„Stammestrommel“ – Die Medienkolumne: Warum Sie Ihre Schüler im Quizduell besiegen sollten!

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OBERHAUSEN. „Stammestrommel“, unsere neue Medienkolumne von Marco Fileccia, Lehrer in Oberhausen, will zwei Dinge: Erstens zeigen, dass digitale Medien Spaß machen und zweitens dabei helfen, sich mit digitalen Medien den Schulalltag zu erleichtern.  Der Name „Stammestrommel“ ist dabei, frei nach dem Wissenschaftler Marshall McLuhan, eine Metapher für moderne Kommunikationsmedien.

„Für welche der folgenden Aufgaben ist die Milz hauptsächlich zuständig?“ „Was ist ein anderer Name für Blutplättchen?“ „Wie lautet der umgangssprachliche Name für Sepsis?“ – Fragen über die ich als ehemaliger Biologie-Referendar nur müde lächeln kann, besonders wenn ich die Antwort nicht einfach nennen, sondern aus vier möglichen aussuchen darf. Meinem Schüler Leo trieben diese Fragen mutmaßlich den Schweiß auf die Stirn. Er war und ist mein Gegner im „Quizduell“. Die Presse wähnt Deutschland im „Quizduell-Fieber“.  Angeblich spielen 8 Millionen Deutsche das Spiel, jeder Zehnte also. Ein Wert, der in einer Schulklasse leicht übertroffen wird, fragen Sie mal nach!

Wohin entwickelt sich das Internet? Diese und andere Fragen treibt unseren Kolumnisten Marco Fileccia um. (Foto: privat)
Wohin entwickelt sich das Internet? Diese und ähnliche Fragen treiben unseren Kolumnisten Marco Fileccia um. (Foto: privat)

Was also ist Quizduell? Quizduell ist eine kleine Software, App genannt, für das Smartphone, wobei es unerheblich ist, ob von Apple oder von Samsung (oder ein anderes). Die App ist denkbar simpel, bietet sie doch nichts anderes als ein kleines Quiz, bestehend aus einer Frage mit vier möglichen Antworten, davon einer richtigen. So wie „Wer wird Millionär“ und das Handy übernimmt die Rolle des Moderators Günther Jauch.

Gespielt wird in insgesamt sechs Runden á 3 Fragen, also 18 Fragen pro Spiel. Jeder Spieler erhält die gleichen Fragen und jede Frage muss in 20 Sekunden beantwortet sein, so dass keine (oder kaum) Zeit bleibt, sie anderswo zu recherchieren. Die Spieler dürfen im Wechsel pro Runde eines von 20 Wissensgebieten wählen, obige Biologie-Fragen finden sich bei „Körper&Geist“, Erdkundliches in „Rund um die Welt“ und Geschichte wird in „Zeugen der Zeit“ behandelt. So weit nichts Neues und bekannt, in zahllosen Spielen verwendet, ja auf Dauer langweilig.
Doch die Macher hinter Quizduell, eine (noch?) kleine Firma aus Schweden, FEO Media, haben zwei Gene der Netz-DNA entschlüsselt und konsequent umgesetzt: So verdiene ich Geld im Internet! und so ermögliche ich Teilhabe und Anerkennung!
Das eine (das Geldverdienen) heißt „service sales“ und ist momentan eines der erfolgreichsten Geschäftsmodelle im Internet: Ich biete mein Produkt in einer Basisversion kostenlos an und nehme Geld für Zusatzleistungen. Bei Quizduell wird in der kostenlosen Version Werbung zwischengeschaltet, die mögliche Spielerzahl begrenzt, es werden keine Statistiken angezeigt und die eigene Figur, der „Avatar“, kann nicht individuell gestaltet werden. Für einmalig knapp 3 Euro hebe ich diese Beschränkungen auf.

Das Erfolgsrezept aber liegt in der Möglichkeit gegen andere Menschen spielen zu können und nicht gegen den Computer. Wenn ich ein neues Spiel starte, erhalte ich entweder zufällig einen (übrigens etwa gleichstarken) Gegner oder… und jetzt blitzt die geniale Idee auf… ich kenne den Spieler-Namen meiner Freunde / meiner Kollegen / meiner Verwandten und spiele gegen sie (An dieser Stelle dürfen Sie nicht den gleichen Fehler machen wie ich und ihren Spieler-Namen an einen der Schüler verraten). Somit verwandelt sich das Spiel in ein soziales Event, ein geistiges Kräftemessen um Faktenwissen, einen intellektuellen Wettbewerb. Unabhängig von Raum und Zeit, denn ich kann „meine“ Runde der Fragen jederzeit spielen innerhalb einer Frist von 48 Stunden und wo ich will, vorausgesetzt mein Handy ist dabei. Ein Spiel in der Pause, im Bus, im Wartezimmer ist genauso möglich wie auf der Couch zu Hause. Jeder Spieler erhält ein Rating, kann Statistiken abrufen über die Richtigkeit seiner Antworten und sieht sogar seinen Rang aller Spieler in Deutschland. (Momentan übrigens bei knapp 500.000, Tendenz fallend!) Pädagogisch ausgedrückt: Teilhabe, denn ich mache etwas mit meinen Freunden gemeinsam und Anerkennung, denn ich kann anderen zeigen, wie gut ich bin.

So sollte die Bilanz eines Lehrers im Quizduell aussehen!
So sollte die Bilanz eines Lehrers im Quizduell aussehen! (Screenshot: Privat)

Die weniger schöne Seite des kleinen Spiel: Es ist ein „süchtig machender Zeitfresser“, da es verbunden ist mit einem hohen Aufforderungscharakter. Einmal begonnen, möchte man die sechs Runden eines Spieles auch beenden, die Anfragen von Freunden zum Spielen lehnt man nicht gerne ab und… das darf man nicht vergessen… es macht einfach Spaß sein Wissen zu testen. Seien die Fragen auch noch so absurd unwichtig wie „In welchem Jahr wurde Britney Spears geboren?“.

Verglichen mit anderen Spielen wie „Flappy Bird“, „Angry Bird“, „Pou“ oder „Jelly Splash“ möchte man als Lehrer Quizduell geradezu empfehlen. Faktenwissen hat noch niemandem geschadet und einige Fragen wären durchaus in einer Lernzielkontrolle sinnhaft, obwohl sie hier im Single-Choice-Verfahren wenig didaktisch und arg reduziert sind, ohne jeden Zusammenhang. Was nutzen mir die Antworten „Immunsystem“, „Thrombozyten“ und „Blutvergiftung“ (das sind die Lösungen von oben), wenn ich sie nicht einordnen und anwenden kann in Wissen um den menschlichen Körper.

Aber gut und immerhin… kein stupides Auf und Ab, rechts-links oder Herumklicken, immerhin muss der Kopf angestrengt werden. Und vielleicht bleibt etwas hängen, wie bei meinem Schüler Mahir, den ich partout nicht schlagen kann. Er kennt einfach alle Antworten, das Resultat vieler Spielestunden mit sich wiederholenden Fragen… oder er – aber das will ich gar nicht denken – benutzt eine der Fragen-Datenbanken die mittlerweile im Netz auftauchen oder den Trick, mit dem das Spiel überlistet werden kann (die Internet-Verbindung wird zwischendurch unterbrochen, so dass die falschen Antworten nicht gewertet werden). Ich nehme an, er spielt wie die meisten ehrlich… also nehme ich es als eine Leistung im Anforderungsbereich I (Reproduktion) und weniger in II (Reorganisation und Transfer) und gar nicht in III (Reflexion und Problemlösung), reicht aber für eine 4.

Ach ja! Warum Sie siegen sollten beim Wissensspiel gegen ihre Schüler? Alles andere ist peinlich.

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Maria Fredda
10 Jahre zuvor

Hallo Marco,

gute Einführung, aber schreiben Sie sie in der letzten Zeile groß
(und fordern Sie mich auf bei Quizduell)

Gruß
Maria Fredda