BLLV kritisiert: Thema Technik kommt im Unterricht zu kurz

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INGOLSTADT. Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) fordert eine bessere technische Grundbildung an allen Schulen. „Schülerinnen und Schüler können im Unterricht relativ wenig technische Erfahrungen machen. Beispiel Laptop und Handy: Die meisten sind zwar fit im Umgang, wie die Geräte aber funktionieren und welches Knowhow dahinter steckt, wissen die wenigsten – es interessiert auch nicht“, sagte BLLV-Präsident Klaus Wenzel im Vorfeld eines Technikkongresses, den der BLLV gemeinsam mit AUDI am Freitag, den 12. Juli in Ingolstadt veranstaltet.

Dieses Interesse gelte es unabhängig von der Schulart und dem Alter junger Menschen zu wecken. „Dazu braucht es entsprechend ausgebildete und motivierte Lehrer, neue Unterrichtsmethoden, Zeit und genügend Personal“, so Wenzel. Im Unterricht müsste ein ganzheitliches Technikverständnis vermittelt werden, bislang beschränke es sich zu sehr auf die Erklärung einzelner Funktionsweisen von Technik. Zusammenhänge, Folgen und Bedeutung für eine Gesellschaft würden zu wenig thematisiert. Wenzel appellierte an das bayerische Kultusministerium, die Lehrpläne entsprechend zu überarbeiten. Eine große Chance dafür gebe es derzeit etwa bei der Neugestaltung des Grundschullehrplanes. „Ziel muss sein, alle Kinder und Jugendliche für Technik zu begeistern.“ Nur so könne den Klagen über Defizite und dem Fachkräftemangel in technischen Berufen wirksam begegnet werden.

„Lehrstellen im technisch-gewerblichen Berufen stoßen auf ein immer geringer werdendes Interesse. Die Zahl an Studienanfängern und Absolventen in den Ingenieur- und Naturwissenschaft stagniert seit Jahren. Das führt dazu, dass technische Fachkräfte und Ingenieure in der Wirtschaft und im Öffentlichen Dienst fehlen“, machte Wenzel deutlich. Hinzu komme, dass sich die Gesellschaft in einem technisch-ökologischen Umbruch ohnegleichen befinde.

Auf diese Herausforderungen müsse anders als bisher reagiert werden. Für Schule bedeute dies, gerade für technische Bereiche entsprechend ausgebildete Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen. „Dazu braucht es eine deutliche Verbesserung des Technikwissens und -verständnisses der Lehrkräfte durch Weiterbildung bzw. Veränderungen in der Lehrerbildung.“ Es müsse auch diskutiert werden, ob Technik – wie ab der 7. Jahrgangsstufe der Mittelschulen etabliert – an allen bayerischen Schulen als eigenständiges Fach einzuführen sei, wie Allgemeinbildung, Grundlagenwissen, methodisches Lernen und Arbeiten noch besser gefördert werden könnten oder wie technikrelevante Themen und Fächer als Pflichtanteil in den Förderkatalog der Gymnasien und Realschulen aufzunehmen seien.

Wenzel: „Wir bräuchten hierfür Platz in den Lehrplänen und den Willen, Technik als grundlegendes Unterrichtsprinzip in allen Fächern anzuerkennen.“ Ziel müsse sein, Technikunterricht und technisches Basiswissen selbstverständlich in den Unterricht einfließen zu lassen. Wenzel regte an, Formen eines spielerischen Umgangs mit Technik und technischen Geräten für die Vor- und Grundschule zu entwickeln. „Je früher Berührungen stattfinden, umso besser“, sagte Wenzel. Mädchen müssten zudem bewusst einbezogen werden. Weil Technik auch bei der praktischen Lebensbewältigung eine dominierende Rolle spiele, müsste der Unterricht immer praxis- und problemorientiert sein.

Schulen der Zukunft müssten zu Lernorten für Technik werden. „Auf diese Weise lässt sich die Begeisterung und das Interesse für technische Berufe steigern. Skandinavische Länder machen uns bereits vor, wie das gehen kann“, betonte Wenzel. Dort finde an allen allgemeinbildenden Schulen bereits regelmäßig Technikunterricht statt – mit großen Erfolgen, denn die Technikbegeisterung und die Bereitschaft, technische Berufe zu erlernen, seien bei den Schülern nachweislich gestiegen. Das setzte allerdings solide Kenntnisse der Lehrerinnen und Lehrer voraus und demzufolge auch Veränderungen in der Lehrerbildung. Fest stehe: „Je früher Kinder mit technischen Prozessen vertraut gemacht werden, umso größer der Erfolg.“

Der BLLV-Präsident schlug vor, die technische Grundbildung fächerübergreifend zu gestalten – „allerdings müssen die Rahmenbedingungen stimmen.“ Dazu gehöre es beispielsweise auch, alle Schulen mit Techniklabors auszustatten und freies und forschendes Lernen zuzulassen. „Schülerinnen und Schüler brauchen mehr Gelegenheiten, über einen längeren Zeitraum selbständig und selbstgestaltet Lösungen zu entwickeln.“ Um dies zu ermöglichen, müssten die Klassenstärken reduziert und Möglichkeiten für die Bildung von Arbeitsgemeinschaften unterhalb der Klassenstärken geschaffen werden.

„Solchen Prozessen steht aber das eng geschnürte Korsett eines überholten, aber dominierenden Lern- und Leistungsbegriffs gegenüber“, kritisierte der BLLV-Präsident. An dieses Korsett hätten sich die Lehrkräfte in Bayern weitgehend zu halten. „Im Mittelpunkt steht nicht das Erforschen, Begreifen und Entdecken, sondern Wissen, das zu bestimmten Zeitpunkten abgespult werden müsse, um es dann zu bewerten. Lehrerinnen und Lehrer, die ständig unter Zeitdruck stehen und personelle Engpässe ausgleichen müssen, haben nur wenig Spielraum.“

 

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