Studie: Hälfte der Azubis kommt erst über Umwege in die Lehre

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WIESBADEN. Nur jeder zweite Jugendliche, der in eine berufliche Ausbildung strebt, fängt nach der Schule sofort damit an. Die anderen befinden sich zunächst in «Übergangslösungen» – viele davon eher unfreiwillig. Zu diesem Ergebnis kommt der neue Ausbildungsreport der hessischen DGB-Jugend, der in Wiesbaden vorgestellt wurde.

In der repräsentativen Studie gaben 50,9 Prozent der 2540 befragten Auszubildenden an, direkt in eine betriebliche Ausbildung gelangt zu sein. Die andere Hälfte erklärte, sie habe andere Wege einschlagen müssen. 27,9 Prozent davon wiederum, weil sie keinen Ausbildungsplatz erhielten. 31 Prozent strebten einen höheren Schulabschluss an – unter dem Eindruck, «sonst keine Chance zu haben». Dabei verfügten 75 Prozent derjenigen, die keine direkte Ausbildung machten, über einen Realschulabschluss.

Für die zuständige DGB-Abteilungsleitern Anke Muth sind diese Zahlen Beweis dafür, dass es bei den Heranwachsenden keinen «Mangel an Reife» gebe. Der oft geäußerte Vorwurf der Arbeitgeber, Jugendliche wollten gar keine Ausbildung machen oder seien intellektuell dazu nicht in der Lage, sei falsch. Arbeitgeber müssten viel aktiver werden, forderte stattdessen Muth. Man könne nicht dauernd den Fachkräftemangel beklagen und dann auf 50 Prozent des Ausbildungspotenzials verzichten.

Hessens DGB-Chef Stefan Körzell kritisierte, die Ausbildungsbereitschaft der hessischen Unternehmen sei auf dem niedrigsten Stand seit zehn Jahren. Nach der Erhebung habe außerdem nur gut jeder zweite Auszubildende (53 Prozent) im dritten oder vierten Jahr eine Übernahmezusage. «Wer nicht ausbildet oder die Ausgebildeten nicht übernimmt, hat offensichtlich auch keinen Mangel.»

Die zum vierten Mal veröffentliche Studie beklagt außerdem, dass gut 30 Prozent keinen betrieblichen Ausbildungsplan hätten, obwohl dieser gesetzlich vorgeschrieben ist. Auch wenn es einen solchen Plan gibt, sind 37 Prozent mit den Inhalten «überhaupt nicht» oder nur «etwas» vertraut. Immerhin sind aber fast 73 Prozent der Auszubildenden mit der fachlichen Qualität zufrieden. Es gibt jedoch erhebliche Unterschiede in der Bewertung. Vorne sind zum Beispiel die Ausbildungsberufe im Büro- und Bankbereich. Hinten rangieren Friseure, Verkäufer/innen oder das Kochhandwerk. dpa

Zum Bericht: Trotz Berufsorientierung – viele Schüler stehen ratlos vor der Arbeitswelt

 

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