LEIPZIG. Eltern, die ihre Kinder aus religiösen Gründen vom Unterricht befreien wollen, stellen die Schulen regelmäßig vor schwierige Entscheidungen. Steht die Glaubensfreiheit über dem Bildungsauftrag? Oder umgekehrt? Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheidet heute über zwei Fälle, bei denen ein Grundsatzurteil erwartet wird.
Die Eltern eines Schülers aus NRW hatten für ihren Sohn eine Befreiung von einem Kinobesuch beantragt. Auf dem Lehrplan stand der Film «Krabat» nach einem Buch von Otfried Preußler. Die Familie gehört den Zeugen Jehovas an – und die schwarze Magie in dem Kinofilm «Krabat» sei mit ihrem Glauben unvereinbar, argumentierten die Eltern. Sie hatten mit ihrer Klage im Jahr 2010 vor dem Oberverwaltungsgericht Münster Erfolg. (Az.: BVerwG 6 C 12/12)
In einem zweiten Verfahren geht es um eine muslimische Schülerin aus Hessen (Az.: BVerwG 6 C 25/12). Gestritten wird um die Frage, ob den Kindern ein gemeinsamer Schwimmunterricht von Jungen und Mädchen zugemutet werden kann, ohne ihr Schamgefühl und ihre Glaubensregeln zu verletzen. Verschiedene Gerichte haben sich damit befasst. So hatte das Verwaltungsgericht Aachen 2011 entschieden, dass Schwimmunterricht Pflicht sei und das Tragen eines Burkinis, einer den ganzen Körper bedeckenden Badebekleidung für Mädchen und Frauen, vor ungewünschten Blicken schütze.
Jetzt haben die Leipziger Richter das letzte Wort im Konflikt zwischen der Glaubensfreiheit und dem staatlichen Bildungsauftrag. «Im Revisionsverfahren sind die Voraussetzungen zu klären, unter denen ein Schüler aufgrund seines Grundrechts auf Glaubensfreiheit im Einzelfall eine Befreiung von der Pflicht zur Teilnahme an einer schulischen Veranstaltung beanspruchen kann», teilt das Gericht mit. dpa