Rechtsextremismus – ein Problem für Kindergärten

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BERLIN. Rechtsextremismus ist nach Meinung der Amadeu Antonio Stiftung ein zunehmendes Problem in Kindergärten. Kinder rechtsradikaler Eltern auszugrenzen könne aber keine Lösung sein.

Rechtsextremismus ist nicht nur bei Jugendlichen und Erwachsenen ein Problem, sondern nach Angaben der Amadeu-Antonio-Stiftung inzwischen auch in manchen Kindergärten. Viele junge rechtsextreme Eltern hätten Kinder, die jetzt in die Kita gingen, sagte Heike Radvan von der Anti-Rassismus-Organisation. «Einige dieser Kinder versuchen, in der Kita offensiv die Ideologie zu verbreiten, die sie zu Hause lernen.» Dies komme nicht nur in ostdeutschen Bundesländern wie Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern vor, sondern auch in einigen Gegenden Schleswig-Holsteins oder Baden-Württembergs.

Protestplakat gegen Neonazis
Protest gegen Neonazis. Die Amadeu Antonio Stiftung warnt vor einer schleichenden Form des Durchsickerns rechtsextremen Gedankenguts. Foto: Pavel Ševela / Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

Rechtsextreme Eltern versuchten, im ländlichen Raum möglichst in die gleichen Orte oder Ortsteile zu ziehen. In den dortigen Kitas gebe es dann viele Kinder aus solchen Familien. Diese Jungen und Mädchen wollten etwa nicht mit Dunkelhäutigen spielen, berichtete Radvan. «Ein Zeichen kann aber auch sein, dass sie sehr zurückhaltend sind und wenig von zu Hause erzählen.» Manchen merke man eine autoritäre Erziehung an. «Das sind Kinder, die besonders gut spuren – und deshalb meist kaum auffallen.»

Zuletzt sei diskutiert worden, ob man diese Jungen und Mädchen wegen Kindswohlgefährdung aus ihren Familien rausnehmen müsse. «Das kann aber keine Antwort sein», sagte Radvan. Eine Trennung könne Schaden anrichten. Eine deutlich bessere Lösung seien Ganztagsschulen und Tagesstätten, in denen die Kinder früh demokratischen Alltag kennenlernten. Kindergärten könnten das Problem angehen, indem sie gezielt Kinder von Zuwanderern oder mit Behinderungen aufnähmen und so Vielfalt vorlebten. «Wir müssen Demokratie erfahrbar machen», forderte Radvan.

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Sie warnte davor, Kinder rechtsextremer Eltern auszugrenzen. Viele Eltern hätten beispielsweise Bedenken, ihre Kleinen zu Geburtstagsfeiern in rechtsextremen Familien zu schicken. Aber: «Die Kinder können ja nichts dafür.»

Die Amadeu-Antonio-Stiftung unterstützt Initiativen gegen Rechtsextremismus. Sie ist benannt nach einem der bekanntesten Opfer rechtsextremer Gewalt in Deutschland, dem Angolaner Amadeu Antonio. 1990 hatten Skinheads im brandenburgischen Eberswalde Jagd auf Ausländer gemacht und ihn zu Tode getreten. (dpa)

Zum Bericht: Schulen überfordert? Immer mehr Junge denken rechtsextrem

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gudrun
10 Jahre zuvor

Da fühle ich mich aber als Mutter ertappt, die ihre Kinder bisher nach rechtsextremem Gedankengut erzogen hat. Mir war das gar nicht bewusst.
Im Kita-Alter hat mein ländlicher Sohn auch zuerst gefremdelt, als ein dunkelhäutiges Geschwisterpaar (Junge und Mädchen) plötzlich im Kindergarten auftauchte. Später wurden er und der Junge zwar beste Freunde, doch zuerst war Zurückhaltung angesagt.
Außerdem muss ich „autoritär“ erzogen haben, denn mein Sohn hat recht gut „gespurt“. Jedenfalls bin ich in Kindergarten und Schule von nennenswerten Klagen verschont geblieben.
Was er alles von zu Hause erzählt hat, weiß ich nicht. Da konnte er hoffentlich unterscheiden, denn manches gehörte nicht auf den Kita- oder Schultisch. Im einen oder anderen Fall habe ich ihn sogar darauf hingewiesen, dass Schweigen besser sei als Reden.
Nun steht es fest: Meine Kinder habe ich nach „rechtsextremem Gedankengut“ erzogen.
Ein Glück, dass bisher nur diskutiert wird, ob „man diese Jungen und Mädchen wegen Kindswohlgefährdung aus ihren Familien rausnehmen müsse“ und die Sache noch nicht beschlussreif ist.

Beate S.
10 Jahre zuvor

Oh, Oh, Sie schlimme Mutter! Wissen Sie nicht, dass Erzieher und Lehrer sich nichts so sehr wünschen wie Schüler, die nicht „spuren“ und lieber quatschen als die Klappe halten?

Bärbel Fischer
10 Jahre zuvor

Erste Frage: Hat die o.g. Kita noch Plätze frei?
Zweite Frage: Möchte sie, wenn ja, diese Plätze besetzt haben? Dann muss schleunigst ein plausibler, sprich „zwingender“ Grund gesucht werden, Kinder ganztags aus ihren Familien zu reißen, um mit ihnen die freien Plätze bis zum Abend zu füllen. Das füllt dann auch die Kasse! Die Unterstellung von Rechtsradikalismus eignet sich hier besonders gut. Stille, gut erzogene Kinder, die „spuren“ sind dabei sehr, sehr verdächtig!
Der Leser rauft sich die Haare und ist geschockt, mit welch üblen Tricks die KITA-LOBBY hantiert, um ihren Abmangel auszugleichen.

Ursula Prasuhn
10 Jahre zuvor

@Bärbel Fischer
Sie verweisen zu Recht auf die wirtschaftlichen Interessen der Ganztags-Kitas bzw. ihrer Träger, Frau Fischer. Vermutlich sind auch noch ideologische Lobbyisten in diesem Spiel.
Mal sind die unerzogenen Kinder Grund für die Forderung einer ganztägigen Fremdbetreuung und nun sind es im Gegenteil die stillen, wohlerzogenen Kinder, die auf Biegen und Brechen zu Problemfällen gemacht werden, weil sie vermutlich ein Hindernis darstellen für die Begründung eines Betreuungsgebots bzw. einer Betreuungspflicht für alle Kinder.
Der inzwischen fast schon widerliche Kampf gegen Rechts, der sich in seinen gigantischen Ausmaßen von Unterstellungen und Verleumdungen ernährt, liefert – wie im Artikel beschrieben – auch trickreiche Argumente gegen jede häusliche Bildung.
Der starken Fraktion „Pro staatliche Kindererziehung“ geht es m. E. letztendlich um schwerwiegende Gesellschaftsveränderungen, bei denen Eltern und Familien nur noch eine geringe Rolle spielen, der Staat – d. h. seine Führungsriege – dafür eine umso größere.
Mir graut bei dieser Zukunftsvorstellung und hoffe darum, dass sie nicht wahr wird.

Maren
9 Jahre zuvor

„Zuletzt sei diskutiert worden, ob man diese Jungen und Mädchen wegen Kindswohlgefährdung aus ihren Familien rausnehmen müsse.“
Ich bin fassungslos. Was passiert bloß in diesem Land?
Aggressive, verhaltensgestörte Kinder werden bemitleidet, in Watte gepackt und bekommen von Schulpsychologen oder Sozialarbeitern Balsam auf ihre Wehwehchen und hier sitzen in Kindergärten brave, wohlerzogene kleine Kinder, die ausgerechnet wegen ihres angepassten, unauffälligen Verhaltens als rechtsextrem verdächtigt werden. Und ihre offensichtlich gut erziehenden Eltern sollen Neonazis sein, weil distanzloses, impertinentes Kinderverhalten als Zeichen politisch sauberer Erziehungsweste gilt.
Das kapiere, wer will. Ich sehe nur politische Massenhysterie, die bereits in Kitas herrscht und kleine Kinder verdächtigt.

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Maren

Ich frage mich, ob das nun wirklich nachgewiesen ist oder aber einfach eine Verallgemeinerung und Pauschalierung. Wenn Kinder in der Kita mit speziellen anderen nicht spielen wollen, kann das viele Ursachen haben. Es kann Angst sein und muss nicht hochpolitisch sein. Nicht jeder muss gern mit jedem spielen.
Ähnliche Geschichten kann man auch mit anderen Vorzeichen erzählen. Wieder und wieder soll es vorgekommen sein, dass Kinder zu ihren Kindergeburtstagen auch türkische Kinder eingeladen haben, die in ihrer Gruppe/Klasse sind. Und regelmäßig soll es vorkommen, dass diese Kinder von ihren Eltern gezwungen werden abzusagen, vermutlich weil sie nicht in die Wohnungen/Gärten der „Ungläubigen“ gehen sollen.
Wie weit das eine oder andere verbreitet ist, müsste man untersuchen, aber der obige Bericht ist nicht hilfreich. „In die gleichen Ortsteile ziehen“, das machen auch die Türken und Araber in Berlin-Neukölln. Ein Verbrechen ist es als solches nicht, hat aber natürlich gewisse Nachteile. Aber auch die liegen auf beiden Seiten. „Einige dieser Kinder versuchen, in der Kita offensiv die Ideologie zu verbreiten, die sie zu Hause lernen.“ Das gibt’s auch von Seiten des konservativen Islam mit Kopftüchern für 6-Jährige. Seltsam ist jedenfalls, dass eine „rechts-deutsche Gesinnung“ von Eltern beanstandet wird, aber eine „rechts-türkische Gesinnung“ niemals. Erdogan ist mehr Rechtspopulist als Gauland und Weidel zusammen, trifft sich aber mit deutschen (!) Fußballern zwecks türkischem Wahlkampf. Man sollte vielleicht objektivere Kriterien ausfindig machen, um das alles zu beurteilen. Einseitige politische Einstellung ist nicht hilfreich.

xxx
5 Jahre zuvor
Antwortet  geli

zumal ich mir kaum vorstellen kann, ob auch die Nähe zu ditib oder antifa geprüft werden soll. das wäre zwar ähnlich idiotisch, aber wenigstens konsequent.

Wolfgang Bergmann
5 Jahre zuvor

https://www.presseportal.de/pm/58964/4130009

Gesinnungsschnüffelei durch AFD-Meldeportale hier, Gesinnungsschnüffelei durch die von Frau Giffey unterstützte Amadeu-Antonio-Stiftung dort – was ist in diesem unseren Land eigentlich los?

Cavalieri
5 Jahre zuvor

Es ist schon seltsam, dass sogar in Kindergärten die politische Auseinandersetzung „gegen rechts“ geführt werden soll. Wozu soll das gut sein? Selbst wenn die Kinder irgendwelchen Unsinn erzählen, muss man das doch nicht gleich im Übereifer so bitter ernst nehmen. Über den Kindergarten die einen oder anderen Eltern belehren zu wollen, mag sinnvoll sein, aber doch nicht in politischer Hinsicht, sondern eher in pädagogischer. Es gibt nun mal linke Eltern, rechte Eltern, religiöse und anti-religiöse Eltern, das ganze Spektrum. Man preist doch sonst immer die „Heterogenität“. Da haben wir sie nun auch bei Grundeinstellungen, und dann wird sie zensiert.
Zu Frau Giffey berichtete heute die Tagesschau: „Die Ministerin reagierte mit einer Klarstellung: Der Broschüre lägen wahre Fälle aus der langjährigen Beratungspraxis zugrunde, in denen Erzieherinnen und Erzieher gezielt Hilfe im Umgang mit völkisch lebenden Familien gesucht hätten. Es gehe nicht um Kontrolle, so die Ministerin.“
Es gibt also „völkisch lebende Familien“, die als Problem empfunden werden. Was soll wohl deren Merkmal sein? Dass es auch Familien geben könnte mit mittelalterlichen Moralvorstellungen zu Lasten der Kinder, das scheint nie als Problem empfunden zu werden. Ebenso religiöse Spinner in Sekten, was Kindern bekanntlich auch nicht guttut.

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Falsch, es gibt das Problem einer wachsenden Zahl an völkisch-nationale Eltern mit einem sehr autoritären Erziehungsstil, die schwerpunktmäßig in die selben Kommunen ziehen, um ihre Kinder dann auch im selben Kindergarten anzumelden, sich gegenseitig in die Elternvertretung wählen lassen, um ihre ideologische Denkweisen und Erziehungsmethoden in die Kindergärten selbst hineinzutragen, oder die ablehnenden Verhaltensweisen gegenüber nicht europiden Kindern über ihre Kinder in diese Kindergärten hineintragen lassen und ihre Kinder darin befördern diese ausgrenzenden Verhaltensweisen ausleben zu lassen.

Wie viel Personen stehen eigentlich hinter diesem Pseudonym?

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Ignaz Wrobel

nationalen Eltern

Ignaz Wrobel
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Und, werter Schreiberbund, es ist auch nicht seltsam, dass Kindergärten sich mit autoritären Erziehungsstilen, gleich welcher Richtung, auseinandersetzen müssen !

Cavalieri
5 Jahre zuvor
Antwortet  Cavalieri

Es soll ca. 1000 „völkische“ Siedler geben, möglicherweise mit autoritärem Erziehungsstil:
https://www.berliner-zeitung.de/oeko-und-rechts-wie–voelkische-siedler–ganze-doerfer-unterwandern-391000
Aber warum regt sich niemand ebenso über den autoritären Erziehungsstil in türkischen Einwandererfamilien auf, das sind immerhin Milliionen? In Berichten von Prof. Toprak wird schon mal von „gewaltaffiner Erziehung“ gesprochen, jedenfalls gibt’s mehr Prügel als in deutschen Familien. Das Kopftuch ist ja auch kein Symbol für eine nicht-autoritäre Erziehung. Und wie ist das mit dem autoritären Erziehungsstil bei Scientology (Aussteiger berichteten darüber), bei den Zeugen Jehovas (immerhin über 100.000 Leute) und anderen Sekten? Da hat man wohl noch keine analoge Broschüre gesehen, denn es ist ja nicht PC, dagegen vorzugehen (PC = politically correct).
Ganz nebenbei: wie war das eigentlich mit dem autoritären Erziehungsstil in den (teils kirchlichen) Kinderheimen in den 1950ern und 1960ern? Selbst die Regensburger Domspatzen wurden brutal geprügelt.

Ilka
1 Jahr zuvor

Wenn ich den Artikel lese, bin ich ziemlich baff. Aber nicht wegen der angeblich drohenden Unterwanderung von Kitas durch rechtsextremistische Eltern, sondern über die Vermutungen über brave, angepasste und nicht vorlaute Kleinkinder und deren Elternhäuser.
Dieses Suchen nach Rechtsextremismus schon in Kitas hat für mich etwas Alarmierendes.
Sind auch wir Erwachsene schon verdächtig, wenn wir zu treu und brav unserer täglichen Arbeit nachgehen, eine „nur“ höflich- freundliche, aber auch zurückhaltende Wesensart haben und unser Familienleben mehr schätzen als möglichst viele außerhäusliche Lebensfreuden?

Sogar beängstigend finde ich, wenn Eigenschaften, die für jede Gesellschaft als positiv und angenehm gelten, plötzlich verdächtig sein sollen, weil sie Indiz sein könnten für die Tarnung rechtsradikaler Gedanken.
Das kommt mir so vor, als müsse ich plötzlich jedem geschätzten Nachbarn mit Argwohn begegnen, weil ich Geschichten gehört habe über viele Verbrecher, die ii ihrem Umfeld unerkannt blieben, weil sie unter dem Mantel ehrbarer Bürger und Bürgerinnen lebten.
Wo kommen wir denn da hin???