Wegen Arbeitszeiterhöhung: GEW liebäugelt mit einem Streik verbeamteter Lehrer

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HANNOVER. Kurz vor Beginn des neuen Schuljahrs in Niedersachsen rechnet die Bildungsgewerkschaft GEW mit Rot-Grün ab. Das Fazit fällt durchwachsen aus. Insbesondere die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrer um eine Stunde sorgt für Empörung. Streiks sollen kein Tabu mehr sein.

Zur Durchsetzung ihrer politischen Forderungen will niedersächsische Bildungsgewerkschaft GEW künftig auch Lehrer zur Arbeitsniederlegung ermutigen. «Streikrecht ist ein Menschenrecht», sagte GEW-Chef Eberhard Brandt in Hannover. Bereits im Oktober wolle sich der Vorstand der Gewerkschaft über die praktischen Möglichkeiten verständigen. Niedersachsen wäre damit nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom Februar, in dem das Streikverbot für Beamte bestätigt wurde, das erste Bundesland, in dem die GEW die verbeamtete Lehrerschaft zu der laut Beamtenrecht verbotenen äußersten Sanktionsform ermutigt. Dieses Verbot sei durch die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes zweifelhaft, meint die GEW.

Erstmals zum Tragen kommen könnten Arbeitsniederlegungen dann in Form von Warnstreiks bei den Tarifverhandlungen im Frühjahr 2015, «stundenweise, höchsten tageweise, aber so, dass es politisch wehtut», betonte Brandt. SPD und Grüne müssten ihr Obrigkeitsdenken endlich ad acta legen und mit den Gewerkschaften das Gespräch suchen.

Kurz vor Ende der Sommerferien in Niedersachsen fällt das Fazit der GEW zur rot-grünen Bildungspolitik durchwachsen aus. Brandt lobte zwar auf der einen Seite einige Reformen wie die Abschaffung des Turbo-Abiturs und die leichtere Gründung von Gesamtschulen, er äußerte aber auch Unmut: «Unsere massive Kritik richtet sich gegen den Angriff auf die Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte: Das Streichen der Altersermäßigung und die Erhöhung der Arbeitszeit der Gymnasiallehrkräfte.»

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Die GEW werde dies nicht hinnehmen und sich vehement wehren. «Die Regierung wird sich darauf einstellen müssen, dass unsere Aktivitäten anhalten und qualitativ neue Formen annehmen», sagte Brandt. Dies schließe eine Klage am Oberverwaltungsgericht in Lüneburg gegen die Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung für Gymnasiallehrer um eine Stunde ein. In der vergangenen Woche hatte der Philologenverband bereits aus demselben Grund Klage in Lüneburg eingereicht.

Mit Blick auf die zum Schuljahresbeginn greifende Erhöhung der Landeszuschüsse für Ganztagsschulen von durchschnittlich 25 Prozent auf 75 Prozent und die fortschreitende Inklusion forderte Brandt Rot-Grün auf, die bestehenden Probleme zügig anzugehen. Zum einen müssten Lehrer besser fortgebildet werden, um die Integration behinderter Kinder in Regelklassen fachlich zu begleiten, zum anderen müsse ein Plan vorgelegt werden, wie alle Ganztagsschulen in den Genuss der 100-prozentigen Förderung kommen könnten. dpa

Zum Bericht: Erhöhung der Arbeitszeit: Philologenverband zieht vor Gericht

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2 Kommentare
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Sabine
9 Jahre zuvor

Liebe Redaktion, wenn Niedersachsen das erste Bundesland wäre, in dem die GEW zum ersten Mal verbeamtete Lehrer zum Streik ermutigt würden, gäbe es keine Rechtssprechung zum Beamtenstreik! Hier wird anderen, deutlich mutigeren GEW-Landesverbänden Unrecht getan.