Menschenverachtend? Burschenschaften verzichten auf die „Definition „deutscher Student“

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EISENACH. „Deutschsein“, „Abstammung“, kultureller Hintergrund als Aufnahmekriterium: Die Themen über die die Burschenschaftler zurzeit in Eisenach diskutieren, alarmieren nicht nur die Polizeigewerkschaft. Auch wenn der sogenannte „Ariernachweis“ jetzt erstmal vom Tisch ist. 

Die Deutsche Burschenschaft wird nun doch nicht einheitliche Regeln mit strengen Abstammungskriterien für die Aufnahme in Studentenverbindungen festlegen. Stattdessen soll jede Verbindung selbst entscheiden, wen sie aufnimmt. Das teilte der Sprecher der umstrittenen Deutschen Burschenschaft, Walter Tributsch, am Freitag in Eisenach mit. Der Antrag, die Aufnahmeregelungen zu vereinheitlichen und die Definition des Deutschseins eng an das Bundesvertriebenengesetz anzulehnen, sei nach zwanzigminütiger Debatte zurückgezogen worden. Kritiker hatten den Burschenschaften vorgeworfen, eine Art «Ariernachweis» einführen zu wollen.

Zwei Jahre lang hatten die Burschenschaften teilweise heftig darüber gestritten, welchen kulturellen Hintergrund ein Student haben muss, um als deutsch zu gelten und damit Mitglied der Verbindungen werden zu können. Tributsch nannte die Zurückziehung des Vorschlages der Kommission eine «einheitsfördernde Entscheidung». Damit sei der Status aus dem Jahr 1971 wiederhergestellt worden.

Wandmalerei der Heidelberger Burschenschaft von 1901: Damals hatten die Studentenverbindungen noch kein Rechtsradikalenproblem. (Foto: Stefan Kühn/Wikipedia CC BY-SA 3.0)
Wandmalerei der Heidelberger Burschenschaft von 1901: Damals hatten die Studentenverbindungen noch kein Rechtsradikalenproblem. (Foto: Stefan Kühn/Wikipedia CC BY-SA 3.0)

Die Deutsche Polizeigewerkschaft forderte eine stärkere Beobachtung der Deutschen Burschenschaft durch den Verfassungsschutz. Die Diskussion in der Burschenschaft über die Einführung eines sogenannten Ariernachweises sei ein erschreckendes Beispiel für die ausgeprägten extremistischen und rassistischen Tendenzen in dieser Burschenschaft», erklärte der stellvertretende Bundesvorsitzende Hermann Benker in Berlin. Die Zugehörigkeit der Burschenschaftler zu einer altehrwürdigen Gemeinschaft mit akademischem Hintergrund dürfe nicht «über ihre in Teilen menschenverachtende Denkweise hinwegtäuschen», warnte Benker.

Die Burschen verabschiedeten laut Tributsch eine Resolution, in der sie die Europäische Union auffordern, einen eigenen Kommissar zu berufen, der sich um die Jugendarbeitslosigkeit in Europa kümmert. In der Deutschen Burschenschaft als Dachverband sind nach eigenen Angaben trotz Austritten etwa 100 Studentenverbindungen versammelt. Der Verband repräsentiere mehr als 10 000 Mitglieder im deutschen Sprachraum. dpa

(24.5.2013)

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