Biologie: Jane Goodall, die Mutter der Schimpansenforschung, wird 80

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LONDON. Schimpansen können kommunizieren, Gefühle zeigen und Werkzeuge benutzen. Jane Goodall war die erste, die dies belegen konnte. Am 3. April wird die «Schimpansen-Mama» aus London 80.

Forscherin und Aktivistin: Jane Goodall wird 80. Foto: Nick Stepowyj / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)
Forscherin und Aktivistin: Jane Goodall wird 80. Foto: Nick Stepowyj / Wikimedia Commons (CC BY 2.0)

Die Schimpansin Wounda kann es gar nicht erwarten, aus ihrem Verschlag herauszukommen. Als die Tierpfleger den Schieber öffnen, schwingt sich die von einer schweren Krankheit genesene Affendame auf den Käfig und von dort an den Hals einer älteren Dame. Kurz vor ihrer Auswilderung in die Freiheit nimmt Wounda ihre Retterin noch einmal in den Arm. Die ältere Frau ist «Schimpansen-Mama» Jane Goodall. Die Engländerin, die wohl so viel wie niemand sonst für das Wohl der Menschenaffen getan hat, wird an diesem Donnerstag (3. April) 80 Jahre alt.

Ihr Urteil über die eigene Lebensleistung fällt viel negativer aus als das öffentliche. «Die Situation der Affen ist heute schlechter als sie vor 50 Jahren war», sagt Goodall im Interview. Der Mensch habe durch die Jagd und durch die Erschließung des Buschs im Kongo-Becken viel Schaden angerichtet. «Das ist etwas anderes als die Jagd zur Selbsternährung, wenn der Jäger nur schießt, um sich selbst und seine Familie zu ernähren», sagt sie.

Über die Schimpansenforscherin aus Leidenschaft sind unzählige Artikel und Bücher geschrieben worden. Ein Cartoon des US-amerikanischen Karikaturisten Gary Larson sagt vielleicht am meisten aus über die Frau, die auf Bildern stets mit Pferdeschwanz und im khakifarbenen Wildhüter-Outfit zu sehen ist. «Schon wieder ein blondes Haar», sagt eine Affendame in dem Cartoon zu ihrem Mann. «Wohl wieder Feldstudien mit dieser Jane Goodall betrieben?»

Feldstudien waren der Ursprung für Goodalls «Affenliebe». 1957 hatte sie nach einer Sekretärinnenausbildung in Großbritannien die Abenteuerlust gepackt. Sie ging nach Kenia und landete im Büro von Louis Leakey, der über die Entstehung der Menschheit forschte. «Meine Mutter lachte nicht über meinen afrikanischen Traum, aber alle anderen taten es: Weil wir kein Geld hatten, weil Afrika der dunkle Kontinent war und ich ein Mädchen», erinnerte sie sich.

Leakey schickte drei junge Frauen in den Urwald, um die Affen zu beobachten. Er wollte Erkenntnisse über die nächsten Verwandten des Menschen erlangen. Jane Goodall war für die Schimpansen im Reservat von Gombe in Tansania zuständig. Es war der erste Kontakt zu den Menschenaffen – nach dem Stoff-Schimpansen, den die kleine Jane zum ersten Geburtstag geschenkt bekommen hatte.

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Aus den ersten Beobachtungen im Auftrag Leakeys wurden eigene Studien – Goodall revolutionierte die Primatenforschung. Sie entdeckte als erste, dass Schimpansen Fleisch fressen, dass sie untereinander kommunizieren, Gefühle zeigen und Werkzeuge bedienen können. «Wenn du Schimpansen triffst, dann triffst du individuelle Persönlichkeiten», sagte sie einmal.

Goodall, jung und gut aussehend, verstand es hervorragend, sich in Szene zu setzen. Die Fernsehsender flogen auf die Geschichten um die blonde Engländerin und ihre Affen. «Meine Arbeit wurde weltweit so stark anerkannt, weil die Schimpansen so die Blicke auf sich ziehen, weil sie uns so ähnlich sind und so viel lehren», sagte Goodall selbst über sich und ihr Werk, das ähnliche Popularität erlangte wie das von Dian Fossey, die durch das Buch (und den gleichnamigen Film) „Gorillas im Nebel“ weltberühmt wurde. 1962 durfte Goodall sich für eine Promotion an der Universität von Cambridge einschreiben – obwohl sie vorher nie studiert hatte. Mit ihrem Buch «The Chimpanzees of Gombe – Patterns of Behaviour» beschloss Jane Goodall im Wesentlichen ihr Dasein als Forscherin.

Aus der Wissenschaftlerin wurde eine Aktivistin. Die Tochter eines Ingenieurs und einer Schriftstellerin aus London heimste international unzählige Preise für ihre Projekte ein und steckte die Gelder in ihr Jane-Goodall-Institut, das sie bereits 1977 gegründet hatte. «Wir müssen Wälder erhalten, die Verschmutzung von Wasser, Luft und Boden stoppen», sagte sie im Interview.

Noch im hohen Alter ist Jane Goodall unermüdlich an 300 Tagen pro Jahr auf Achse – hält Vorträge, treibt Geld ein für ihre unzähligen Projekte. Eines der bekanntesten ist die 1991 mit Schülern in Tansania gegründete Aktion «Roots and Shoots» («Wurzeln und Sprösslinge»). Inzwischen existieren mehr als 10 000 Gruppen in 136 Ländern, die sich in lokalen Umwelt- und Sozialprojekten engagieren. «Junge Leute, die über die Probleme unserer Zukunft Bescheid wissen, sie sind voller Kraft Hand anzulegen und zeigen eine unglaubliche Energie und Bereitschaft», sagt Goodall.

Zu ihren Projekten gehört auch die Schimpansen-Auffangstation Tchimpounga im Kongo. Dort werden kranke und verwaiste Tiere aufgepäppelt – bis zu 150 gleichzeitig. Auf einer benachbarten Insel werden die Tiere ausgewildert, sobald sie einigermaßen fit sind. «Ich hoffe, wir können genug Geld lockermachen, damit alle hier ihre Freiheit genießen können», sagt Jane Goodall. So wie Wounda. Michael Donhausen, dpa

Zum Bericht: Schnurrende Affen und vegetarische Piranhas – WWF präsentiert 441 neu entdeckte Arten

 

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