Wende verteidigt Schulreform: Keine Schwächung des Gymnasiums

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KIEL. Mit der geplanten Schulreformen wolle Sie den Elternwillen stärken und Grundschülern den Druck nehmen, betont Schulministerin Waltraud Wende (parteilos) angesichts der anhaltenden Kritik. Lehramtsanwärter sollen außerdem besser für die Inklusion ausgebildet werden.

Schleswig-Holsteins Schullandschaft erhält nach Ansicht der Bildungsministerin mit der Schulreform klarere Strukturen. «Wir wollen starke G8-Gymnasien und genauso starke Gemeinschaftsschulen», sagte Wende. Das Schulgesetz installiere ein Zwei-Säulen-Modell im Land.

Die Eltern hätten bereits in der ersten Klasse Angst, es könnte für ihr Kind am Ende nicht die Gymnasialempfehlung geben. Den daraus entstehenden Druck will Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Wende mit der Schulreform mindern. (Foto: Steffen Voss/Bildungsministerium Schleswig Holstein)
Die Eltern hätten bereits in der ersten Klasse Angst, es könnte für ihr Kind am Ende nicht die Gymnasialempfehlung geben. Den daraus entstehenden Druck will Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Wende mit der Schulreform mindern. (Foto: Steffen Voss/Bildungsministerium Schleswig Holstein)

Die Bildungsministerin wies zugleich Kritik zurück, die Koalition leite mit den Gesetzesänderungen das Ende des klassischen Gymnasiums ein. «Ich sehe nicht, wie wir das Gymnasium schwächen», sagte Wende. Notwendig seien dauerhafte Strukturen. «Sollen die Gymnasien sich alle zwei Jahre neu entscheiden dürfen, ob sie G8 oder G9 sein wollen?» Folge wäre lediglich eine «Riesenunruhe».

Wende wies zugleich Vorwürfe zurück, die Koalition wolle die Gymnasiallehrer-Ausbildung abschaffen. Diese werde reformiert und mehr Praxisbezug bekommen, sagte sie. «Ansonsten wird es aber nach wie vor eine Ausbildung geben, die sich an der bisherigen für Gymnasiallehrer orientiert. Neu ist, dass wir zukünftig auch die Ausbildung der Gemeinschaftsschullehrkräfte am hohen fachwissenschaftlichen Niveau der bisherigen Gymnasiallehrerausbildung orientieren, ohne den Praxisbezug zu vergessen.»

Die Ministerin verteidigte den geplanten Wegfall der verbindlichen Schulartempfehlung. Mit dem obligatorischen Beratungsgespräch nach Klasse vier bekämen die Eltern weiterhin eine klare Orientierung in Form einer mündlichen Empfehlung. «Die Eltern entscheiden dann allein, wo ihr Kind zur Schule geht. Das ist eine Errungenschaft.»

«Wir wollen den Elternwillen stärken und die Kinder in den Grundschulen schützen», sagte Wende. Derzeit werde bereits auf Grundschüler großer Druck ausgeübt. «Denn die Eltern haben bereits in der ersten Klasse Angst, es könnte für ihr Kind am Ende nicht die Gymnasialempfehlung geben.» Der weitere Schulweg dürfe nicht schon so früh beherrschendes Thema sein. «Die Grundschule soll ein Raum sein, wo sie ihre Potenziale optimal entfalten können.»

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Mit Blick auf das Dauerthema Lehrerstellen betonte Wende, «wir haben einerseits eine Schuldenbremse und wollen parallel unsere Schullandschaft entwickeln». Ziel seien mehr erfolgreiche Bildungsbiographien. Notwendig sei eine höhere Abiturquote. «Dafür brauchen wir entsprechende Lehrerstellen, denn jede neue Oberstufe an Gemeinschaftsschulen bedeutet rechnerisch 10,5 Stellen», sagte Wende. Das sei aber eine Investition, die sich lohne. «Und zwar nicht, weil ich die Studentenquote nach oben treiben will.» Auch Ausbildungsberufen verlangten eine zunehmend stärkere Basisqualifikation.

Wende will noch vor der Sommerpause ein Konzept zum gemeinsamen Lernen von Behinderten und Kindern ohne Behinderung vorlegen. Für Inklusion müssten aber die Rahmenbedingungen stimmen, sagte sie. Viele Lehrer an den Regelschulen seien in der Ausbildung niemals mit dem Thema konfrontiert worden. «Meine Vorgänger haben entschieden, dass wir Inklusion so schnell und ohne flankierende Maßnahmen in der Ausbildung angehen. Ich versuche das jetzt zu reparieren.»

Die öffentliche Debatte vermittle den Eindruck, jedes zweite Kind sei ein potenzielles Förderkind. «Das betrifft von den 265 800 Schülern in den Jahrgängen eins bis zehn aber nur 15 900 Kinder», sagte Wende. Davon gingen 60 Prozent bereits heute auf Regelschulen.

In der kommenden Woche wollen die Fraktionen von SPD, Grünen und SSW die Schulreform im Kieler Landtag beschließen. Sie soll im August in Kraft treten. CDU und FDP sorgen sich insbesondere um die Gymnasien im Land. Heftige Kritik kam auch vom Philologenverband. (André Klohn, dpa)

zum Bericht: Philologenverband: Massive Kritik am geplanten Schulgesetz in Schleswig-Holstein

zum Bericht: Wende stellt Schulgesetz vor – Opposition: «Ideologischer Irrsinn»

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2 Kommentare
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GriasDi
10 Jahre zuvor

Das Gymnasium ist schwach wie nie.

Reinhard
10 Jahre zuvor

Überall wo der Elternwille freigegeben wurde, sind die Veränderungen deutlich sichtbar.
Was spricht eigentlich dagegen, den Elternwillen z.B. ab Klasse 6 oder 7 freizugeben, wenn auch die Spätentwickler ihr Potential entfaltet haben?