Studiengebühren – Bayerns Regierungs-Koalition in schwieriger Lage

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MÜNCHEN. Die CSU lehnt auch nach dem erfolgreichen Volksbegehren einen Volksentscheid über die Studiengebühren strikt ab und will sie mit einem Landtagsbeschluss kippen. Die FDP bleibt hart und warnt vor Drohgebärden.

Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte nach einer Sitzung des CSU-Vorstands, innerhalb der nächsten beiden Wochen solle eine Lösung gefunden werden. Dabei versuchte er die FDP mit einem neuen Angebot zu locken: Gleichzeitig mit der Abschaffung der Studiengebühren sollen im Landtag Kompensationszahlungen für die Hochschulen beschlossen werden. Ziel sei es, den Hochschulen die wegfallenden Studiengebühren voll zu erstatten – abzüglich der Verwaltungskosten, sagte er. Zudem solle auch beschlossen werden, wie man mit den Gebühren für die berufliche Bildung künftig umgehe.

Horst Seehofer. Foto: Henning Schlottmann / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer hält den Weg des Volksentscheids über die Studiengebühren auch aufgrund der Verfassungslage praktisch für nicht gangbar. Foto: Henning Schlottmann / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Mit diesem Vorschlag gehe man nun in die Verhandlungen mit der FDP, sagte Seehofer – von einem Ultimatum wollte er aber explizit nicht sprechen: «In einer Koalition stellt man keine Ultimaten.» Es sei auch nicht hilfreich, zum jetzigen Zeitpunkt über mögliche Konsequenzen zu diskutieren für den Fall, dass es keine Lösung gibt.

Wie der Disput gelöst werden kann, war auch nach der sitzung des CSU-Vorstands aber nicht in Sicht – im Gegenteil. Aus der CSU gab es neue Forderungen, die Abstimmung im Landtag freizugeben. Die FDP dagegen verwahrte sich gegen derartige «Drohgebärden» und betonte, die CSU wisse sehr genau, was auf dem Spiel stehe – nämlich der Fortbestand der Koalition.

Seehofer selbst sprach von einer schwierigen Lage – diese sei aber noch nicht krisenhaft, betonte er. Er setzt trotz exakt gegenteiliger Positionen weiter auf eine Einigung mit der FDP: «Ich werde alles dafür tun, dass es auch zu einer einvernehmlichen Lösung kommt.» Die Gespräche würden schwierig, er sei aber trotzdem zuversichtlich. Die CSU sei – und das sei die Position des gesamten Parteivorstands – an einer weiteren, guten Zusammenarbeit mit der FDP interessiert.

Gleichzeitig aber machte Seehofer deutlich, dass er einen Volksentscheid über die Studiengebühren nicht nur strikt ablehnt, sondern einen solchen auch aufgrund der Verfassungslage praktisch nicht für gangbar hält. Denn die Staatsregierung müsse zu dem Volksbegehren ihre Auffassung darlegen – und da gebe es nur zwei Möglichkeiten: «Die Staatsregierung legt dar, wir sind der Meinung des Volkes – dann stellt sich zwingend die Frage, warum schafft ihr sie dann nicht im Landtag ab. Oder wir legen dar, wir sind nicht der Meinung des Volkes – dann ist das eine Abstimmung über die bayerische Staatsregierung.» Und den Weg, darzulegen, dass es in der Regierung zwei Meinungen gebe, könne man nicht ernsthaft in Erwägung ziehen.

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An dem Volksbegehren gegen die Studiengebühren hatten sich 14,4 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Damit kommt es nun zum Volksentscheid – wenn die Gebühren nicht vorher im Landtag mit Mehrheit abgeschafft werden. In der bayerischen Bevölkerung wollen mehreren Umfragen zufolge bis zu drei Viertel deren Aus.

Auch mit Verweis auf diese Zahlen will Seehofer die FDP zum Einlenken bewegen. Die Umfragen seien eindeutig, und die Beteiligung am Volksbegehren sei herausragend gewesen. Zudem seien nicht nur 75 Prozent der Bevölkerung, sondern auch mehr als 90 Prozent der Abgeordneten für die Abschaffung. FDP-Fraktionschef Thomas Hacker betonte dagegen, die FDP wolle dem Volk nun die Chance geben, bei einem Volksentscheid seine Meinung zu äußern – wohl im September.

Über das weitere Vorgehen für den Fall, dass die FDP hart bleibt, wurde in der Vorstandssitzung nicht gesprochen. Vor der Sitzung dagegen hatte Fraktionschef Georg Schmid nicht ausgeschlossen, dass die CSU im Landtag dann auch mit der Opposition stimmen könnte: «Ich glaube, dass wir dann das Heft des Handelns übernehmen müssen in einer solchen Situation.» Der CSU-Ehrenvorsitzende Edmund Stoiber forderte wie zuvor auch Schmid, die Abstimmung freizugeben. Und CSU-Fraktionsvize Alexander König kündigte an, im Landtag für seine eigene Überzeugung zu stimmen – also für das Aus für die Gebühren.

Seehofer sagte dazu, derlei Äußerungen seien vor der Sitzung gewesen – seither gebe es eine gemeinsame Position. Ab sofort wären deshalb abweichende Äußerungen nicht mehr in Ordnung, betonte er.

Vize-Ministerpräsident Martin Zeil (FDP) warnte die CSU vor irgendwelchen Drohungen. «Ich kann allen nur raten, sachlich und unaufgeregt in die jetzt folgenden Gespräche zu gehen», sagte er und betonte: «Mit Drohgebärden kommen wir nicht weiter. Das ist kein angemessener Umgang in einer Koalition.» Aber auch CSU-Fraktionschef Schmid betonte, er wolle keinen Bruch des Regierungsbündnisses wenige Monate vor der Landtagswahl: «Wenn man beim Marathon 40 Kilometer geschafft hat, sollte man bei den letzten zwei nicht aufgeben.» (dpa)

(04.02.2013)

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