SchülerVZ wird Ende April abgeschaltet

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BERLIN. Im Bereich der Online-Netzwerke galt SchülerVZ für viele Lehrer und Eltern noch als relativ geschützter Raum. Das hat die Plattform aber nicht vor dem Nutzerschwund bewahren können. Ende April schließt nun das erste der VZ-Netzwerke.

Pinke Luftballons, Krawall-Affen und Konfetti: Das war das SchülerVZ. «Wir haben uns gefreut, euch eine Weile zu begleiten», erklären jetzt die Betreiber zum Abschied. Ende April soll das Soziale Netzwerk nach sechs Jahren eingestellt werden. Das SchülerVZ wollte Kindern und Jugendlichen ab zehn Jahren einen geschützten Raum bieten – und sie später für die anderen Portale der Gruppe gewinnen, StudiVZ für Studenten, MeinVZ für Erwachsene und die Foto-Plattform VZ Fotobuch. Doch jetzt gibt SchülerVZ als erstes der VZ-Netzwerke auf. Zum Monatsende hat es sich ausgegruschelt.

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Nach sechs Jahren Betrieb wird SchülerVZ Ende April 2013 abgeschaltet. Foto: Harald Wanetschka / pixelio.de

 

Das Gruscheln – ein Kunstwort aus Grüßen und Kuscheln – war lange das Markenzeichen von StudiVZ. Das Online-Netzwerk für Studenten wurde 2005 nach dem US-Vorbild Facebook gegründet, das damals noch auf Universitäten beschränkt war. Auch SchülerVZ richtete sich an eine eng begrenzte Zielgruppe: Um unerwünschte Erwachsene fernzuhalten, konnte man nur auf Einladung eines anderen Mitglieds beitreten.

«Ein gesicherter Raum für Schüler im Internet ist eine gute Sache», sagt der Social-Media-Experte und Internet-Unternehmer Marco Ripanti der dpa. «Es ist tragisch, dass jetzt die sinnvollste Plattform der VZ-Gruppe zuerst geschlossen wird. Da ist auch eine große Chance vertan worden.» Das Netzwerk speziell für Kinder und Jugendliche sollte zwischenzeitlich als Bildungsangebot umgebaut werden, doch der Richtungswechsel kam zu spät.

Der große Bruder StudiVZ sah lange wie eine deutsche Erfolgsgeschichte im Internet aus. «StudiVZ ist wie eine Campus-Party», sagte 2007 ein Mainzer Student, «sehen und gesehen werden, Kontakte knüpfen und flirten, was das Zeug hält.» Zwei Jahre nach dem Start verkauften die StudiVZ-Gründer ihre Plattform an die Verlagsgruppe Holtzbrinck – als Kaufpreis waren 85 Millionen Euro im Gespräch.

Auch der Einstieg von Facebook in den deutschsprachigen Markt konnte StudiVZ 2008 zunächst nichts anhaben. Erst einige Jahre später setzte die Abwanderung ein: Immer mehr Nutzer wollten sich auch mit internationalen Kontakten vernetzen oder fanden die Trennung zwischen Studentenleben und Erwachsensein auf StudiVZ und MeinVZ zu umständlich.

Die drei VZ-Netzwerke verloren unaufhaltsam ihre Mitglieder: Ende 2010 hatten sie noch mehr als 12 Millionen Nutzer. Im Dezember 2012 waren es nur noch 1,6 Millionen. Mehrfach versuchten die Betreiber vergeblich, den Nutzerschwund aufzuhalten. Die Webseite WannstirbtStudiVZ.net hielt den Rückgang der Nutzerzahlen beim StudiVZ über die Jahre hinweg fest und sagt nun ein endgültiges Aus für Februar 2014 voraus.

Schlagzeilen machten die Netzwerke mit Datenpannen – im Oktober 2009 wurden der Verbraucherzentrale mehr als 100 000 Datensätze aus dem Schüler-VZ zugespielt, darunter persönliche Profildaten, zu denen nur Freunde von Netzwerk-Mitgliedern Zugang hatten. Danach wurde die Sicherheit verbessert. Während die Kritik am Umgang von Facebook mit persönlichen Daten immer lauter wurde, versuchte die VZ-Gruppe, mit Datenschutz zu punkten. Dies wurde dann auch von Verbraucherschützern positiv registriert.

Dennoch entwickelte sich das SchülerVZ im vergangenen Jahr zu einer Art Geisterstadt: Etliche Nutzer legten sich Phantasie-Namen zu und spielten mit fiktiven virtuellen Identitäten. Sogar ein eigenes Fake-Verzeichnis wurde eingerichtet, bei dem man sich weiter anmelden kann. Die Holtzbrinck-Gruppe stieg im September 2012 aus und verkaufte die VZ-Netzwerke an die Investmentgesellschaft Vert Capital. Nur die Techniksparte verblieb bei Holtzbrinck Digital. StudiVZ und MeinVZ bestehen erst einmal weiter, ihre Zukunft scheint aber unklar.

Der Internet-Unternehmer Ripanti gibt der Marke VZ keine Chance mehr: «Das ist verbrannt.» Für einen nationalen Anbieter sei es sehr schwierig, gegen Facebook zu bestehen. Statt einer landesweiten Plattform können sich eher Netzwerke mit einem regionalen Schwerpunkt behaupten. So hat «Wer Kennt Wen» in Rheinland-Pfalz, Hessen und Saarland weiter eine aktive und stabile Community. «Die Zukunft liegt im Regionalen», sagt Ripanti. «Für viele ist Facebook zu groß, sie wollen sich online mit Leuten aus ihrer Umgebung vernetzen.» (Jessica Binsch, Peter Zschunke, dpa)

(09.04.2013)

SchülerVZ zur Abschaltung

zum Bericht: Jugendbericht: Facebook-Monopol „hoch problematisch“

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