Ausstieg aus G8: Niedersachsens Kultusministerin öffnet die Tür

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HANNOVER. Konkret beschlossen ist noch nichts, doch fest steht bereits: Das Turbo-Abi in seiner bisherigen Form wird zum Auslaufmodell. Empfehlungen hat eine Expertenkommission ausgearbeitet. Sie sieht verschiedene Varianten vor – darunter auch eine Wahlmöglichkeit.

Plant eine Reform von G8: Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. Foto: Martin Rulsch / Wikimedia Commons  CC-by-sa 3.0/de
Plant eine Reform von G8: Niedersachsens Kultusministerin Frauke Heiligenstadt. Foto: Martin Rulsch / Wikimedia Commons CC-by-sa 3.0/de

Das sogenannte Turbo-Abi an Niedersachsens Schulen (G8) ist nach Angaben von Kultusministerin Frauke Heiligenstadt (SPD) angezählt. «Die Tür zum G9 ist offen», sagte sie mit Blick auf eine mögliche Rückkehr zum Abitur nach neun Schuljahren an Gymnasien, statt wie bisher acht Jahren. Am Montag werde eine Expertengruppe über den Entwurf eines Abschlussberichtes beraten, sagte sie bei einer Pressekonferenz in Hannover.

Mehrere Varianten über eine Entzerrung der Lehrpläne werden geprüft, darunter die Variante eines «Abiturs im eigenen Takt». Es soll Schülern mit entsprechend guten Leistungen weiter die Chance des G8-Abiturs offenhalten. «Man muss jetzt darüber sprechen, welches die notwendigen Details und die notwendigen Regelungen sind, die man braucht, um ein besonders gutes Konzept zu haben, das dann nicht innerhalb weniger Jahre wieder repariert werden muss», sagte Regierungschef Stephan Weil (SPD). «Wir möchten gerne, dass die Gymnasien auf Dauer gute Perspektiven in Niedersachsen haben.»

Beifall kam vom Philologenverband und dem Industrieverband Niedersachsenmetall, Kritik dagegen vom Arbeitgeberverband ChemieNord Er befürchtet durch eine «drohende weitere Zerfaserung des Schulbereichs» eine Verstärkung des Fachkräftemangels. Der Arbeitgeberverband Nordmetall betonte, die Alternative zum schlecht gemachten G8 sei nicht G9, sondern ein besser gemachtes G8. Die Lehrpläne müssten entschlackt werden. Der Lehrerverband fordert in seiner Erklärung, noch mit Beginn des neuen Schuljahres am 11. September für die jetzigen Jahrgänge 5 bis 7 zum G 9-System zurückzukehren: «Wenn man erkannt hat, dass G8 falsch und für die Schüler schädlich ist, macht es keinen Sinn, Zehntausende von Schülern nach diesem System weiterlernen zu lassen.»

Verbandschef Horst Audritz verwies in dem Zusammenhang zudem auf die Oberschulen mit gymnasialem Zweig, die bei einer Verzögerung der Umstellung erst aufs übernächste Schuljahr mit nur einem Jahrgang in ein auslaufendes System einsteigen müssten. Auch der Verband Bildung und Erziehung begrüßt die Tendenz.

Heiligenstadt hatte den Fraktions- und den Koalitionsausschuss über den bisherigen Stand unterrichtet. Die Expertengruppe muss bis Ende März ihre Vorschläge präsentieren, danach wird das Gutachten einem Dialogforum zugeleitet, und die politische Debatte kann beginnen. Im Herbst soll ein Gesetzentwurf mit Änderungen für die Schulgesetz-Novelle auf den Weg gebracht werden, die zum 1. August 2015 in Kraft treten würde.

Die Opposition aus CDU und FDP befürwortet zwar ebenfalls eine Rückkehr zum G9-Abitur, kritisierte aber die Umstände der Änderungen. Der CDU-Bildungsexperte Kai Seefried sprach von einem «Chaos in der Bildungspolitik» und meinte: «Schüler, Eltern und Lehrer wissen auch heute nicht, was auf sie zukommt.» Das Ganze sei zudem zugunsten der Gesamtschule eine Kampfansage an alle Schulformen in Niedersachsen. Ähnlich äußerte sich auch der FDP-Bildungsexperte Björn Försterling, der von einem rot-grünen «Schlingerkurs» sprach. dpa

Zum Kommentar: G8: Rette sich, wer kann 

 

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