Trotz Drohungen: Gymnasium lädt zu Multikulti-„Wertefest“ statt Weihnachtsfeier

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STUTTGART. Eine multikulturelle Feier zum Fest der Werte soll in diesem Jahr am Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Gymnasium die Weihnachtsfeier ersetzen. Es hagelte Drohungen und Proteste im Internet. Nun will die Schule die zunächst abgesagte Feier doch durchführen. Das sei eine Frage der Haltung, betont die Schulleiterin.

Ausgerechnet das Thema «Freiheit» haben sie sich ausgesucht. Vier Lehrer eines Gymnasiums in Stuttgart kamen vor einige Wochen auf eine besondere Idee: An ihrer Schule mit Schülern aus rund zwei Dutzend Ländern soll es keine ausschließlich christliche Weihnachtsfeier geben. Stattdessen wollen sie den Jahresabschluss für alle Religionen öffnen.

Stern und Weihnachtsbaumkugel
Es sei eine Frage der Haltung, dass die Feier trotz der Drohungen nicht abgesagt werde, betont die Schulleiterin des Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Gymnasiums. Foto: Julien Christ / pixelio.de

Sie schreiben eine Einladung an die Schüler und ihre Eltern und kündigen für Freitag eine «Multikulturelle Feier zum Fest der Werte» in einer nahe gelegenen Kirche an. «Schülerinnen und Schüler der evangelischen und katholischen Religion sowie der Ethik haben sich rund um das Thema „Freiheit“ Gedanken gemacht», heißt es darin weiter. Nicht gerechnet hat das Kollegium mit dem geballten Zorn einiger Schreiber in ultrakonservativen Internetforen.

«Ethik-Mumpitz» sei das, heißt es in einem Artike auf einer Webseite, die sich mit dem Untertitel «Gegen die Islamisierung Europas» schmückt. «Warum muss alles in einem Heile-Welt-Einheitskladeradatsch vermischt werden, anstatt Profil zu zeigen?» fragt ein Redaktionsmitglied in dem nicht namentlich gekennzeichneten Stück. Der Autor oder die Autorin veröffentlicht nicht nur die Einladung der vier Lehrer, sondern setzt auch den Namen und die Kontaktdaten der Schulleiterin unter den Text.

111 Kommentare zieht das Stück in zwei Tagen auf sich, fast vierzig Beiträge trudeln in einem zweiten Forum ein. Eltern sollten sich die Namen der verantwortlichen Lehrer aufschreiben, fordert jemand mit dem Pseudonym «Uschi Obermayer». «Im Zug einer politischen Wende kann man diese Unterlagen dann hervorholen und dafür sorgen, dass das verantwortungslose Handeln der Lehrer im Nachhinein geahndet wird.» Doch es bleibt nicht alleine bei Internetkommentaren.

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Über Tage hinweg habe die Schule direkt Anrufe und Faxe bekommen, erklärt Clemens Homoth-Kuhs, Sprecher des für die Schule zuständigen Regierungspräsidiums in Stuttgart. Auch viele Eltern hätten die Drohungen beschäftigt. «Das wurde vonseiten der Schule als eine Art Drohkulisse verstanden. Daraufhin hat man sich abgestimmt, die Feier abzusagen», sagt Homoth-Kuhs am Mittwochabend. Zudem sei die Polizei informiert worden, «damit die subjektive Sicherheit gewährleistet wird.»

Bei der Kirchengemeinde, in der die Feier stattfinden sollte, will am Donnerstag niemand einen Kommentar abgeben. Auch die Schulleitung schweigt zunächst. Sie habe das Regierungspräsidium gebeten, alle Anfragen von außen zu beantworten, heißt es dort. Ein Trend, hin zu allgemein für alle Glaubensrichtungen gehaltenen Andachten sei nicht bekannt, sagt der Sprecher. Generell seien die Schulen aber angehalten, Feste aller Religionen in das Schulleben einzubeziehen – neben Weihnachten und Ostern eben auch das islamische Opferfest oder das jüdische Laubhüttenfest.

Am Donnerstagnachmittag dann die Wende, die Initiative «Schule ohne Rassismus» erklärt im Auftrag der Schule, dass es trotz Drohmails und Anrufen eine interne Feier geben werde. «Für uns ist es eine Frage der Haltung», sagt die Schulleiterin. Rassismus habe an der Schule keinen Platz. Die Idee und der Wunsch nach einem gemeinsamen Fest, das Raum bietet für jede und jeden, unabhängig von Muttersprache oder Herkunft seien ein Ausdruck von wertschätzendem Miteinander. (Christian Fahrenbach, dpa)

zum Bericht: „Weniger ist oft mehr“: Was der VBE Eltern zu Weihnachten empfiehlt

zum Bericht: Linkspartei will Schulen und Kitas den Sankt Martin verbieten

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2 Kommentare
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oliver dohnt
10 Jahre zuvor

man sollte die 4 lehrer mal auf ihren geisteszustand ueberpruefen lassen oder das linke flower-power gen ganz schnell entfernen.meine kinder gehen auf eine schule mit vielen migrantenkindern und diese feiern alle gemeinsam weihnachten und nicht ein wertefest ist ja zum kotzen sowas.vielleicht nenen die vier intelligenzbolzen auch das osterfest um in ein hasen mit eiern im sackwertefest!

Hans.Watzmann
10 Jahre zuvor

Man kann ja über alles diskutieren. Auch ob eine Schule am letzten Schultag des Jahres eine Weihnachts- oder eine Jahresabschlussfeier veranstalten soll. Oder wie hier eine „Multikulturelle Feier zum Fest der Werte“. Aber so wie hier in diesem Forum diskutiert wird, so geht das nicht. Eine derartige Feier ist ganz gewiss kein „Mumpitz“, und Drohungen auszusprechen – das geht schon gar nicht.

Das Gottlieb-Daimler-Gymnasium führt seine Feier dennoch durch. Das zeigt Charakter. Allerdings nun nicht mehr in der Kirche, sondern auf eigenem Gelände. Hier sind die Verantwortlichen also doch vor dem Druck aus solchen Foren und entsprechenden Kreisen eingeknickt – schade. Das passt nicht zu einer Schule, die sich „Schule mit Courage“ nennt. Vielleicht sollte im kommenden Jahr das GDG eine öffentliche Veranstaltung zum Thema „Wie soll man den letzten Schultag des Jahres in einer offenen Gesellschaft mit vielen Schülern mit Migrationshintergrund begehen?“ oder so ähnlich.

Wenn manche Schreiber hier der Schule und anderen auch vorwerfen, dass sie keinen Mumm hätten und vor dem Islam einknickten, dann sollten síe doch mit gutem Beispiel voran gehen und ihre Beiträge nicht unter einem Pseudonym schreiben, sondern mit ihrem vollen Namen.

Allen Lesern dieses Beitrags ein frohes Fest und schöne Feiertage – und seht nicht alles so verbissen