Länger schlafen zur WM – Lehrerverbände gegen Fußball-Ausnahmen

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SALZGITTER/FRANKFURT. Die Fußball WM wirft ihren langen Schatten auf Deutschlands Schulen- und seien es nur die Schatten unter den Augen übermüdeter Schüler. Darüber ob nach Spielen der deutschen Mannschaft der Unterrichtsbeginn verschoben werden soll, gibt es landauf landab Diskussionen und unterschiedliche Regelungen. Lehrerverbände weisen auf organisatorische Schwierigkeiten.

Abends bei der WM mitfiebern und morgens länger schlafen? Das dürfte sich mancher Schüler wünschen, denn einige Spiele der Fußball-Weltmeisterschaften fangen erst um 22.00 Uhr europäischer Sommerzeit oder noch später an. Ob man da nicht was am Stundenplan drehen kann? Schwierig. Eine einheitliche Regelung gibt es in Deutschland nicht. In manchen Bundesländern können es sich die Schüler ganz abschminken, nach den Spielen länger zu schlafen. Andere Länder überlassen es den Schulen, ob der Unterricht während der Weltmeisterschaft später losgeht.

Wenn der Ball rollt beginnt an einigen Schulen der Ausnahmezustand, an anderen nicht. (Foto: Awaya Legends/Flickr CC BY-SA 2.0)
Wenn der Ball rollt beginnt an einigen Schulen der Ausnahmezustand, an anderen nicht. (Foto: Awaya Legends/Flickr CC BY-SA 2.0)

Wegen des Fußballfiebers also länger im Bett bleiben? «Das ist zwar gut gemeint, aber der Aufwand ist zu groß», sagt Ilka Hoffmann von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Und der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Josef Kraus, hält davon «überhaupt nichts». Er sagt: «Schule muss Vorrang haben.»

«Viele Schüler fahren mit dem Bus, die Fahrpläne werden aber nicht extra wegen der WM umgestellt. Dann könnten diese Schüler ohnehin nicht später zur Schule kommen», sagt Hoffmann von der GEW. Auch Kraus vom Lehrerverband meint, es höchstens in Großstädten könnte man den Unterrichtsbeginn verschieben. «Was macht man denn mit Schulen auf dem Land, wo die Schüler von den Bussen abhängig sind?»

Dass einige Länder die Schulen selbst über den Schulbeginn entscheiden lassen, davon hält Hoffmann nichts. «Es ist falsch, die Verantwortung an die Schulen zu geben. Weil die Schulen dann auch die Verantwortung tragen, wenn die Schüler müde im Unterricht sitzen.»

Etwa in Baden-Württemberg, Sachsen und Niedersachsen entscheiden die Schulen selbst, ob das tatsächlich so ist oder der Unterricht während der WM später losgeht. In Baden-Württemberg seien die Reaktionen gemischt: An manchen Schulen scheine Fußball keine Rolle zu spielen, andere freuten sich, flexibel sein zu können, sagte eine Sprecherin des Kultusministeriums. Für viele Schulen ist der Aufwand zu groß.

Ob machbar oder nicht, Kraus hält auch mit Blick auf die anstehenden Zeugnisse nichts von Fußball-Ausnahmen. Lehrer seien am Ende des Schuljahres froh um jede Stunde: «Ganze Klassen brauchen noch Noten oder ein Schüler steht noch auf der Kippe, so dass Lehrer ihm nochmal auf den Zahn fühlen wollen.» Hoffmann von der GEW plädiert aber für etwas Rücksicht: «Die Schulen sollten (…) zum Beispiel keine Klassenarbeiten nach wichtigen Spielen ansetzen.»

Manche Schüler haben ohnehin ein bisschen Glück, ganz egal, wie und wann der Schulbus fährt: Etwa in Hamburg, Brandenburg, Berlin und Nordrhein-Westfalen gibt es früh Sommerferien – so können sie zumindest in der entscheidenden WM-Phase die Spiele gucken und am nächsten Morgen so lange liegen bleiben, wie sie wollen. Vorher heißt es aber noch Daumen drücken, damit Deutschland es auch tatsächlich so weit schafft. (Elena Zelle, dpa)

 zum Bericht: Politiker von Grünen und CDU fordern: Späterer Schulbeginn bei der Fußball-WM

zum Bericht: Grünen-Antrag abgelehnt: Unterrichtsbeginn in Bayern wird wegen der WM nicht verschoben

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1 Kommentar
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xxx
9 Jahre zuvor

Sensibilität bei Klassenarbeiten halte ich noch für angemessen, Stundenplanänderungen aber für lächerlich. Wer bis Mitternacht oder länger Fußball gucken kann, kann auch morgens um 8:00 unterricht(et werd)en. Außerdem werden auch massig Schüler der Mittelstufe unter der Woche regelmäßig bis Mitternacht oder so in irgendwelchen Chats, bei Facebook u.ä. „abhängen“.