Gymnasialdirektoren: „Die föderale Bildungspolitik ist gescheitert“ – sie fordern Deutschland-Abi

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DÜSSELDORF. Das bundesweite „Schulstrukturchaos“ mache die Bildungsgerechtigkeit zunichte und schränke die Mobilität von Eltern stark ein, befindet die Bundesdirektorenkonferenz Gymnasien. Unterschiedliche Bestimmungen zum Abitur in den Ländern kosteten Schüler bei einem Umzug mitunter bis zu zwei Jahre. Statt des geplanten Aufgabenpools fordern die Direktoren ein bundesweites Zentralabitur.

Die Vereinigung der Direktoren deutscher Gymnasien hat ein bundesweit einheitliches Zentralabitur gefordert. Die von der Kultusministerkonferenz (KMK) geplante Angleichung über einen Abituraufgaben-Pool sei «Etikettenschwindel», kritisierte die Bundesdirektorenkonferenz (BDK) . Nötig sei ein Zentralabitur mit denselben Aufgaben am selben Tag.

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Die Bundesdirektorenkonferenz Gymnasien fordert ein bundesweites Zentralabitur mit denselben Aufgaben am selben Tag. Foto: berndschmitz / Flickr (CC BY-SA 2.0)

Der Sprecher der Kultusminister der unionsregierten Länder, Bayerns Bildungsminister Ludwig Spaenle (CSU), lehnt das ab. «Ein Einheitsabitur kann leicht zum Abitur light werden», mahnte er in einer Mitteilung. Auch die amtierende KMK-Präsidentin, Nordrhein-Westfalens Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne) hatte sich bereits mehrfach gegen ein bundesweit uniformes Zentralabitur ausgesprochen. Beide Politiker halten das wegen unterschiedlicher Ferientermine für nicht praktikabel.

«Die Kultusministerkonferenz hat versagt», kritisierten dagegen die Direktoren in ihrer «Düsseldorfer Erklärung». Es sei ihr seit Jahrzehnten nicht gelungen, die Grundlagen für einheitliche Regelungen zu schaffen. «Es gibt keine Bildungsgerechtigkeit.» Damit sei die föderale Bildungspolitik auf einem der «wenigen Spielfelder der Landespolitik» gescheitert. Die BDK organisiert nach eigenen Angaben rund 3000 Gymnasialdirektoren in Deutschland.

Der BDK-Vorsitzende, Rainer Stein-Bastuck, kritisierte ein «Schulstrukturchaos», das den Umzug von Eltern mit Schulkindern in andere Bundesländer unvermindert erschwere. Es gebe zahlreiche unterschiedliche Bestimmungen, unter anderem zum Übergang von der Grundschule zum Gymnasium, zu den Voraussetzungen für Abitur und mittleren Bildungsabschluss sowie zur Versetzung. «Das kann Kinder bei einem Umzug zwei Jahre kosten», sagte Vorstandsmitglied Konrad Großmann.

Dagegen sei ein Staatsvertrag das wirksamste Instrument, betonte Spaenle. Nach Beschluss der KMK werden ab 2017 vergleichbare Abituraufgaben in den Fächern Deutsch, Englisch, Französisch und Mathematik eingeführt.

Die Direktorenvereinigung forderte außerdem ein Korrektiv, um offensichtlich falsche Schulwahlentscheidungen von Eltern verpflichtend korrigieren zu können. Das Qualitätsniveau des Abiturs und die damit verbundene Studierfähigkeit müssten erhalten bleiben.

Nur in Bayern und Sachsen sei die Empfehlung für die weiterführende Schule noch bindend. In anderen Ländern zähle allein der Elternwille – auch wenn es zum Nachteil des Kindes sei, kritisierten die Direktoren. In Baden-Württemberg gebe es eine Empfehlung, die das aufnehmende Gymnasium aber gar nicht zu Gesicht bekomme.

Im Saarland und in Bremen kämen überzählige Anmeldungen in einen Los-Topf, berichtete Stein-Bastuck. Dabei könnten auch hochbegabte Kinder durch den Rost fallen. Völlig unterschiedlich seien die Versetzungsbestimmungen: Im Extremfall – in Bremen – sei es nur noch am Ende der 9. Jahrgangsstufe möglich, nicht zu versetzen. «Es gibt kein Notenbild, das zwangsläufig zu einer Nichtversetzung führt.»

Ähnlich bunt seien die Ausgleichsregelungen, um schlechte Noten zu kompensieren und doch noch versetzt oder zur Abiturprüfung zugelassen zu werden sowie bei den Stundenanforderungen für Prüfungsfächer. «Die KMK hat alles abgesegnet, was die Bundesländer machen wollen», kritisierte der Vizevorsitzende der Vereinigung, Ralf Treptow. (dpa)

Düsseldorfer Erklärung

zum Bericht: Keine Beschwerden von Lehrern über «Sechsländerabitur»

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1 Kommentar
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xxx
9 Jahre zuvor

tu meiner zeit waeen maximal vier gundkurs-defizite erlaubt. heute mit den ganzen Schwerpunkten im Extremfall acht oder so. kein wunder, dass man schon komplexe Computerprogramme für die noten einsetzen muss …

ebenso sind die versetzungskriterien in der dek i sowie von 10/ef nach 11/q1 sehr „kreativ“. dazu kommt die zentrale Prüfung, die etlichen Schülern die versetzung gerettet hat. aber das ist wohl aus Rücksicht auf die gesamtschulen von der politik so gewollt.

(alle angaben beziehen sich auf nrw, gym)