Streit um Privatschulzuschüsse im Südwesten – FDP beklagt Klientelpolitik

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STUTTGART. Gegen eine Bevorzugung der Waldorfschulen wendet sich FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich-Rülke. In Baden-Württemberg sollen Privatschulen zukünftig 20 Prozent des Monatsgehalts für die Pension abführen, wenn ein verbeamteter Kollege dort unterrichtet.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke hat Kultusminister Andreas Stoch (SPD) bei der Finanzierung von Privatschulen Klientelpolitik vorgeworfen. «Während die kirchlichen Schulen und die Privatgymnasien durch die geplante Neuregelung finanziell besonders schlecht gestellt werden, kommen die Waldorfschulen gänzlich ungeschoren davon», kritisierte Rülke. «Damit werden die Interessen von Schulen gewahrt, deren Klientel eher Grün-Rot zuneigt», sagte er.

Hans-Ulrich Rülke
Wirft Baden-Würtembergs Kultusminister Stoch Klientelpoltik bei der Neuregelung der Privatschulzuschüsse vor: Hans-Ulrich Rülke (links, im Bild mit FDP-Chef Philipp Rösler). Foto: FDP-DVP-Fraktion im Landtag von Baden-Württemberg (CC-BY-SA-3.0) / Wikimedia Commons

Auch der Privatschulexperte der CDU-Fraktion, Tobias Wald, warnte vor einer Ungleichbehandlung innerhalb der Privatschulen. Es könne nicht sein, dass Grün-Rot die finanziellen Mehrbeträge an Bedingungen knüpfe. Die Steuereinnahmen des Landes seien so hoch wie nie. Es gebe Privatschulen, die wegen Stochs Plänen Existenzängste hätten.

Hintergrund sind die Bedingungen, die Stoch für eine geplante weitere Aufstockung der Zuschüsse aufstellt. Denn im Gegenzug für mehr Geld sollen die Privatschulen 20 Prozent des Monatsgehalts eines an ihrer Schule tätigen verbeamteten Lehrers für dessen Pensionierung abführen. Die Waldorfschulen haben keine verbeamteten Lehrer. Die vier Kinder von Minister Stoch besuchen solche Schulen. Von Rülkes drei Kindern besucht ein Sohn eine Privatschule.

Nach Angaben der Kultusministeriums liegt der Kostendeckungsgrad der Zuschüsse derzeit im Durchschnitt aller privaten Schularten bei 75,4 Prozent der Kosten eines staatlichen Schülers. Angestrebt ist, diesen Anteil auf 80 Prozent anzuheben. Das Ministerium spricht aber von einer bisherigen Ungleichbehandlung von Privatschulen. Denn dort seien Lehrer, die verbeamtet und vom staatlichen Schuldienst beurlaubt sind, in unterschiedlichem Umfang eingesetzt. Für sie trägt das Land die Pensionslasten bislang vollständig.

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Die Liberalen wollen wie der Privatschulverband eine Förderung der Privatschulen von 80 Prozent ohne Abstriche erreichen. Rülke betonte: «Diese Schulen erledigen staatliche Aufgaben und ersparen dem Land auch nach einer Besserstellung noch 20 Prozent der Kosten, die es sonst selbst berappen müsste.»

Im Südwesten besucht fast jeder zehnte Schüler eine weiterführende Privatschule. Damit liegt Baden-Württemberg im bundesweiten Vergleich auf dem zweiten Rang nach Bayern beziehungsweise Nordrhein-Westfalen. Insgesamt verzeichnet das Statistische Landesamt im Südwesten rund 460 Schulen in privater Trägerschaft.

Bereits die schwarz-gelbe Vorgängerregierung strebte eine Zielmarke von 80 Prozent bei der Privatschul-Finanzierung an. Aber sie verfehlte diese Quote weit. Mitte 2010 gab es einen Kostendeckungsgrad von gerade einmal 70,5 Prozent. Wald erklärte dies damit, dass das Land damals wegen der Finanzkrisen 2008 und 2009 mit hohen Steuerausfällen zu kämpfen hatte. (Julia Giertz, dpa)

Zum Bericht: Pensionskosten geben Privatschulen Kröten zu schlucken

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2 Kommentare
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Ina
10 Jahre zuvor

Und dass die Privatschulen mit Beamten tatsächlich bzw. die dort unterrichtenden Kollegen massiv bevorteilt sind gegen über allen anderen Privatschulen, die keineswegs nur rot-grüne ‚Klientelschulen‘ sind (vgl. freie christliche Schulen mit Neigung zum ‚Fundamentalismus‘, Elteninitiativen…), ist der FDP noch nicht aufgefallen?

The Observer
10 Jahre zuvor

Ein Schelm, der Böses dabei denkt. Kollege Stoch (Kultusminister von BW) lässt alle seine vier Kinder in einer Waldorfschule beschulen.