Letzte Wernher-von-Braun-Schule in Deutschland will Namen ändern

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NEUHOF. Geachtet und verachtet: Er war ein Raumfahrt-Visionär, er war aber auch Entwickler der V2-Rakete im Zweiten Weltkrieg. In Hessen will eine Gesamtschule den Namen Wernher von Braun loswerden – als bundesweit letzte.

Die letzte Wernher-von-Braun-Schule in Deutschland will den Namen des umstrittenen Raketen-Ingenieurs ablegen. Die Gesamtschule im osthessischen Neuhof sprach sich vor kurzem bei Abstimmungen mit großer Mehrheit für eine Abschaffung des Namens aus. Von Braun sei «kein geeignetes Vorbild» für die Schüler, begründete Rektor Markus Bente als Unterstützer des Vorhabens. Der Raumfahrt-Visionär von Braun (1912-1977) hatte für die Nazis die V2-Rakete entwickelt, die als Wunderwaffe gepriesen worden war.

Der Raketentechniker WerHner von Braun ist eine umstrittene Figur. (Foto: Nasa/public domain)
Der Raketentechniker WerHner von Braun ist eine umstrittene Figur. (Foto: Nasa/public domain)

Bente zufolge ist die Schule in Neuhof die letzte in Deutschland, die den Namen trägt. Im vergangenen Jahr hatte sich zuletzt eine Schule gleichen Namens im bayerischen Friedberg bei Augsburg umbenannt. Der Landkreis Fulda als Schulträger signalisierte auf Anfrage, die Entscheidung der Schule akzeptieren zu wollen. Letztlich wird der Kreisausschuss über den Antrag entscheiden.

Ein neuer Name für die Neuhofer Schule ist aber noch nicht gefunden. Eine Kommission von Lehrern sei bereits gegründet worden. Schüler und Lehrer seien aufgerufen, sich zu beteiligen, sagte Bente. Letztlich soll die Schulgemeinde abstimmen. Zum kommenden Schuljahr will die Schule dann mit dem neuen Namen auftreten.

Schulleiter Bente hält es nicht für sinnvoll, nun bei der Namensgebung etwa eine 180-Grad-Wende hinzulegen: «Jetzt den Namen eines Widerstandskämpfers oder einer Opfergestalt zu nehmen, fände ich peinlich.» Er favorisiert einen möglichst neutralen Namen.

Laut Bente ist der Name Wernher-von-Braun-Schule für Schüler und Lehrer immer belastender geworden. «Man musste sich zunehmend rechtfertigen», sagte Bente. Im Laufe der Jahre habe an der Schule ein Reifungsprozess in der kritischen Auseinandersetzung mit den Namensgeber stattgefunden, erklärte Bente, der seit vier Jahren Schulleiter ist.

Befeuert worden sei die Diskussion zuletzt nach dem Erscheinen einer Biografie des anerkannten Historikers Michael J. Neufeld aus dem Jahr 2009, sagte Bente. Darin wird geschildert, wie stark der Ingenieur an den Verbrechen der Nationalsozialisten im Zweiten Weltkrieg beteiligt gewesen sein soll. Von Braun – Mitglied von NSDAP und SS – hatte eine Verstrickung in die Tötungsmaschinerie stets abgestritten. Von Brauns NS-Vergangenheit hinderte ihn nicht daran, später noch in den USA Karriere zu machen. dpa

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