Lehrlingsmangel: „Schüler können sich Ausbildungsplatz bald frei aussuchen“

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DÜSSELDORF. Die Wirtschaft beklagt einen zunehmenden Mangel an Lehrlingen – aktuell in Nordrhein-Westfalen: Landesweit sieht die Industrie- und Handelskammer Nordrhein-Westfalen fast 20.000 Lehrstellen unbesetzt. Ende August habe es im Vergleich zum Vorjahr 3.000 Angebote mehr gegeben, bei sinkenden Bewerberzahlen, teilte die IHK NRW in Düsseldorf mit. Besonders das Handwerk klagt über Nachwuchssorgen.

Unternehmerverbände in der Rhein-Ruhr-Region betonten, 20 Prozent der Ausbildungsstellen könnten nicht besetzt werden. Auf mittlere Sicht rechneten sogar zwei Drittel aller Unternehmen mit Problemen bei der Fachkräftegewinnung, sagte Hauptgeschäftsführer Wolfgang Schmitz. Die Unternehmer fordern eine Aufwertung der betrieblichen Ausbildung. «Die berufliche Bildung steht einer akademischen Ausbildung um nichts nach. Zu viele junge Leute sehen ihre Chancen nur in einem Studium», sagte Schmitz. Aktuell gingen über die Hälfte eines Schülerjahrgangs zur Universität oder zur Fachhochschule. Viele Schulabgänger der zehnten Klasse würden auch lieber auf das Berufskolleg gehen als in die betriebliche Ausbildung.

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Freie Ausbildungsstellen sieht die IHK im laufenden Jahr vor allem im Einzelhandel oder auch dem Hotel- und Gaststättengewerbe. Gleichzeitig haben schon die Bewerbungen für Stellen für 2015 begonnen. Am schnellstens seien dort Ausbildungsplätze in der Industrie vergeben, sagte der Geschäftsführer Bereich Bildung, Franz Roggemann. Insgesamt sei es aus Unternehmersicht vor allem im ländlichen Münsterland, in Südwestfalen und im Rheinland schwer, noch Auszubildende zu finden. Für Unternehmen verlaufe der Trend eher ungünstig. «Wir werden in nicht allzu ferner Zukunft den Fall haben, dass sich Bewerber den Ausbildungsplatz aussuchen können», sagte Roggemann. dpa

Zum Bericht: Knapp 5000 Ausbildungsplätze in Mecklenburg-Vorpommern unbesetzt

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dickebank
9 Jahre zuvor

Die „freie Berufswahl bzw. Wahl des Studienganges“ ist grundgesetzlich geschützt. Und wie die Unternehmensverbände an jeder Stelle postulieren, regelt der Markt – also das Verhältnis von Nachfrage und Angebot – sich selbst. Wenn also in bestimmten Branchen oder regionen „human resources“ fehlen, dann muss das Angebot eben attraktiver bzw. angepasst werden.

Auf die Ausbildungsabteilungen können Betriebe auch gut verzichten, nur es fehlen dann eben auch die „billigen“ Arbeitskräfte, denen ungeliebte Tätigkeiten im Rahmen der Ausbildung übertragen werden können.