Hilft nur noch Schlichtung? Unis streiten um Lehrerausbildung – und rufen um Hilfe

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KIEL. Miteinander geht zwischen den Unis Flensburg und Kiel im Streit um die künftige Lehrerausbildung nichts mehr. Jetzt könnte eine neutrale Schlichtung die Lösung sein – es gibt aber bereits Differenzen über die Form. Im Schleswig-holsteinischen Bildungsministerium soll es ein Gespräch geben.

Nach ihren gescheiterten Gesprächen über die künftige Lehrerausbildung in Schleswig-Holstein setzen die Universitäten Flensburg und Kiel auf eine Schlichtung. Das sagten Sprecher beider Hochschulen. Strittig ist aber, ob ein Schlichter oder eine Expertenkommission zum Zuge kommen soll. Das Bildungsministerium bekundete großes Interesse, dass sich die beiden Hochschulen auf eine Aufteilung der Lehrerausbildung einigen – ohne selber neue Vorschläge zu machen.

Denn der Gesetzentwurf von Bildungsministerin Waltraud Wende (parteilos) für die künftige Lehrerausbildung befinde sich in der parlamentarischen Beratung, erläuterte ein Ministeriumssprecher. Im Juli soll der Landtag nach Anhörungen das Gesetz beschließen. Im Ministerium sei aber in Kürze ein Gespräch mit den Präsidien der Hochschulen geplant. Ursprünglich habe man darauf gehofft, dass sich die Hochschulen bei ihren bilateralen Gesprächen zuvor intern einigen würden. «Jetzt haben wir eine andere Ausgangslage», sagte der Sprecher.

Über das Treffen der Hochschulleitungen vom vergangenen Freitag sagte Flensburgs Uni-Pressesprecherin Kathrin Fischer: «Die Gespräche sind vorläufig gescheitert.» Dem «Flensburger Tageblatt» sagte Flensburgs Uni-Präsident Werner Reinhart, sein Kieler Amtskollege Gerhard Fouquet «hat uns wortwörtlich einen „blutigen Krieg und eine schmutzige Kampagne“ angedroht, wenn wir ihm nicht folgen». Damit sei eine Grenze überschritten worden. Fouquet sagte der Zeitung, «jetzt ist erst einmal die Politik gefragt».

Worum geht es? Die Lehrerausbildung im Norden soll reformiert werden. Strittig ist, welche Bereiche in Zukunft die Universität Flensburg übernimmt und welche die Universität Kiel. Bisher werden in Flensburg Primarstufenlehrer der Klassen eins bis vier sowie Lehrer der Sekundarstufe I (Klassen 5 bis 10) ausgebildet – in insgesamt 19 Fächern. Nach einer einvernehmlichen Vereinbarung mit der Uni Kiel vom vergangenen Herbst sollten in Flensburg 7 der 19 Fächer auf Sekundarstufe-II-Niveau (Klasse 11 bis 13) angehoben werden. Sechs der Fächer werden künftig nur auf Primarstufenniveau angeboten.

Stein des Anstoßes wurden geplante Änderungen: Demnach sollen in Flensburg künftig in 13 Fächern Sekundarstufenlehrer bis zur Klasse 13 ausgebildet werden. Die Universität Kiel sah den Konsens aufgekündigt, Fouquet sprach von Wort- und Vertrauensbruch. Die Uni-Kiel kündigte an, jede Zusammenarbeit mit der Uni Flensburg erst einmal auf Eis zu legen. In Kiel werden bisher die Gymnasiallehrer ausgebildet. Fouquet äußerte die Sorge, die Uni Kiel könne massive Verluste an Ausbildungsbereichen und an Personal erleiden.

Die Uni Flensburg wiederum argumentiert, dass sich die Geschäftsgrundlage seit Herbst entscheidend geändert habe. Denn die ursprünglichen Pläne seien von den bisherigen Stufenlehrern I und II ausgegangen. Jetzt aber wolle Schleswig-Holstein das Sekundarstufenlehramt von Klasse 5 bis 13 einführen. Das würde bedeuten, dass Flensburg nur noch der Primarbereich bliebe und ein Angebot im Sekundarbereich in 7 Fächern. Dies sei aber eine zu geringe Zahl an Fächern und Fächerkombinationen. Die Uni Flensburg würde nach Schätzungen etwa 1000 Lehramtsstudenten verlieren und damit ihre Zukunftsfähigkeit in der Lehrerausbildung.

Bildungsstaatsekretär Rolf Fischer war am vergangenen Montag mit den Hochschulpräsidien zusammengekommen und hatte Denkmodelle präsentiert. Darüber berichtete Flensburgs Uni-Präsident Reinhart: «In den Gesprächen wurde die Möglichkeit angedeutet, dass der Ausbau in den Fächern Physik und Chemie auf Sekundarstufe-II-Niveau nicht zwingend sei. Stattdessen wurde über den Ausbau von Kunst gesprochen sowie einem weiteren 13. Fach. Physik und Chemie könnten gemeinsam mit Biologie das neu zu schaffende Studienfach „NaWi“ beliefern, das an Gemeinschaftsschulen unterrichtet wird.»

Der Ministeriumssprecher betonte, der bisher vorliegende Gesetzentwurf nenne keine konkreten Fächer für Flensburg. Nur bei der Finanzierung sei eine Aufstockung um sechs weitere Fächer vorgesehen.

Die Uni Flensburg wird sich «einer moderierten Schlichtung der Gespräche zwischen den beiden Hochschulen nicht verweigern», sagte Reinhart. Der künftige Kieler Uni-Präsident Lutz Kipp plädiert dagegen für eine neutrale Expertenkommission, die alle offenen Fragen im Zusammenhang mit der Reform noch einmal erörtert. dpa

Zum Bericht: Lehrerausbildungsstreit: Kieler Uni-Präsident droht Flensburg mit „schmutziger Kampagne“

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