Polizei-Puppenbühnen: Der „Verkehrs-Kasper“ bangt um seine Zukunft

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NÜRNBERG. Sie vermitteln grundlegende Verkehrsregeln und warnen vor Fahrraddieben – in der Verkehrserziehung von Vorschulkindern sind Verkehrs- und Polizeipuppenbühnen kaum wegzudenken. Trotzdem muss der «Verkehrs-Kasper» vielerorts um seine Zukunft bangen.

"Der Kasper sagt, über die Straße gehen darf man nur bei Grün." Foto: Stahlkocher / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)
„Der Kasper sagt, über die Straße gehen darf man nur bei Grün.“ Foto: Stahlkocher / Wikimedia Commons (CC BY-SA 3.0)

Roxys Rüpeleien stoßen bei dem jungen Publikum auf wenig Begeisterung. Als der «Straßenschreck» den Vier- bis Fünfjährigen kumpelhaft dazu rät, es doch mit roten Fußgänger-Ampeln nicht so genau zu nehmen, erntet der nur laute «Nein»-Rufe. Fast schon empört weisen die rund 60 vor der Puppenbühne versammelten Kinder die gefährlichen Ratschläge des Bösewichts zurück – und konfrontieren ihn lautstark mit dem gerade Erlernten: «Der Kasper sagt, über die Straße gehen darf man nur bei Grün».

Guido Nowak ist zufrieden. Die Kinder haben ihre Lektion gelernt. «Wichtig ist, dass wir Verkehrsregeln in unserem Spiel immer wiederholen, dann sitzt das», erläutert er. Der 55 Jahre alte Polizist aus Rostock hatte zuvor auf spielerische Weise mit den Kindergartenkindern in einem Fürther Gemeindesaal Verkehrsregeln geübt – tatkräftig unterstützt von Kasperl und seinem Möchtegern-Polizeihund «Bello».

Nowak betreibt im Auftrag des Landeskriminalamtes in Rostock zusammen mit drei Kollegen die Polizeipuppenbühne Mecklenburg-Vorpommern. Es ist eines von rund 100 offiziellen Polizeiensembles in Deutschland. Auch wenn sie von Erwachsenen kaum wahrgenommen werden, bringen es die Puppen spielenden Uniformierten jährlich auf ein Millionen-Publikum. Allein das Ensemble um Guido Nowak spielt bei mehr als 200 Aufführungen im Jahr vor rund 16 000 Kindern.

Noch bis diesen Freitag (23. Mai) stellen 13 von ihnen beim 8. Internationalen Festival der Polizeipuppenbühnen im Großraum Nürnberg ihre neuesten Produktionen vor. Getrübt wird die Festival-Stimmung allerdings durch die vielerorts schwierige Lage der polizeiamtlichen Verkehrserzieher.

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Festival-Chef Reimar Löblein räumt ein, dass die Verkehrs- und Polizeipuppenbühnen schon bessere Zeiten erlebt haben. Die Suche vieler Innenpolitiker nach Einsparungsmöglichkeiten in den Polizeiveraltungen machen dem einstigen «Verkehrs-Kaspar» vielerorts das Überleben schwer. Noch vor ein paar Jahren gab es rund 130 Polizei- und Verkehrspuppenbühnen in Deutschland; seitdem sinkt die Zahl Jahr für Jahr.

Selbst im Bundesland Nordrhein-Westfalen ist die Szene stark geschrumpft: Von den einst 50 Polizei-Ensembles existieren nach Löbleins Angaben heute nur noch 30. In Sachsen, so berichtet Guido Nowak, seien von einst neun polizeiamtlichen Verkehrsbühnen nur drei übrig geblieben. Währenddessen mühen sich die drei bayerischen Puppenensembles seit Jahren vergeblich darum, neben Nürnberg, München und Weiden auch in Augsburg und Regensburg Puppenbühnen zur Verkehrserziehung von Vor- und Grundschulkindern aufzubauen.

Nach Löbleins Einschätzung haben die Puppenbühnen wie die gesamte Verkehrserziehung ein Problem: «Prävention lässt sich nicht messen und wird daher in der Politik stiefmütterlich behandelt». Der Vorsitzende des Festival-Fördervereins ist überzeugt davon, dass ohne die Arbeit der polizeilichen Verkehrserzieher samt ihrer Puppenbühnen die Zahl der Unfälle mit Kindern weitaus höher liegen würde.

Wie stark die erzieherische Wirkung der Puppenbühnen ist, zeigt sich an diesem Vormittag im Gemeindesaal in Fürth. Gebannt verfolgen die Vier- bis Fünfjährigen das Schicksal des schusseligen Raben Harald. Gerade noch hatte ihm der Kasper das richtige Verhalten beim Straßenüberqueren eingeschärft, da hat er sie – abgelenkt von einem herumgaukelnden Schmetterling – auch schon wieder vergessen: Der Gelbschnabel läuft trotz roter Ampel über die Straße – und vor einen gerade noch rechtzeitig stoppenden Lastwagen.

Die Themen der Polizei-Puppenbühnen beschränken sich nach Löbleins Angaben aber keineswegs nur auf Verkehrserziehung. Längst nutzen die Ordnungshüter die bunten Figuren zur Verbrechens-Vorbeugung. Da werden Fahrraddiebstähle in spielerischer Weise angeprangert und auf unterhaltsame Weise wird vor Vandalismus gewarnt. Als sich vor ein paar Jahren in Nürnberg Kinderunfälle an Bus- und U-Bahnstationen auffällig häuften, legte die Verkehrspuppen-Bühne der örtlichen Polizei kurzfristig ein entsprechendes Stück auf. Klaus Tscharnke, dpa

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