Radikale Kehrtwende? Möglicher Kretschmann-Konkurrent Wolf will „völlig anderes“ Bildungssystem

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STUTTGART. Zurück in die Zukunft? Wird der CDU-Politiker Guido Wolf 2016 Ministerpräsident von Baden-Württemberg, soll es einen neuen radikalen Umbau des Bildungssystems im Ländle geben. Die grün-roten Gemeinschaftsschulen würden gleich wieder zum Auslaufmodell. Amtsinhaber Winfried Kretschmann (Grüne) nannte Wolfs Ideen „sehr unausgegoren“.

"Das ist nicht nur ein etwas anderes Konzept, sondern ein völlig anderes": der mögliche CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf. Foto: Ra Boe / Wikipedia (CC BY-SA 3.0 DE)
„Das ist nicht nur ein etwas anderes Konzept, sondern ein völlig anderes“: der mögliche CDU-Spitzenkandidat Guido Wolf. Foto: Ra Boe / Wikipedia (CC BY-SA 3.0 DE)

Für den Fall eines Regierungswechsels 2016 in Baden-Württemberg will der mögliche CDU- Spitzenkandidat Guido Wolf das Bildungssystem erneut völlig umkrempeln. Der von der CDU-Fraktion aufgestellte Gegenentwurf zum grün-roten System müsse rasch umgesetzt werden, sagte Wolf in Stuttgart. «Das ist nicht nur ein etwas anderes Konzept, sondern ein völlig anderes.» Für die von Grün-Rot eingeführte Gemeinschaftsschule könnte dann schon wieder das schleichende Aus kommen. Kretschmann warnte hingegen vor erneuten Änderungen in der Bildungspolitik. Es gehe um die Kinder und Jugendlichen. «Da kann man nicht alle fünf Jahre das Rad neu erfinden», erklärte Kretschmann

«Wir wollen dieses Land nicht flächendeckend mit Gemeinschaftsschulen überziehen», kündigte Wolf an, der auch Landtagspräsident ist. Zwar würden die bestehenden Gemeinschaftsschulen die Chance bekommen, ihre Schüler zu einem Abschluss zu führen. Ziel sei es aber, dass sie sich so weiterentwickeln, dass sie einen Platz im CDU-System bekommen. Dieses sieht im Kern vor, die Gymnasien unangetastet zu lassen. Auch an der vierjährigen Grundschule wolle man nichts verändern. «Sie bleibt», versicherte Wolf. Für den weiteren Bildungsweg bekomme die Realschule «den Hut auf». Die Schüler dort sollen in der fünften und sechsten Klasse gemeinsam unterrichtet werden. Danach steht dann laut CDU-Idee eine neue Bildungswegeempfehlung, die darüber entscheidet, ob der Schüler Richtung Haupt- oder Realschulabschluss geht. «Der Vorteil ist die Durchlässigkeit unter dem Dach der Realschule in die eine wie in die andere Richtung.» Das könne dann «Differenzierte Realschule» oder «Realschule Baden-Württemberg» heißen.

Und was wird dann aus dem grün-roten Prestigeprojekt der bislang 209 Gemeinschaftsschulen als Alternative zum mehrgliedrigen Schulsystem? Unter CDU-Führung könnten sie sich «weiterentwickeln, um in der differenzierten Realschule zu landen», sagte Wolf. Doch: «An diesen weiterentwickelten Gemeinschaftsschulen wird es sicher keine gymnasiale Oberstufe geben können.»

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CDU-Maxime sei, so Wolf, dass die Bedingungen für alle Schulen gleich seien. Bei Sachkostenausstattung, Lehrerversorgung oder auch bei Klassenteiler bevorzuge Grün-Rot spezielle Schularten. «Im Moment sind die Bedingungen unterschiedlich – und das muss abgestellt werden», sagte Wolf. «Es ist nicht gerecht, wenn ich verschiedene Schularten mit unterschiedlichen Rahmenbedingungen versehe.»

Unentschieden sei die Union noch bei der Frage nach der Zukunft des Turboabiturs nach nur acht Jahren am Gymnasium (G8). Die «starke Sogwirkung» der bisher 44 Schulen mit neunjährigen Zügen (G9) dürfe man nicht außer Acht lassen. Die Öffnung werde man wohl beibehalten. «Die schnelle Rolle rückwärts wird es nicht geben.»  Thomas Strobl, CDU-Landeschef und Wolfs Gegenkandidat bei der Wahl des CDU-Spitzenkandidaten für 2016, hatte neulich gefordert, dass Schüler zwischen dem acht- und neunjährigen Gymnasium frei wählen dürfen. Wolf betonte, er wolle «alle Betroffenen nochmal anhören».

Das Rad nicht zurückdrehen will Wolf bei der Grundschulempfehlung. Grün-Rot hatte die Verbindlichkeit der Empfehlung der Lehrer zur weiterführenden Schule nach der vierten Klasse abgeschafft. Heißt: Die Lehrer geben noch eine Empfehlung, das letze Wort haben aber die Eltern. Gehe es nach ihm, sagte Wolf, würde die verbindliche Empfehlung nicht wieder eingeführt. Allerdings wolle man auch «nicht weiter so tun, als ob allen Schülern alle Wege offen stehen». dpa

Zum Kommentar: Liebe Schulpolitiker, gebt endlich mal Ruhe

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3 Kommentare
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xxx
9 Jahre zuvor

„Völlig anders“ finde ich den Vorschlag nicht. Der Hauptunterschied ist die fehlende Oberstufe und ggf. der Erhalt der Gymnasien.

Reinhard
9 Jahre zuvor

Die beschriebene neue Realschule heißt in Rheinland-Pfalz „Realschule Plus“.

Werner
9 Jahre zuvor

Die Idee ist dann interessant, wenn dadurch z.B. im städtischen Bereich keine Schulen entstünden, die über 600 oder 700 Schülerinnen / Schüler hätten, da die eher HS-Orientierten nur über persönliche Beziehungen angesprochen werden können (überschaubare Schulgröße; Klassenlehrerprinzip). Jetzige WRS müssten wahrscheinlich so in zusätzliche RS umgewandelt werden.
Für den mehr ländlichen Raum wäre das Modell wahrscheinlich eine echte Alternative für eine qualifizierte Sekundarschulausbildung, ähnlich den bereits bestehenden Verbundschulen (RS+HS) mit einer Schulleitung.