Chaos in Stochs Kultusministerium – Amtsleiterin muss gehen

1

STUTTGART. Das baden-württembergische Kultusministerium kommt auch unter dem neuen Chef Andreas Stoch (SPD) nicht zur Ruhe: Jetzt muss die Amtsleiterin gehen. Die SPD versucht, ihren von den Turbulenzen erfassten Minister zu stützen – indem sie sich auf Kosten des Koalitionspartners, der Grünen, in Sachen Stellenabbau und Lehrerausbildung profiliert.

Erst seit Januar im Amt und schon gehörig unter Druck: Baden-Württembergs Kultusminister Andreas Stoch. Foto: Sven Teschke / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)
Erst seit Januar im Amt und schon gehörig unter Druck: Baden-Württembergs Kultusminister Andreas Stoch. Foto: Sven Teschke / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0 DE)

Der Rausschmiss von Ministerialdirektorin Margret Ruep ist nur die letzte einer Reihe von Personalien in dem Ressort, das der Landesregierung besonderen Gestaltungsspielraum gewährt. Im Januar dieses Jahres war Ministerin Gabriele Warminiski-Leitheußer nach heftiger Kritik aus der SPD-Fraktion zurückgetreten und von Andreas Stoch (beide SPD) beerbt worden. Auch auf Staatssekretärsebene gab es den Wechsel von Frank Mentrup, der in Karlsruhe den OB-Posten eroberte, zur früheren DGB-Vize Marion von Wartenberg (beide SPD).

Stoch teilte nun in Stuttgart überraschend mit, dass Ruep in den einstweiligen Ruhestand versetzt und durch den Oberbürgermeister von Radolfzell, Jörg Schmidt (SPD), ersetzt wird – wie Stoch ein Jurist. Die CDU im Landtag sprach von «Personalchaos in der Landesregierung».

Die einstweilige Versetzung in den Ruhestand kann erfolgen, wenn die Ressortspitze nicht darauf vertrauen kann, dass die Regierungspolitik auch umgesetzt wird. Der Posten Rueps gilt als Scharnier zwischen den politischen Leitlinien und der Verwaltung, die letztlich die entsprechenden Gesetze oder Verordnungen erarbeiten muss. So gehörte zu Rueps Aufgaben, die von Grün-Rot geplanten Bildungsreformen wie Inklusion, Ausbau der Ganztagsangebote, Bildungspläne umzusetzen. Auch die gesetzlichen Regelungen zur regionalen Schulentwicklungsplanung lagen in ihrer Zuständigkeit.

Dem Vernehmen nach stand die ausgewiesene Bildungsexpertin und frühere Rektorin der Pädagogischen Hochschule in Weingarten (Kreis Ravensburg) wegen mangelnder Verwaltungskompetenz in der Kritik. Auch habe die parteilose politische Beamtin, Jahrgang 1950, bildungspolitische Forderungen ihres Ressorts gegenüber Finanz- und Staatsministerium nicht klar genug vertreten. Ein weiterer Kritikpunkt sei, dass sie ihre engsten Mitarbeiter nicht nach fachlicher Eignung, sondern nach persönlicher Vorliebe um sich geschart habe.

CDU-Fraktionschef Peter Hauk meinte: «Diese Landesregierung entwickelt sich zum Meister der Rekorde. Nicht nur bei der Verschuldung, auch bei der Personalpolitik zieht die grün-rote Landesregierung alle Register.» Ruep werde zum Bauernopfer für die verfehlte Bildungspolitik von Grün-Rot gemacht – wie die ehemalige Kultusministerin auch.

Die SPD bemühte sich derweil, ihren Kultusminister aus der Schusslinie zu bekommen – mit Breitseiten gegen den Koalitionspartner. Mit der SPD wird es einen Abbau von Lehrerstellen über die bisherige Beschlusslage hinaus nicht geben», sagte beispielsweise Finanzminister und SPD-Landeschef Nils Schmid «Südwest Presse» (und erweckte damit den Eindruck, dass die Grünen Entsprechendes zumindest erwägen). Beschlusslage ist die Streichung von 11.600 Lehrerstellen bis 2020. Der Landesrechnungshof hatte in dieser Woche darüber hinaus den Wegfall von zusätzlich knapp 20.000 Stellen im Landesdienst gefordert. «Das Kultusressort ist bereits in Vorleistung getreten, und zwar in erheblichem Umfang. Wenn man weitere Stellen abbauen will, muss man die übrige Verwaltung anschauen», sagte Schmid nun der Zeitung.

Gleichfalls heute machten die SPD im Landtag und der Beamtenbund zusammen Front gegen den «Einheitslehrer». Eine einheitliche Ausbildung aller Lehrer an weiterführenden Schulen im Südwesten komme nicht infrage, erklärten SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel und der Landeschef des Beamtenbundes, Volker Stich, in Stuttgart. «Gemeinsam sagen wir Nein zum Einheitslehrer.» Sie stellen sich damit gegen den Vorschlag einer von der Regierung eingesetzten Expertenkommission, wonach es nur noch zwei Lehrämter geben soll – eines für die Grund- und eines für die weiterführenden Schulen.

Zuletzt war allerdings bereits aus Koalitionskreisen verlautet, dass die einheitliche Lehrerausbildung so gut wie vom Tisch sei. Die Grünen hätten sich der Meinung der SPD angenähert, dass Pädagogen für die Oberstufe eine besondere Befähigung brauchen. Ein Sprecher von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) hatte erklärt: «Ein gemeinsames Lehramt von Sekundarstufe I und Sekundarstufe II erscheint im Moment eher unwahrscheinlich.» Allerdings hat Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) hier ein gewichtiges Wort mitzureden.

Und bei den Grünen hieß es zu dem Thema noch unlängst: „Entschieden ist bei uns noch gar nichts.“ News4teachers / mit Material der dpa

 

Anzeige


Info bei neuen Kommentaren
Benachrichtige mich bei

1 Kommentar
Älteste
Neuste Oft bewertet
Inline Feedbacks
View all comments
matthias
10 Jahre zuvor

von wegen rausschmiss! seit monaten war bekannt bzw. mehrten sich die bedenken über rueps kompetenz, aber sie wurde lange genug im amt gehalten um jetzt, da sie zwei jahre den posten innehatte, eine gehaltsstufe zu klettern und eine höhere pension einzustreichen! –> http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.gut-versorgte-ex-amtschefin-spaete-abloesung-ist-fuer-spitzenbeamtin-viel-geld-wert.7ba7b3e9-f605-4e23-919b-d8b7ab0452c6.html