IHK-Studie warnt vor Akademisierung – Meister gesucht

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STUTTGART. Zu viele Akademiker, zu wenig beruflich qualifizierte Fachkräfte – das ist die Situation, in die sich Baden-Württemberg nach Ansicht der IHK hineinmanövriert. Sie fordert ein Umdenken in der Politik.

Ist das Abitur das Maß aller Dinge? Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de
Ist das Abitur das Maß aller Dinge? Foto: S. Hofschlaeger / pixelio.de

Die Bildungspolitik im Südwesten vernachlässigt nach Auffassung der Industrie- und Handelskammer Stuttgart die berufliche Ausbildung. Sie setze zu stark auf Abitur und Studium und trage damit zum Fachkräftemangel bei, sagte IHK-Hauptgeschäftsführer Andreas Richter.

Anlass war die Vorstellung einer Studie, die er beim Wifor-Institut in Darmstadt und der Universität Koblenz-Landau in Auftrag gegeben hat. Danach ist in Baden-Württemberg die Quote der Abiturienten mit 50,5 Prozent vier Prozentpunkte höher als im Bundesdurchschnitt. Bei den Lehrberufen zeigt sich ein gegenläufiger Trend. Die Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge liegt Ende April um vier Prozent unter dem Vorjahresniveau.

Damit ist für Richter abzusehen, dass sich der Fachkräftemangel weiter zuspitzen wird. Zurzeit fehlen laut IHK-Fachkräftemonitor rund 200 000 Fachkräfte, davon 156 000 aus der beruflichen Bildung. Deshalb müsse die Politik diesen Bereich stärken. «Würde die Zahl der Fachkräfte aus allen Qualifikationsstufen beispielsweise um je zehn Prozent erhöht, könnte der bis zum Jahr 2030 auf 400 000 fehlende Fachkräfte angewachsene Mangel um 104 000 Personen verringert werden, rechnete Richter vor.

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Besonders gefragt seien Fachwirte und Meister. «Wir werden deshalb bei den Betrieben verstärkt für die Weiterbildung der Fachkräfte werben», sagte Richter. Dies werde aber keinen Erfolg haben, wenn die Politik ihren Kurs nicht ändere. Als Hauptprobleme nannte Richter den Wegfall der Grundschulempfehlung, die Wiedereinführung von G9 und den Ausbau der beruflichen Gymnasien. Dies führe dazu, dass immer mehr Schüler das Abitur anstrebten. «Nicht wenige werden es aber an den Gymnasien nicht schaffen.» Sie könnten ohne Abiturdruck nicht nur glücklicher, sondern auch beruflich erfolgreicher werden.

Die IHK befürchtet, dass sich vor allem kleine und mittlere Unternehmen aus der Berufsausbildung verabschieden, wenn sie ihre Plätze nicht mehr besetzen können. «In der nächsten Rezession werden diese Ausbildungsangebote fehlen», sagte Richter. «Wir wünschen uns von der Landesregierung, dass sie an allen Schularten den jungen Menschen die Vorteile einer beruflichen Ausbildung nahe bringt.» Den Jugendlichen sollte bewusst sein, dass ihre Anstellungs- und Verdienstchancen in einem gewerblich-technischen Lehrberuf oft besser seien als mit manchem Masterstudiengang. dpa

(14.5.2013)

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