Kein Scherz – Bayrischer Lehrer-Präsident bringt zehnjähriges Gymnasium ins Gespräch

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MÜNCHEN. In Bayern soll Schluss sein mit Schulreformen. Keine Rückkehr zu G9 – das G8 bleibt, hat der Ministerpräsident verkündet. Doch Seehofers Basta hat die Debatte nicht beendet. Jetzt schlägt der größte Lehrerverband im Freistaat eine ganz neue Variante vor: G10.

Der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband (BLLV) hat umfassende Reformen an den Schulen verlangt und ein zehnjähriges Gymnasium ins Gespräch gebracht. «Die Probleme mit G8 sind unübersehbar», sagte der BLLV-Präsident Klaus Wenzel. «Manche Eltern schicken ihre Kinder trotz eines Notenschnitts von 1,3 lieber auf die Realschule, um ihnen die Tortur des achtjährigen Gymnasiums zu ersparen.» Das Kultusministerium, die Landeselternvereinigung der Gymnasien und der Bayerische Philologenverband wiesen den Vorschlag für ein G10 zurück.

Schüler dürften nicht länger «auf ein Notenbündel reduziert» werden, forderte Wenzel. Die Frage nach den Bildungszielen sei neu zu stellen. «In der bayerischen Verfassung stehen Hilfsbereitschaft, Verantwortungsbereitschaft und Völkerverständigung als Bildungsziele. Doch am Ende der vierten Klasse spielt das leider keine Rolle mehr. Da geht es nur noch um die Noten in Deutsch, Mathematik, Heimat- und Sachkunde.»

BLLV-Präsident Klaus Wenzel
BLLV-Präsident Klaus Wenzel hat einige radikale Vorschläge für Schulreformen im Gepäck. Foto: BLLV

Die Entscheidung, wie es nach der Grundschulzeit weitergehen soll, falle zu früh, kritisierte der 64 Jahre alte Verbandspräsident. «Aus meiner Sicht wäre es kein Problem, wenn man die Entscheidung erst mit 14 trifft.» Die verbindliche Grundschulempfehlung müsse abgeschafft und den Eltern und Schülern überlassen werden.

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Wenzel sprach sich dafür aus, nur noch in wenigen Ausnahmefällen Schüler sitzenbleiben zu lassen: «Jedes Jahr müssen etwa 30 000 Schüler eine Klasse wiederholen – und ein Schüler kostet etwa 6000 Euro im Jahr. Dieses Geld sollte besser für mehr Lehrer zur individuellen Förderung von Schülern eingesetzt werden.»

Das Kultusministerium will am achtjährigen Gymnasium festhalten. Es biete viele Möglichkeiten, junge Menschen nach ihren Talenten und Interessen zu fördern, betonte das Ministerium am Freitag: «Das vom BLLV-Chef heute gezeichnete Bild von der Situation für Schülerinnen und Schüler am Gymnasium setzt die Leistungen der Lehrkräfte und Schüler herab.» Wenzel verkenne das bundesweit anerkannte hohe Niveau der bayerischen Gymnasien.

Nach einer Umfrage des Elternverbands gehen mehr als 70 Prozent der Gymnasiasten gerne zur Schule. «Wir haben über 20 000 Schüler befragt», sagte Vizevorstand Rainer Kleybolte. «Ich denke schon, dass das repräsentativ ist.» Viele Schüler schafften mit sehr guten Noten das Gymnasium in acht Jahren. «Es liegt nicht am System», sagte Kleybolte. «Letztlich ist es egal, ob es acht, neun oder zehn Jahre sind. Man könnte auch G15 oder G20 fordern», spottete der Elternvertreter. «Entscheidend ist eine vernünftige Förderung für jeden Schüler.»

Der Philologenverband fordert eine Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium. «Ich habe den Eindruck, der BLLV-Präsident verwechselt die Weihnachts- mit der Faschingszeit. Anders kann ich mir den närrischen Vorschlag eines zehnjährigen Gymnasiums kaum erklären», sagte der Verbandsvorsitzende Max Schmidt. dpa

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