Brandenburg zahlt jeder Schule 625 Euro für Klassenfahrten – Kritiker: Reicht nicht!

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POTSDAM. Lehrer in Brandenburg sollen ihre Kosten bei Klassenfahrten künftig nicht mehr fast allein tragen. Das Bildungsministerium stockt den Etat dafür auf. Kritikern reicht das Geld trotzdem bei weitem nicht.

Das brandenburgische Bildungsministerium stellt mehr Geld für Klassenfahrten zur Verfügung. Der Betrag von bisher 150.000 Euro werde für das Schuljahr 2013/14 auf 500.000 Euro aufgestockt, sagte Ministerin Martina Münch (SPD) in Potsdam. Alle Lehrer könnten grundsätzlich und ohne Vorbedingungen für genehmigte Klassen- und Schulfahrten die Erstattung der Reisekosten beantragen. Um die Finanzierung der Fahrten gibt es Streit, weil Lehrer sie bislang weitgehend aus eigener Tasche zahlen mussten. Künftig sollen den Schulen Budgets zugewiesen werden.

Klassenfahrten müssten pädagogisch sinnvoll sein, betonte Münch und nannte als Beispiele den Besuch von Gedenkstätten und bestimmte Auslandsreisen. Darüber könnten maßgeblich die Schulen entscheiden. Einzelheiten wird laut Münch eine Rechtsvorschrift regeln, die für den Herbst geplant sei und für das Schuljahr 2014/15 gelten solle. Welche Summe dann bereitgestellt wird, lasse sich noch nicht sagen. In einer Übergangsregelung werde es für alle schon geplanten Klassen- und Schulfahrten eine Genehmigung geben.

Anfang April hatte das Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) einem Lehrer recht gegeben, der gegen die Praxis des Landes geklagt hatte, wonach Pädagogen ihre Klassenreisen im Wesentlichen selbst zahlen mussten. Das Bildungsressort verhängte darauf einen einstweiligen Planungsstopp für solche Fahrten, sofern sie nicht schon fest geplant oder gar gebucht waren. Auch jetzt schränkte Münch ein: «Dass alle Klassenfahrten finanziert werden, kann ich nicht garantieren.»

Lehrer werden nach ihren Angaben künftig sechs Zehntel der Aufwandsentschädigung gemäß Bundesreisekostengesetz erstattet und nicht mehr nur zwei Zehntel wie bisher. Solange die Schulen über Geld verfügten, seien ihre Leiter für die Genehmigung von Fahrten zuständig, ansonsten die Schulämter.

Die bildungspolitische Sprecherin der Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Marie Luise von Halem äußerte die Befürchtung, dass sich für viele Pädagogen nichts ändern wird. «Der Streit im Lehrerzimmer, wessen Fahrtkosten übernommen werden, ist programmiert.» Der angekündigte Etat von 500.000 Euro – 625 Euro pro Schule – werde absehbar nicht die tatsächlichen Kosten abdecken. Aus den neuen Budgets für Schulen müssten auch sämtliche Dienstfahrten von Lehrkräften wie solche der Schulmannschaft zum Fußballturnier oder Exkursionen anlässlich Projekttagen bestritten werden. dpa

(8.5.2013)

Zum Bericht: „Brandenburg: Jede Schule soll Budget für Klassenfahrten bekommen“
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4 Kommentare
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sofawolf
10 Jahre zuvor

Dass Lehrer die Kosten für Klassenfahrten selbst tragen, finde ich eigentlich (!) vertretbar, denn die Schüler müssen ihre Kosten ja auch selbst tragen und der Lehrer bekommt ja auch in dieser Zeit sein Gehalt, obwohl er keinen Unterricht macht (hat also keine Gehaltseinbußen durch die Klassenfahrt, so meine ich das) – allerdings müsste der Lehrer dann wie ein Schüler auch die Möglichkeit haben, aufgrund zu hoher Kosten an einer Klassenfahrt nicht teilzunehmen, denn man kann ihn ja nicht verpflichten, Kosten zu übernehmen, die er womöglich nicht tragen kann. Wenn wiederum die Schule bzw. der Staat der Meinung sind, der Lehrer (Klassenleiter z.B.) MUSS an der Klassenfahrt seiner Klasse teilnehmen, DANN muss auch die Schule bzw. der Staat die Kosten dafür tragen. Finde ich.

sofawolf
10 Jahre zuvor

PS: Achso, an meiner Schule ist es übrigens so, dass die Kosten der „schulischen Begleiter“ (Klassenleiter und 1 weitere Begleitperson) auf die Eltern „umgelegt“ werden. Das finde ich im obigen Sinne akzeptabel, weil ich ja nicht die Möglichkeit habe zu sagen, dass ich die Fahrt nicht mitmache, weil sie mir zu teuer ist. Ob das neue Urteil zu den Klassenfahrten nun dazu führt, dass der Schulträger diese Kosten wieder übernimmt, da bin ich mal gespannt. Aber letztlich könnte er sich das dann auch wieder auf anderem Wege von den Eltern holen (Schulgelderhöhung). Wir Lehrer finanzieren das ja ohnehin schon durch geringere Gehälter als im öffentlichen Schuldienst mit – worüber ich nicht klage, denn dafür finde ich unsere Arbeitsbedingungen besser und das ist mir wichtiger als das Geld.

klexel
10 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

1. Zitat sofawolf: „obwohl er keinen Unterricht macht“ – Ich mache 4-5 Tage lang 24 Stunden Dienst mit pro Nacht 3-4 Stunden Schlaf – das ist ohnehin unbezahlbar. – 2. Zitat sofawolf: „allerdings müsste der Lehrer dann wie ein Schüler auch die Möglichkeit haben, …..an einer Klassenfahrt nicht teilzunehmen, denn man kann ihn ja nicht verpflichten….“ Kein Lehrer ist gezwungen, eine Klassenfahrt zu unternehmen oder daran teilzunehmen, egal aus welchen Gründen. Bei uns gibt es Kollegen, die grundsätzlich nicht fahren, die fragt auch keiner mehr.

klexel
10 Jahre zuvor
Antwortet  sofawolf

3. Zitat sofawolf: „Dass Lehrer die Kosten für Klassenfahrten selbst tragen, finde ich eigentlich (!) vertretbar, denn die Schüler müssen ihre Kosten ja auch selbst tragen.“ – Aber ich mache doch die Fahrt FÜR die Schüler und nicht zu meinem Privatvergnügen. Das ist in der Regel Stress pur, hohe Verantwortung, viel Vorbereitung und Nachbereitung, Kämpfe mit alkoholisierten Schülern, Streit und Liebeskummer schlichten und trösten, kaum Schlaf, 24 Std. Dienst etc. Und für dieses „Vergnügen“ soll ich zahlen? Da mach ich doch lieber Unterricht.