Verdacht der Bestechung und des Betrugs: Ermittlungen gegen Kieler Bildungsministerin Wende

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KIEL. Wie lange hält sich Bildungsministerin Wende noch im Amt? Nach dem politischen Druck wegen der umstrittenen Rückkehroption als Professorin nach Flensburg ermittelt jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Bestechlichkeit. Noch steht Ministerpräsident Albig zu Wende.

Während im Norden 22.000 Erstklässler am Montag, 25. August, ihren ersten Schultag feierten, beschäftigte Bildungsministerin Waltraud Wende ein ganz anderes, brisantes Thema: Sie bekam überraschenden „Besuch“ von der Staatsanwaltschaft Kiel. Beamte durchsuchten ihre Arbeitsräume im Ministerium und ihr privates Domizil in Flensburg. Akten wurden beschlagnahmt, elektronische Daten gesichert. In der Staatskanzlei ließ man sich die Personalakte der parteilosen Politikerin aushändigen. Parallel lief eine Razzia beim Kanzler der Uni Flensburg, Frank Kupfer.

Stand gehörig unter Druck: Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud Wende. (Foto: Steffen Voss/Bildungsministerium Schleswig Holstein)
Die Staatsanwaltschaft Kiel ermittelt gegen Schleswig-Holsteins Bildungsministerin Waltraud Wende wegen des Verdachts der Bestechung. (Foto: Steffen Voss/Bildungsministerium Schleswig Holstein)

Der Verdacht der Staatsanwaltschaft geht in strafrechtliche Bereiche, die mancher eher mit der Mafia verbindet: Bestechung und Bestechlichkeit sowie Betrug. Kupfer soll 2012 „maßgeblich und rechtswidrig“ an einer Rückkehroption Wendes an die Universität Flensburg mitgewirkt haben – für den Fall, dass sie ihr Ministeramt vorzeitig beendet. Dafür hätte eine mit rund 8000 Euro monatlich dotierte Professorenstelle erst geschaffen und ohne Ausschreibung vergeben werden müssen. Im Gegenzug dafür soll Wende – damals Flensburger Uni-Präsidentin – Kupfer dem Senat der Uni zur Wiederwahl als Kanzler vorgeschlagen haben. Der Betrugsvorwurf gegen Wende basiert, vereinfacht formuliert, darauf, dass die Wissenschaftlerin dem Senat vorgegaukelt haben soll, ein Rechtsgutachten habe den Anspruch auf eine Rückkehr nach Flensburg bestätigt.

Nach öffentlichem Druck erklärte Wende am 17. April, auf die Rückkehroption zu verzichten. Dazu hatte ihr Ministerpräsident Torsten Albig (SPD) geraten. Die Opposition im Landtag attackierte Wende und forderte ihren Rücktritt. Albig wiederum hielt im Landtag massiv dagegen und stärkte Wende den Rücken. Er warf der Opposition eine persönliche Schmutzkampagne vor. Dabei gehe es der Opposition letztlich darum, durch persönliche Angriffe die Regierung zu destabilisieren.

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Ritterlich setzte sich Albig im Mai in einer Sitzung des Bildungsausschusses des Landtags demonstrativ neben Wende und parierte für sie zahlreiche verbale Angriffe der Opposition. Dabei lobte er erneut seine Ministerin und sprach ein Machtwort: Bis zum Ende der Legislaturperiode 2017 werde Wende ihre gute Arbeit fortsetzen.

Albig selber hatte Wende aus Flensburg in die Politik geholt, sie gefragt, ob sie Ministerin werden wolle. Die Wissenschaftlerin hat keine Parteierfahrung. Die Opposition warf Wende wiederholt professorales Gehabe und Selbstherrlichkeit vor. Neben dem persönlichen Vorwurf der Selbstbedienung und Selbstbegünstigung lehnen CDU und FDP Wendes Schulpolitik ab, die sie ideologisch motiviert sehen. Hauptkritikpunkt: Die Ministerin wolle mit der Einführung des „Einheitslehrers“ das Gymnasium abschaffen – was diese bestreitet.

Sollte Wende ihr Ministeramt nach den staatsanwaltlichen Ermittlungen aufgeben (müssen), könnte die Opposition das von Albig ihr unterstellte Ziel, erreichen – die Landesregierung zu destabilisieren. Die Unterstützung des Ministerpräsidenten für seine Ministerin war am Montag im Vergleich zu früherem Beistand recht blass: „Wir haben keinen Hinweis zu glauben, dass sich der Anfangsverdacht erhärten wird.“ Von Matthias Hoenig (dpa)

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Küstenfuchs
9 Jahre zuvor

Das ist der bisherige absolute Tiefpunkt in Schleswig-Holstein: Bei der Ministerin wird Privatwohnung und Diensträume (laut S-H-Medien) durchsucht. Kann man noch tiefer sinken?

Christian Möller
9 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Rein äußerlich ist das vielleicht ein Tiefpunkt. Was Frau Wende allerdings in der relativ kurzen Zeit ihres Wirkens an Reformen im Bildungssystem durchgedrückt hat, ist atemberaubend und für Schleswig-Holstein erheblich gravierender als der Betrugsverdacht.
Die Frau ist pure Gender-Ideologin und handelt entsprechend forsch und fanatisch. Sie weiß, dass sie nur begrenzte Zeit hat. Sie will darum in ihrer Amtszeit so viel wie möglich an herkömmlichen Strukturen im Schulwesen zerschlagen und sich zugleich für die Zeit danach ein warmes Nest an der Uni Flensburg sichern.
Schade, dass die Schlagzeilen über Betrug und Bestechung das überdecken und aus dem Blickfeld drängen, was Frau Wende an weit Schlimmerem für das Bundesland Schleswig-Holstein angerichtet hat.

Storb
9 Jahre zuvor
Antwortet  Küstenfuchs

Natürlich kann man tiefer sinken. Wie Wulff etwa.

Ich halte nichts von Frau Wendes Politik – gar nichts. Aber wenn die erhobenen Vorwürfe zu einer Hausdurchsuchung führen, müssten vermutlich die Wohnungen zahlloser Politiker und Beamter bundesweit durchsucht werden. Erstaunlich, wofür die Staatsanwaltschaft Zeit hat.