Kultusminister Stoch wegen nicht bezahlter Praktikanten unter Druck

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STUTTGART. Nicht bezahlte Praktikantenstellen sind ein heikles Thema. Nun steht das Ressort des baden-württembergischen Kultusministers Stoch im Fokus der Kritik. Daraufhin ändert das Haus seine Praxis und bezahlt ab sofort junge Leute.

Führt eines der schwierigsten Ressorts in Baden-Württemberg: Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Foto: Sven Teschke/Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)
Führt eines der schwierigsten Ressorts in Baden-Württemberg: Kultusminister Andreas Stoch (SPD). Foto: Sven Teschke/Wikimedia Commons (CC-BY-SA-3.0)

Nach heftiger Kritik am Umgang mit Praktikanten will das Kultusministerium die jungen Leute künftig bezahlen. Je nach Alter und Ausgangsbedingungen sollen sie zwischen 300 und 500 Euro erhalten, teilte ein Sprecher in Stuttgart mit. Das Haus mit Minister Andreas Stoch (SPD) an der Spitze hat bislang weder eine Vergütung noch Fahrtkosten bezahlt. Dieses Vorgehen rief die FDP auf den Plan. Sie startete eine parlamentarische Anfrage zu dem Thema.

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke sagte zu der bisherigen Praxis: «Sich einerseits für Mindestlöhne selbst zu feiern und andererseits junge Menschen über Monate ohne jegliche Bezahlung auszubeuten, ist Heuchelei in Reinkultur.» Laut des inzwischen entfernten Angebots auf der Homepage des Kultusministeriums wurden Studenten aus dem Bereich Kommunikations- oder Medienwissenschaften, Politikwissenschaften, Germanistik, Linguistik, Verwaltungswissenschaften oder Staatswissenschaften angesprochen. Für die Tätigkeit von bis zu sechs Monaten wurde keine Vergütung bezahlt. Der FDP-Abgeordnete Timm Kern, der für die Bildungspolitik zuständig ist, sagte, hier handele es sich um einen weiteren Fall, wo Anspruch und Wirklichkeit bei Grün-Rot auseinanderfielen. «Vor 2000 Jahren nannte man dieses Verhalten Pharisäertum.»

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Das Zurückrudern des Ministerium kommentierte Rülke mit den Worten: «Als Winfried Kretschmann noch in der Opposition war, sagte er gerne: „Eine gute Opposition regiert mit!“» Zunächst hatte der Sprecher von Stoch die Kritik der Liberalen an dem Vorgehen zurückgewiesen. Das Kultusministerium beschäftigte seit Januar 2011 insgesamt 40 Praktikanten – vorwiegend Studenten. Der Sprecher verwies gleichfalls darauf, dass unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung Praktika auch nicht bezahlt worden seien.

Der DGB-Landesvorsitzende Nikolaus Landgraf sagte: «Was in der Privatwirtschaft kritikwürdig ist, ist es erst recht im öffentlichen Dienst.» Das Land müsse als Arbeitgeber Vorbildcharakter haben, unbezahlte Praktika passten nicht dazu. CDU-Fraktionschef Peter Hauk nannte das Vorgehen des Ministeriums unmöglich. Es sei nicht akzeptabel, dass es keine Vergütung gebe.

Im Wirtschafts- und Finanzministerium gibt es aktuell fünf Praktikanten, teilte eine Sprecherin mit. Sie erhielten mindestens 300 Euro pro Monat. In der Regierungszentrale von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) werden die Praktikanten ab einer Dauer von acht Wochen bezahlt: Die Vergütung beträgt zwischen 300 Euro und 450 Euro. Hinzu kämen die  Sozialversicherungsabgaben, teilte eine Sprecherin mit. Bewerber, die weniger als zwei Monate lang Erfahrungen sammeln wollen, werden nur in Ausnahmefällen genommen. Oliver Schmale, dpa

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