Inhaltlich stimme ich Ihren Worten voll zu. Aber ich frage Sie: Warum lassen sich so viele Lehrkräfte derart blenden?

Birgit
11 Jahre zuvor

@mehrnachdenken
Herzlichen Dank! Auch ich wünsche Ihnen ein erfreuliches neues Jahr.
Soeben habe ich ich einen tollen Kommentar von Knut M. gelesen, der exakt meine Antwort auf Ihre Frage sein könnte, denn ich finde nicht, dass sich so viele Lehrer blenden lassen. Viele aber verhalten sich wie Opferlämmer, die sich bereitwillig in ihr Schicksal ergeben und nicht merken, dass sie mit dieser Tatenlosigkeit dazu beitragen, sich selbst, den Schulen und dem Bildungswesen schlechthin immer weiter das eigene Grab zu schaufeln.
Wer sich wider besserem Wissen zum Spielball politischer, ideologischer und gewerkschaftlicher Fremdinteressen machen lässt, dem ist kaum zu helfen. Hier muss Selbsthilfe her, denn von außen wird Hilfe nicht kommen. Im Gegenteil.

Tom
11 Jahre zuvor

Ob die deutschen Lehrer zu den bestbezahlten der Welt gehören bezweifle ich, abgesehen davon ist es unerheblich, ob z.B. ein Mathematiklehrer in Deutschland mehr verdient als einer in Portugal, wesentlich ist, wie viel weniger er verdienen darf als ein Versicherungsmathematiker, damit sein Idealismus ausreicht, um ihn diese Gehaltsdifferenz in Kauf nehmen zu lassen. Momentan finden wir jedenfalls bereits zu wenige und die Schere geht auseinander.
Das es bei Rekordsteuereinnahmen und geringer Arbeitslosigkeit nicht möglich sein soll, die Gehälter zu erhöhen, ist ein Witz. Es ist gut, wenn z.B. in Berlin Geld für kostenlose Krippenplätze ausgegeben wird, denn das ist eine Investition in unsere Zukunft, gut Lehrer sind es aber auch. Beides ist nicht umsonst zu haben.

Rainer Hübner
10 Jahre zuvor

Ich finde es mutig von Herrn Möllring einen Vergleich zu Lehrern in anderen Bundesländern bzw. zu Europa zu machen. Er sollte sich doch fragen, warum so viele Junglehrer Niedersachsen verlassen und in andere Bundesländer gehen, wahrscheinlich weil die Arbeitsbedingungen dort schlechter und die Bezahlung miserabler zu Niedersachsen ist. Wenn ich mir mit meinen Parteifreunden im niedersächsichen Landtag gerade einen Tarifschluck von 21,3% ( 18 plus 3,3 %) mehr Gehalt gegönnt habe, bin ich natürlich bei meinem überdimensonalen Gehalts- und Pensionsansprüchen alle Sorgen los.

Ina
10 Jahre zuvor

Deutsche Lehrer rangieren im OECD-Ranking das Gehalt betreffend auf Rang drei hinter Luxemburg und der Schweiz. Bereinigt um die Lebenshaltungskosten sogar nur hinter Luxemburg. Schaut euch mal an, was ein Lehrer in Österreich verdient – und Versicherungsmathematiker als Alternative gibt es dort wohl auch. Vielleicht werden so dann eher mehr Leute Lehrer, die auch wirklich mit Kindern arbeiten wollen. Gut so! M.E. hinken die Gehaltsvergleiche mit der Wirtschaft grundsätzlich, solange man von verbeamteten Lehrerin spricht. Die berufliche Sicherheit gibt’s nämlich (zu recht!) auch nicht umsonst.

Grias Di
10 Jahre zuvor

Natürlich kann man jede Gehaltsforderung von Lehrern mit dem Verweis auf den sicheren Arbeitsplatz zurückweisen. Dann hätten Lehrer aber seit 60 Jahren keine Gehaltserhöhung mehr bekommen.

Ina
10 Jahre zuvor
Antwortet  Grias Di

Das überstrapaziert zwar meine Argumentation, aber sei’s drum. Im Übrigen überzeugt mich das Argument, dass es eine gewisse Verteilungsmasse in den öffentlichen Haushalten gibt, somit Gehaltserhöhungen für Menschen, die m.E. im nationalen wie internationalen Vergleich genug verdienen, Stellenstreichungen bedeuteten, mehr als ein einfache „Wir wollen aber mehr, weil Berufsgruppe xy auch mehr hat“. Mehr Geld hätten wir alle gerne, ich auch. Aber ich finde, Lehrer jammern auf hinreichend hohem Niveau, um das Jammern zugunsten der öffentlichen Hand noch eine Weile zu ignorieren (was das Geld angeht). Bezüglich des Rests bin ich ganz beim ersten Kommentar.

Manfred Millmann
9 Jahre zuvor

Moellring ventiliert schlichtweg den Kampf der CDU gegen Lehrer und gegen Bildung nach der Devise:
Die Menschen müssen dumm bleiben, dann kommen sie auch nicht auf die Idee, kritische Fragen zu stellen.