Bayerische Unis bringen Satelliten im Handtaschen-Format ins All

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WÜRZBURG. Mit kleinen Würfeln zum Preis eines Mittelklassewagens machen Studenten Weltraumforschung: Zwei weitere deutsche Uni-Satelliten funken jetzt ihre Signale zur Erde. Bald sollen solche Zwerg-Satelliten sich auch untereinander abstimmen.

Bayerische Studenten haben erfolgreich zwei Kleinstsatelliten ins Weltall geschickt. Eine Trägerrakete brachte die jeweils ein Kilogramm schweren Satelliten «Uwe-3» und «First Move» am Donnerstagmorgen vom südrussischen Weltraumbahnhof Jasni aus in ihre Umlaufbahn. Wenige Stunden später kamen erste Funkkontakte zustande, wie die Universität Würzburg und die Technische Universität München berichteten. Die kleinen Würfel mit gerade einmal zehn Zentimeter Kantenlänge wurden von Studenten und Doktoranden entwickelt. Sie sollen die Technologie der sogenannten Picosatelliten weiterentwickeln und dienen zugleich der Ausbildung.

Die Würzburger Wissenschaftler haben damit bereits die dritte Generation ihres «Uwe»-Satelliten ins All gebracht. Das Programm soll die Technik für Navigation und Kommunikation entwickeln, um 2017 einen ganzen Schwarm in den Orbit zu schießen. «Wir wollen Formationsflug machen», sagte Informatik-Professor Klaus Schilling. «Ziel ist es, dass dann mehrere Satelliten im Orbit zusammenarbeiten, um gemeinsam Beobachtungen zu machen.»

«Uwe-3» soll dafür unter anderem die Lageregelung im All testen: Mit Magnetfeldspulen kann das Mini-Gerät sich in eine bestimmte Richtung drehen. Die Herausforderung ist, dies auf wenig Platz und mit kleinem Energie-Budget umzusetzen. Voraussichtlich wird der Satellit etwa drei Monate arbeiten.

Der erste Münchener Kleinstsatellit «First Move» soll vor allem Solarzellen testen, die von der EADS-Raumfahrttochter Astrium entwickelt wurden. Beide Missionen werden vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert. Die Zwerg-Satelliten sind in Entwicklung und Transport deutlich günstiger als ihre großen Geschwister, deshalb bieten sie sich für Hochschul-Projekte und bestimmte Forschungsaufgaben an. Die Materialkosten für «Uwe 3» liegen laut Uni etwa beim Preis eines Mittelklassewagens.

Beispiel für einen amerikanischer Nanosatellit GeneSat-1 (Foto Nasa/Wikimedia public domain)
Ein amerikanischer Nanosatellit GeneSat-1 (Foto Nasa/Wikimedia public domain)

Schilling geht von einem Paradigmenwechsel in der Raumfahrttechnik aus. «Allgemein wird erwartet, dass die aktuell üblichen multifunktionalen Großsatelliten zunehmend durch Systeme von vielen, miteinander kooperierenden Kleinsatelliten ergänzt werden», sagt er.

«Sie werden nie die ganz großen Telekommunikationssatelliten ablösen, aber sie sinnvoll ergänzen», erklärt Christian Nitzschke vom DLR. «Man kann sie nehmen, um bestimmte Technologien zu verifizieren» – oder beispielsweise für Messungen in der oberen Atmosphäre, wo die Technik ohnehin nach einigen Monaten verglüht. Nach Nitzschkes Angaben haben deutsche Universitäten einschließlich des Flugs am Donnerstag schon neun Kleinsatelliten ins All geschickt. Der erste deutsche Picosatellit war 2005 der Würzburger «Uwe-1». dpa

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